26.01.2023

Anrechnung ausländischer Quellensteuer

Die im Rahmen der Ermittlung der Höhe der anzurechnenden ausländischen Quellensteuern maßgebende Regelung des § 34c Abs. 1 Satz 4 EStG enthält mit der Bezugnahme auf die "diesen Einkünften zugrunde liegenden Einnahmen" einen spezifischen Veranlassungsbezug, der den Abzug von Betriebsausgaben und Betriebsvermögensminderungen in sachlicher und zeitlicher Hinsicht begrenzt.

Kurzbesprechung
BFH v. 17. 8. 2022 - I R 14/19

DBA CHN 1985 Art 12, Art 24
EStG § 34c Abs 1 S 4, § 34c Abs 6 S 1, § 34c Abs 6 S 2
KStG § 26 Abs 6 S 1


Streitig war die Anrechnung chinesischer Quellensteuer auf die deutsche Körperschaftsteuer.

Bei unbeschränkt Steuerpflichtigen, die mit ausländischen Einkünften in dem Staat, aus dem die Einkünfte stammen, zu einer der deutschen Körperschaftsteuer entsprechenden Steuer herangezogen werden, ist die festgesetzte und gezahlte und um einen entstandenen Ermäßigungsanspruch gekürzte ausländische Steuer auf die deutsche Körperschaftsteuer anzurechnen, die auf die Einkünfte aus diesem Staat entfällt (§ 26 Abs. 1 KStG). Zum Zwecke der Anrechnung sind grundsätzlich § 34c Abs. 1 Satz 2 bis 5 und Abs. 2 bis 7 EStG entsprechend anzuwenden (§ 26 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 1 KStG).

Die Vorschrift ist indessen nach § 34c Abs. 6 Satz 1 EStG nicht anzuwenden, wenn die Einkünfte aus einem ausländischen Staat stammen, mit dem ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA) besteht. Eine Ausnahme hiervon besteht nach § 34c Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 1 EStG nur für den Fall, dass das DBA selbst die Anrechnung der ausländischen Steuer vorsieht.

Art. 24 Abs. 2 Buchst. b Doppelbuchst. cc i.V.m. Art. 12 Abs. 2 DBA-China 1985 sieht bei einer in Deutschland ansässigen Person die Anrechnung der in China einbehaltenen Quellensteuern auf die deutsche Körperschaftsteuer vor. Auf die von den Lizenzeinkünften zu erhebende deutsche Körperschaftsteuer wird unter Beachtung der Vorschriften des deutschen Steuerrechts über die Anrechnung ausländischer Steuern die chinesische Steuer angerechnet, die nach chinesischem Recht und in Übereinstimmung mit dem DBA-China 1985 für die Lizenzgebühren gezahlt worden ist (Art. 24 Abs. 2 Buchst. b Doppelbuchst. cc i.V.m. Art. 12 Abs. 2 DBA-China 1985). Als anzurechnende chinesische Steuer gelten in diesem Fall 15 % des Bruttobetrags dieser Zahlungen (Art. 24 Abs. 2 Buchst. c Doppelbuchst. bb DBA-China 1985).

Art. 24 Abs. 2 Buchst. b DBA-China 1985 sieht für die Ermittlung der Höhe der anzurechnenden chinesischen Quellensteuer ausdrücklich die Anwendung innerstaatlichen Rechts vor (ebenso klarstellend § 26 Abs. 6 Satz 1 KStG i.V.m. § 34c Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 1 EStG). Die auf die ausländischen Einkünfte entfallende deutsche Körperschaftsteuer ist in der Weise zu ermitteln, dass die sich bei der Veranlagung des zu versteuernden Einkommens ergebende deutsche Steuer im Verhältnis dieser ausländischen Einkünfte zur Summe der Einkünfte aufgeteilt wird (§ 26 Abs. 6 Satz 1 KStG i.V.m. § 34c Abs. 1 Satz 3 EStG). Der Berechnung der auf die ausländischen Einkünfte entfallenden inländischen Körperschaftsteuer ist dabei die Körperschaftsteuer zugrunde zu legen, die sich ohne Anwendung der §§ 37 und 38 KStG ergibt (§ 26 Abs. 6 Satz 2 KStG).

Gehören ausländische Einkünfte der in § 34d Nr. 3, 4, 6, 7 und 8 Buchst. c EStG genannten Arten zum Gewinn eines inländischen Betriebes, sind bei ihrer Ermittlung Betriebsausgaben und Betriebsvermögensminderungen abzuziehen, die mit den diesen Einkünften zugrunde liegenden Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen (§ 26 Abs. 6 Satz 1 KStG i.V.m. § 34c Abs. 1 Satz 4 EStG). Die ausländischen Steuern sind gemäß § 26 Abs. 6 Satz 1 KStG i.V.m. § 34c Abs. 1 Satz 5 EStG nur insoweit anzurechnen, als sie auf die im Veranlagungszeitraum bezogenen Einkünfte entfallen.

Im Streitfall ging es im Hinblick auf die Ermittlung der Höhe der anzurechnenden chinesischen Quellensteuer allein um die Frage, in welcher Höhe bei der Höchstbetragsberechnung Betriebsausgaben nach § 34c Abs. 1 Satz 4 EStG anzusetzen sind. Das FA vertrat die Auffassung, dass es für Zwecke der Anrechnung gemäß § 34c Abs. 1 EStG erforderlich sei, alle Betriebsausgaben bei der Ermittlung der chinesischen Einkünfte zu berücksichtigen, die im Streitjahr aus derselben Einkunftsquelle, nämlich den Einkünften aus Lizenzen mit China, angefallen seien. Dies gehe über eine ausschließlich projektbezogene Ermittlung der Einkünfte hinaus. Vielmehr seien auch solche Betriebsausgaben des Streitjahres für andere Projekte einzubeziehen, bei denen es wegen der mehrjährigen Projektentwicklung erst in späteren Jahren zur Erzielung von Lizenzerlösen komme. Dementsprechend müssten die im Streitjahr angefallenen weiteren Betriebsausgaben berücksichtigt werden mit der Folge, dass eine Anrechnung der chinesischen Quellensteuer auf die deutsche Körperschaftsteuer nicht mehr erfolgen könne. Dagegen ließen sowohl das FG als auch der BFH die begehrte Anrechnung der ausländischen Quellensteuer zu.

Der Begriff des wirtschaftlichen Zusammenhangs ist in § 34c Abs. 1 Satz 4 EStG nicht definiert. Allerdings enthält § 34c Abs. 1 Satz 4 EStG mit der Bezugnahme auf die "diesen Einkünften zugrunde liegenden Einnahmen" einen spezifisch zweckgerichteten Veranlassungsbezug. Dieser begrenzt den Abzug von Betriebsausgaben und Betriebsvermögensminderungen im Rahmen der Berechnung des Anrechnungshöchstbetrags sowohl in sachlicher als auch in zeitlicher Hinsicht.

Der Abzug von Betriebsausgaben und Betriebsvermögensminderungen setzt danach in sachlicher Hinsicht einen wirtschaftlichen Zusammenhang mit (konkreten) "Einnahmen" voraus. Dabei stellt die gesetzliche Regelung nicht allgemein auf einen wirtschaftlichen Zusammenhang mit Einkünften oder einer Einkunftsart, mithin also auf eine bestimmte Tätigkeitsart im Ausland, ab.

Indem § 34c Abs. 1 Satz 4 EStG auf "Einnahmen" abstellt, wird der Abzug von Betriebsausgaben und Betriebsvermögensminderungen im Rahmen der Berechnung des Anrechnungshöchstbetrags aber auch in zeitlicher Hinsicht begrenzt. Die Vorinstanz hatte zutreffend darauf hingewiesen, dass der Regelung eine streng veranlagungszeitraumbezogene Betrachtungsweise zugrunde liegt, die nur danach fragt, ob Einnahmen eines konkreten Veranlagungszeitraums in derselben Zeitspanne konkrete Betriebsausgaben oder Betriebsvermögensmehrungen gegenüberstehen.

Nur eine derartige Betrachtung trägt dem im Ertragsteuerrecht geltenden Grundsatz der Abschnittsbesteuerung, wonach die Grundlagen für die Festsetzung der Körperschaftsteuer jeweils für ein Kalenderjahr zu ermitteln sind (§ 7 Abs. 3 Satz 1, 2 KStG), in ausreichendem Maße Rechnung.

Abweichend zur Regelung in § 3c Abs. 2 EStG, in der der Gesetzgeber ausdrücklich eine veranlagungszeitraumübergreifende Betrachtungsweise festgeschrieben hat, kann § 34c Abs. 1 EStG gerade nicht entnommen werden, dass der Gesetzgeber von der veranlagungszeitraumbezogenen Betrachtungsweise abrücken will. Bestätigt wird dieses Ergebnis durch den Regelungszusammenhang mit § 34c Abs. 1 Satz 5 EStG, der ausdrücklich klarstellt, dass es allein auf die Verhältnisse eines konkreten Veranlagungszeitraums ankommt.
Verlag Dr. Otto Schmidt
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