Auswirkungen einer rechtsträgerübergreifenden Übertragung stiller Reserven nach § 6b EStG auf die Ermittlung des Kapitalkontos
Kurzbesprechung
BFH v. 12.12.2024 - IV R 24/22
AO § 171 Abs. 10 S. 1, AO § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, AO § 179 Abs. 1, AO § 179 Abs. 2, AO § 180 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst a
EStG § 6b Abs. 3, EStG § 15a Abs. 1 S. 1, EStG § 15a Abs. 4
FGO § 60 Abs. 3
Streitig war, ob die gesellschafterbezogene und rechtsträgerübergreifende Übertragung von stillen Reserven auf Anschaffungs- und Herstellungskosten von im Gesamthandsvermögen einer KG angeschafften Reinvestitionswirtschaftsgütern nach § 6b EStG das Kapitalkonto des Kommanditisten im Sinne des § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG bei der übernehmenden Personengesellschaft mindert.
§ 15a Abs. 1 Satz 1 EStG bestimmt, dass der einem Kommanditisten zuzurechnende Anteil am Verlust der KG weder mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden darf, soweit ein negatives Kapitalkonto des Kommanditisten entsteht oder sich erhöht; er darf insoweit auch nicht nach § 10d EStG abgezogen werden.
Der nicht ausgleichs- oder abzugsfähige Verlust eines Kommanditisten, vermindert um die nach § 15a Abs. 2 EStG abzuziehenden und vermehrt um die nach § 15a Abs. 3 EStG hinzuzurechnenden Beträge (verrechenbarer Verlust), ist jährlich gesondert festzustellen (§ 15a Abs. 4 Satz 1 EStG). Ausgangsgröße für die Feststellung des verrechenbaren Verlustes eines Kommanditisten nach § 15a Abs. 4 EStG ist jeweils der verrechenbare Verlust des Vorjahres (§ 15a Abs. 4 Satz 2 EStG). Diesem Ausgangsbetrag wird der nach § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG nicht ausgleichs- oder abzugsfähige Verlust des Kommanditisten aus dem laufenden Jahr hinzugerechnet.
Das Gesetz definiert den Begriff des Kapitalkontos nicht. Nach der Rechtsprechung des BFH ist das nach steuerrechtlichen Grundsätzen ermittelte Kapitalkonto des Kommanditisten in der Gesamthandsbilanz der Gesellschaft zuzüglich gegebenenfalls bestehender Ergänzungsbilanzen des Kommanditisten gemeint, das durch Einlagen in das Gesellschaftsvermögen beziehungsweise durch Entnahmen aus dem Gesellschaftsvermögen bestimmt wird. Dagegen bleibt das Kapitalkonto aus den für die Kommanditisten gebildeten Sonderbilanzen außer Ansatz. Dies bedingt zudem, dass etwaige Sondergewinne oder Sonderverluste bei der Feststellung der Höhe des für den Kommanditisten festzustellenden verrechenbaren Verlustes nicht zu berücksichtigen sind.
Im Streitfall hatte das FG zutreffend angenommen, dass die kapitalmindernde Wirkung der Übertragung von stillen Reserven, für die eine § 6b EStG-Rücklage gebildet worden ist, bei der Ermittlung des für den Steuerpflichtigen geführten Kapitalkontos im Sinne des § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG zu berücksichtigen ist.
Im Streitfall führte der Abzug der stillen Reserven von den Anschaffungskosten des Grund und Bodens sowie von den Anschaffungs- und Herstellungskosten des Gebäudes zu einer Kapitalminderung in der Steuerbilanz, die auf einem Sonderkonto verbucht wurde.
Die Ausübung des Wahlrechts hinsichtlich der Übertragung von stillen Reserven, für die eine § 6b EStG-Rücklage gebildet worden ist, auf ein Reinvestitionswirtschaftsgut im Gesamthandsvermögen einer anderen Personengesellschaft erfolgt auf der Ebene der übertragenden Personengesellschaft, in deren Bilanz aufgrund der Veräußerung eines begünstigten Wirtschaftsguts die Rücklage gebildet worden ist.
Die Übertragung wirkt sich bei der übertragenden Personengesellschaft dahin aus, dass die stillen Reserven dem Kapitalkonto der aufzustellenden Bilanz erfolgsneutral hinzugerechnet werden. In der Bilanz der reinvestierenden (übernehmenden) Personengesellschaft wirkt sich die Übertragung der Rücklage in Form der Minderung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten bei dem Reinvestitionswirtschaftsgut aus. Der Abzug erfolgt wiederum erfolgsneutral zu Lasten des Kapitalkontos. Diese Vorgehensweise dient der buchungstechnischen Sicherstellung des vom Gesetzgeber gewollten Überspringens der stillen Reserven vom veräußernden auf den reinvestierenden Betrieb.
Im Streitfall hatte die reinvestierende Gesellschaft die vorgenannten Grundsätze in ihrer Steuerbilanz auch umgesetzt, denn sie minderte die Anschaffungskosten des Grund und Bodens sowie die Anschaffungs- und Herstellungskosten des Gebäudes. Dieser Abzug erfolgte erfolgsneutral zu Lasten des Kapitalkontos, indem sie den Abzugsbetrag auf dem Sonderkonto im Soll verbuchte. Die Minderung des Kapitalkontos entspricht den übergegangenen stillen Reserven, deren Aufdeckung durch die Anwendung von § 6b EStG verhindert worden ist.
Die Kapitalminderungen durch den Abzug der übertragenen stillen Reserven von den Anschaffungskosten des Grund und Bodens sowie von den Anschaffungs- und Herstellungskosten des Gebäudes des Grundstücks nach § 6b Abs. 1 EStG sind als Minderanschaffungskosten bei der Ermittlung des Kapitalkontos des Klägers im Sinne des § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG zu berücksichtigen.
Mit dem Kapitalkonto in § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG ist das nach steuerrechtlichen Grundsätzen ermittelte Kapitalkonto des Kommanditisten in der Gesamthandsbilanz der Gesellschaft zuzüglich gegebenenfalls bestehender Ergänzungsbilanzen des Kommanditisten gemeint. Im Streitfall diente der auf dem Sonderkonto erfasste Betrag wie im Fall einer Ergänzungsbilanz der Zuordnung eines Minderkapitals beziehungsweise von Minderanschaffungskosten, um im Fall der späteren Veräußerung des Grundstücks die (Wieder-)Aufdeckung der in den Jahren 2001 und 2002 übertragenen und abgezogenen stillen Reserven dem Steuerpflichtigen zuzuordnen. Folgerichtig mindern die übertragenen stillen Reserven das steuerliche Kapitalkonto.
Verlag Dr. Otto Schmidt
AO § 171 Abs. 10 S. 1, AO § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, AO § 179 Abs. 1, AO § 179 Abs. 2, AO § 180 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst a
EStG § 6b Abs. 3, EStG § 15a Abs. 1 S. 1, EStG § 15a Abs. 4
FGO § 60 Abs. 3
Streitig war, ob die gesellschafterbezogene und rechtsträgerübergreifende Übertragung von stillen Reserven auf Anschaffungs- und Herstellungskosten von im Gesamthandsvermögen einer KG angeschafften Reinvestitionswirtschaftsgütern nach § 6b EStG das Kapitalkonto des Kommanditisten im Sinne des § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG bei der übernehmenden Personengesellschaft mindert.
§ 15a Abs. 1 Satz 1 EStG bestimmt, dass der einem Kommanditisten zuzurechnende Anteil am Verlust der KG weder mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden darf, soweit ein negatives Kapitalkonto des Kommanditisten entsteht oder sich erhöht; er darf insoweit auch nicht nach § 10d EStG abgezogen werden.
Der nicht ausgleichs- oder abzugsfähige Verlust eines Kommanditisten, vermindert um die nach § 15a Abs. 2 EStG abzuziehenden und vermehrt um die nach § 15a Abs. 3 EStG hinzuzurechnenden Beträge (verrechenbarer Verlust), ist jährlich gesondert festzustellen (§ 15a Abs. 4 Satz 1 EStG). Ausgangsgröße für die Feststellung des verrechenbaren Verlustes eines Kommanditisten nach § 15a Abs. 4 EStG ist jeweils der verrechenbare Verlust des Vorjahres (§ 15a Abs. 4 Satz 2 EStG). Diesem Ausgangsbetrag wird der nach § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG nicht ausgleichs- oder abzugsfähige Verlust des Kommanditisten aus dem laufenden Jahr hinzugerechnet.
Das Gesetz definiert den Begriff des Kapitalkontos nicht. Nach der Rechtsprechung des BFH ist das nach steuerrechtlichen Grundsätzen ermittelte Kapitalkonto des Kommanditisten in der Gesamthandsbilanz der Gesellschaft zuzüglich gegebenenfalls bestehender Ergänzungsbilanzen des Kommanditisten gemeint, das durch Einlagen in das Gesellschaftsvermögen beziehungsweise durch Entnahmen aus dem Gesellschaftsvermögen bestimmt wird. Dagegen bleibt das Kapitalkonto aus den für die Kommanditisten gebildeten Sonderbilanzen außer Ansatz. Dies bedingt zudem, dass etwaige Sondergewinne oder Sonderverluste bei der Feststellung der Höhe des für den Kommanditisten festzustellenden verrechenbaren Verlustes nicht zu berücksichtigen sind.
Im Streitfall hatte das FG zutreffend angenommen, dass die kapitalmindernde Wirkung der Übertragung von stillen Reserven, für die eine § 6b EStG-Rücklage gebildet worden ist, bei der Ermittlung des für den Steuerpflichtigen geführten Kapitalkontos im Sinne des § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG zu berücksichtigen ist.
Im Streitfall führte der Abzug der stillen Reserven von den Anschaffungskosten des Grund und Bodens sowie von den Anschaffungs- und Herstellungskosten des Gebäudes zu einer Kapitalminderung in der Steuerbilanz, die auf einem Sonderkonto verbucht wurde.
Die Ausübung des Wahlrechts hinsichtlich der Übertragung von stillen Reserven, für die eine § 6b EStG-Rücklage gebildet worden ist, auf ein Reinvestitionswirtschaftsgut im Gesamthandsvermögen einer anderen Personengesellschaft erfolgt auf der Ebene der übertragenden Personengesellschaft, in deren Bilanz aufgrund der Veräußerung eines begünstigten Wirtschaftsguts die Rücklage gebildet worden ist.
Die Übertragung wirkt sich bei der übertragenden Personengesellschaft dahin aus, dass die stillen Reserven dem Kapitalkonto der aufzustellenden Bilanz erfolgsneutral hinzugerechnet werden. In der Bilanz der reinvestierenden (übernehmenden) Personengesellschaft wirkt sich die Übertragung der Rücklage in Form der Minderung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten bei dem Reinvestitionswirtschaftsgut aus. Der Abzug erfolgt wiederum erfolgsneutral zu Lasten des Kapitalkontos. Diese Vorgehensweise dient der buchungstechnischen Sicherstellung des vom Gesetzgeber gewollten Überspringens der stillen Reserven vom veräußernden auf den reinvestierenden Betrieb.
Im Streitfall hatte die reinvestierende Gesellschaft die vorgenannten Grundsätze in ihrer Steuerbilanz auch umgesetzt, denn sie minderte die Anschaffungskosten des Grund und Bodens sowie die Anschaffungs- und Herstellungskosten des Gebäudes. Dieser Abzug erfolgte erfolgsneutral zu Lasten des Kapitalkontos, indem sie den Abzugsbetrag auf dem Sonderkonto im Soll verbuchte. Die Minderung des Kapitalkontos entspricht den übergegangenen stillen Reserven, deren Aufdeckung durch die Anwendung von § 6b EStG verhindert worden ist.
Die Kapitalminderungen durch den Abzug der übertragenen stillen Reserven von den Anschaffungskosten des Grund und Bodens sowie von den Anschaffungs- und Herstellungskosten des Gebäudes des Grundstücks nach § 6b Abs. 1 EStG sind als Minderanschaffungskosten bei der Ermittlung des Kapitalkontos des Klägers im Sinne des § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG zu berücksichtigen.
Mit dem Kapitalkonto in § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG ist das nach steuerrechtlichen Grundsätzen ermittelte Kapitalkonto des Kommanditisten in der Gesamthandsbilanz der Gesellschaft zuzüglich gegebenenfalls bestehender Ergänzungsbilanzen des Kommanditisten gemeint. Im Streitfall diente der auf dem Sonderkonto erfasste Betrag wie im Fall einer Ergänzungsbilanz der Zuordnung eines Minderkapitals beziehungsweise von Minderanschaffungskosten, um im Fall der späteren Veräußerung des Grundstücks die (Wieder-)Aufdeckung der in den Jahren 2001 und 2002 übertragenen und abgezogenen stillen Reserven dem Steuerpflichtigen zuzuordnen. Folgerichtig mindern die übertragenen stillen Reserven das steuerliche Kapitalkonto.