28.03.2012

Arbeitslöhne von Piloten irischer Fluggesellschaften sind steuerfrei

Sind Einkünfte eines unbeschränkt Steuerpflichtigen aus nichtselbständiger Arbeit (hier: Pilot einer irischen Fluggesellschaft) nach einem Doppelbesteuerungsabkommen (hier: DBA-Irland) von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen, wird nach § 50d Abs. 8 S. 1 1. Alt. EStG 2002 die Freistellung bei der Veranlagung nur gewährt, soweit der Steuerpflichtige nachweist, dass der Staat, dem nach dem Abkommen das Besteuerungsrecht zusteht, auf dieses Besteuerungsrecht verzichtet hat. Ist der geforderte Nachweis aber erbracht, ist die Freistellung zu gewähren.

BFH 11.1.2012, I R 27/11
Der Sachverhalt:
Der Kläger hatte seinen Wohnsitz im Streitjahr 2007 zunächst in England; im März jenes Jahres verzog er in die Bundesrepublik Deutschland. Von April bis Dezember des Streitjahres war er als Pilot einer Fluggesellschaft mit Sitz in Irland tätig. Die von seinem Arbeitgeber auf den (Brutto-)Arbeitslohn einbehaltenen und an die zuständige irische Finanzbehörde abgeführten Steuern wurden in voller Höhe auf Antrag des Klägers an ihn erstattet.

Das Finanzamt unterwarf den Arbeitslohn der deutschen Besteuerung. Die Einkünfte seien wegen § 50d Abs. 9 S. 1 Nr. 2 EStG 2002 (i.d.F. des JStG 2007) nicht gem. Art. XII Abs. 3 i.V.m. Art. XXII Abs. 2 S. 1 Buchst. a Doppelbuchst. aa des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen Deutschland und Irland von Oktober 1962 - DBA-Irland - von der Bemessungsgrundlage für die Steuer in Deutschland auszunehmen.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision des Klägers hob der BFH das Urteil auf und gab der Klage statt.

Die Gründe:
Die in Rede stehenden Einkünfte sind im Ergebnis und im Einklang mit dem DBA-Irland antragsgemäß steuerfrei zu belassen.

Nach den Regelungen des DBA-Irland gebührt das Besteuerungsrecht für die Arbeitslöhne des Bordpersonals von Flugzeugen im internationalen Verkehr immer demjenigen Vertragsstaat, in dem sich die Geschäftsleitung der Fluggesellschaft befindet. Irland macht von seinem Besteuerungsrecht aber keinen Gebrauch, was für die betreffenden Piloten und Stewardessen, die für irische Fluggesellschaften arbeiten, zu letztlich unbesteuerten, sog. "weißen Einkünften" führen kann.

Um das zu verhindern, hat Deutschland versucht, die abkommensrechtlichen Vereinbarungen mit Irland zu unterlaufen und das deutsche Besteuerungsrecht für die Arbeitslöhne "zurückzuholen". Konkret sind dies Vorschriften in § 50d Abs. 8 und Abs. 9 EStG. Die in diesem Zusammenhang umstrittene Frage, ob diese Vorschriften - als sog. "treaty override" - gegen Grundsätze des Völkervertragsrechts verstoßen, musste hier nicht entschieden werden.

Der Klage war vielmehr bereits deshalb stattzugeben, weil die Vorschriften infolge handwerklicher Mängel ihr Ziel nicht erreichen konnten. Denn um den Arbeitslohn steuerfrei vereinnahmen zu können, genügt es, dass der Pilot den Besteuerungsverzicht Irlands gegenüber dem Finanzamt nachweisen kann. Das ist ihm vorliegend gelungen.

Hintergrund:
Die Streitfrage nach der völkerrechtlichen Zulässigkeit von sog. "treaty override" bleibt damit unbeantwortet. An der Steuerfreiheit der Arbeitslöhne der Piloten dürfte sich auch in der Zukunft nichts ändern: Deutschland hat die Möglichkeit, sein Besteuerungsrecht im Abkommen selbst zu verankern, auch in dem neu verhandelten, derzeit noch nicht in Kraft getretenen DBA-Irland vom 30.3.2011 nicht genutzt.

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BFH PM Nr. 21 vom 28.3.2012
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