04.04.2024

Anforderungen an die Person des Leistungsempfängers i.S.d. § 13b Abs. 5 Satz 1 UStG

1. Für die Verlagerung der Steuerschuldnerschaft nach § 13b Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 1 UStG kommt es nicht auf die Verwendung einer gültigen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer durch den Leistungsempfänger an.
2. Die Verlagerung der Steuerschuldnerschaft vom leistenden Unternehmer auf den Leistungsempfänger wirkt zu Gunsten des leistenden Unternehmers und führt zu einer den leistenden Unternehmer hinsichtlich der Voraussetzungen des § 13b Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 1 UStG treffenden Feststellungslast. Eine Entscheidung auf Grundlage der Feststellungslast kann im finanzgerichtlichen Verfahren erst im Falle einer Unaufklärbarkeit des Sachverhalts getroffen werden.

Kurzbesprechung
BFH v. 31.1.2024 - V R 20/21

UStG § 13b Abs 1, § 13b Abs 5 S 1 Halbs 1
EGRL 112/2006 Art 196, 112/2006 Art 44, 112/2006 Art 9, 112/2006 Art 10
FGO § 68, § 76 Abs 1 S 1


Streitig war, welche Anforderungen ein im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässiger Unternehmer, der im Inland sonstige Leistungen nach § 3a Abs. 2 oder Abs. 5 UStG an Unternehmer und Nichtunternehmer erbringt, zu erfüllen hat, damit er von einer Steuerschuldnerschaft seiner unternehmerischen Leistungsempfänger nach § 13b UStG ausgehen kann.

Für sonstige Leistungen im Sinne von § 3a Abs. 2 UStG, die ein im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässiger Unternehmer an einen im Inland ansässigen Unternehmer erbringt, besteht eine Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers. Nach § 13b Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 1 und Abs. 1 UStG schuldet der Leistungsempfänger die Steuer für eine nach § 3a Abs. 2 UStG im Inland steuerpflichtige sonstige Leistung eines im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmers, wenn der Leistungsempfänger ein Unternehmer ist. Unternehmer ist nach § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt (§ 2 Abs. 1 Satz 3 UStG).

Im Streitfall hatte das FG zutreffend entschieden, dass es für die Verlagerung der Steuerschuldnerschaft nach § 13b Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 1 UStG nicht auf die Verwendung einer gültigen USt-IdNr. durch den Leistungsempfänger ankommt. Sowohl § 13b Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 1 UStG als auch Art. 196 MwStSystRL stellen darauf ab, dass der Leistungsempfänger Unternehmer (Steuerpflichtiger) ist. Dazu muss der Leistungsempfänger die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 UStG und der Art. 9, 10 MwStSystRL erfüllen. Dies setzt nicht die Erteilung oder ein Tätigwerden unter einer gültigen USt-IdNr. voraus.

Zudem sehen § 3a Abs. 2 Satz 3 UStG, auf den § 13b Abs. 1 UStG verweist, und Art. 196 MwStSystRL für die Verlagerung der Steuerschuld auf nicht unternehmerisch tätige juristische Personen ausdrücklich vor, dass diesen eine USt-IdNr. erteilt worden sein muss. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass dies für Unternehmer und Steuerpflichtige im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG und der Art. 9, 10 MwStSystRL gerade nicht erforderlich ist.

Das FG war auch zutreffend davon ausgegangen, dass für eine Verlagerung der grundsätzlich den leistenden Unternehmer nach § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG treffenden Steuerschuld durch § 13b Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 1 UStG jedenfalls die Person des Leistungsempfängers hinreichend bekannt, das heißt identifizierbar sein muss. Es war jedoch rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass eine Ermittlung der Unternehmereigenschaft der Leistungsempfänger und eine Überprüfung der zu den Leistungsempfängern gemachten Angaben nicht möglich gewesen sei.

Im Streitfall war dem FG eine Sachaufklärung zumindest stichprobenartig möglich. Von einer solchen Sachaufklärung wird das FG auch nicht von der Masse der Daten entbunden.

Eine Einschränkung der Sachaufklärungspflicht ergibt sich auch nicht daraus, dass § 13b Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 1 UStG eine Sonderregelung zu § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG ist. Die Verlagerung der Steuerschuldnerschaft vom leistenden Unternehmer auf den Leistungsempfänger wirkt zwar zu Gunsten des leistenden Unternehmers, was zu einer den leistenden Unternehmer hinsichtlich der Voraussetzungen des § 13b Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 1 UStG treffenden Feststellungslast führt. Allerdings kann eine Entscheidung auf Grundlage der Feststellungslast (objektive Beweislast) im finanzgerichtlichen Verfahren erst im Falle einer Unaufklärbarkeit des Sachverhalts getroffen werden. Daran fehlte es im Streitfall mangels hinreichender Sachaufklärung durch das FG, so dass der BFH den Streitfall an das FG zur weiteren Sachaufklärung und erneuten Entscheidung zurückverwies.
Verlag Dr. Otto Schmidt
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