15.04.2021

Berücksichtigung von im Rahmen eines Ehegattenarbeitsverhältnisses geleisteten Beiträgen für eine rückgedeckte Unterstützungskasse als Betriebsausgabe

1. Werden im Rahmen eines Ehegattenarbeitsverhältnisses Gehaltsansprüche des Arbeitnehmers teilweise zum Zweck betrieblicher Altersvorsorge in Beiträge für eine rückgedeckte Unterstützungskasse umgewandelt, ist die Entgeltumwandlung grundsätzlich am Maßstab des Fremdvergleichs zu messen. Für die Fremdvergleichsprüfung bei Entgeltumwandlungen ist insbesondere das Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen regelmäßig anzunehmender Angemessenheit und nur ausnahmsweise gegebener Unangemessenheit der Umgestaltung der Entlohnung des Arbeitsverhältnisses zu beachten.
2. Eine insoweit unangemessene Umgestaltung des Arbeitsverhältnisses kommt bei sprunghaften Gehaltsanhebungen im Vorfeld der Entgeltumwandlung, bei einer "Nur-Pension" oder bei mit Risiko- und Kostensteigerungen für das Unternehmen verbundenen Zusagen in Betracht. Im Fall echter nicht unangemessener
3. Barlohnumwandlungen sind Beiträge für eine rückgedeckte Unterstützungskasse betrieblich veranlasst und ohne Prüfung einer sog. Überversorgung als Betriebsausgabe zu berücksichtigen.

Kurzbesprechung
BFH v. 28.10.2020 - X R 32/18

EStG § 4d Abs. 1 S. 1
BetrAVG § 1 Abs. 2 Nr. 3, § 1a Abs. 1 S. 1


Nach § 4d Abs. 1 Satz 1 EStG dürfen Zuwendungen an eine Unterstützungskasse von dem Unternehmen, das die Zuwendungen leistet (Trägerunternehmen), als Betriebsausgabe abgezogen werden, soweit die Leistungen der Kasse, wenn sie vom Trägerunternehmen unmittelbar erbracht würden, bei diesem betrieblich veranlasst wären und sie die in dieser Vorschrift bestimmten Beträge nicht übersteigen.

Handelt es sich bei der aus dem Versicherungsvertrag bezugsberechtigten Person um den Ehegatten des Arbeitgebers, hat der BFH im Falle einer Direktversicherung bereits entschieden, dass als Abzugsvoraussetzung zum einen zu fordern ist, dass das Arbeitsverhältnis steuerrechtlich anzuerkennen ist, und zum anderen --in negativer Abgrenzung--, dass die Aufwendungen für die Alterssicherung nicht auf privaten Erwägungen beruhen. Ob dies der Fall ist, ergibt eine Gesamtwürdigung der betrieblichen Verhältnisse des zuwendenden Arbeitgebers.

Danach begründen Zukunftssicherungsleistungen im Rahmen eines berücksichtigungsfähigen Arbeitsverhältnisses Betriebsausgaben, wenn die zugrundeliegende Verpflichtung ernstlich gewollt und eindeutig vereinbart ist; ferner ist erforderlich, dass ein hohes Maß an Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass der Steuerpflichtige eine solche Versorgung bei vergleichbaren Tätigkeits- und Leistungsmerkmalen auch einem familienfremden Arbeitnehmer gewährt haben würde.

Steht fest, dass das betreffende Arbeitsverhältnis steuerrechtlich anzuerkennen ist und dass ein bereits bestehender Lohnanspruch aus diesem Arbeitsverhältnis (teilweise) in eine Direktversicherung umgewandelt wird, folgt die betriebliche Veranlassung der Prämienzahlungen bereits aus dem Umstand, dass die Aufwendungen des Arbeitgebers für dieselbe (und weiterhin nur seinem Betrieb dienende) Gegenleistung --die Zurverfügungstellung der Arbeitskraft des Arbeitnehmers-- im Ganzen unverändert bleibt.

Machen Ehegatten im Rahmen eines steuerrechtlich anzuerkennenden Arbeitsverhältnisses von den gesetzlichen Möglichkeiten einer teilweisen Umwandlung des steuerrechtlich angemessenen Arbeitslohns in Beiträge zu einer Direktversicherung Gebrauch, so kann darin regelmäßig keine ungewöhnliche oder unangemessene Umgestaltung dieses Arbeitsverhältnisses gesehen werden, die es gebieten könnte, den Abzug des in der Form von Versicherungsprämien geleisteten Arbeitslohns als Betriebsausgabe zu versagen.

Nach diesen Grundsätzen, die im Hinblick auf den Gesichtspunkt gleichbleibender Aufwendungen des Arbeitgebers auch für eine im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses zwischen Eheleuten vereinbarte Versorgungszusage und Entgeltumwandlung in Bezug auf die Beiträge in eine (rückgedeckte) Unterstützungskasse entsprechend gelten, sind Entgeltumwandlungen grundsätzlich am Maßstab des Fremdvergleichs zu messen.

Im Streitfall hatte das FG die besonderen Maßstäbe, die im Rahmen der Fremdvergleichsprüfung bei Entgeltumwandlungen zu beachten sind, fehlerhaft bestimmt. So kann regelmäßig in der Entgeltumwandlung keine ungewöhnliche oder unangemessene Umgestaltung des Arbeitsverhältnisses gesehen werden bzw. besteht regelmäßig keine Veranlassung, die Entgeltumwandlung am Maßstab der Erdienbarkeit zu prüfen. Darüber hinaus nimmt die BFH-Rechtsprechung (nur) den gegenwärtigen unmittelbaren Veranlassungszusammenhang in den Blick und sieht es für die Wertung einer regelmäßig anzunehmenden betrieblichen Veranlassung als entscheidend an, dass im Zeitpunkt der Entgeltumwandlung der Aufwand des Arbeitgeber-Ehegatten aus dem Arbeitsverhältnis betragsmäßig unverändert bleibt bzw. der Arbeitnehmer wirtschaftlich betrachtet ausschließlich über sein eigenes (künftiges) Vermögen disponiert.

Auf der Grundlage des für die Fremdvergleichsprüfung bei Entgeltumwandlungen geltenden Regel-Ausnahme-Verhältnisses sowie des hierbei maßgeblichen gegenwärtigen unmittelbaren Veranlassungszusammenhangs konnte im Streitfall mit der vom FG gegebenen Begründung der Betriebsausgabenabzug nicht versagt werden. Vielmehr bedarf es besonderer Umstände, die --ausnahmsweise-- aufgrund einer Gesamtwürdigung die Annahme rechtfertigen, durch die Entgeltumwandlung werde das Arbeitsverhältnis ungewöhnlich oder unangemessen umgestaltet. Dies kommt bei sprunghaften Gehaltsanhebungen im Vorfeld der Entgeltumwandlung, bei Vollumwandlung des Barlohns mit der Folge einer sog. "Nur-Pension" oder bei mit Risiko- und Kostensteigerungen für das Unternehmen verbundenen Zusagen in Betracht.

Des Weiteren war im Streitfall nicht ersichtlich, inwieweit das Eingehen eines Risikos durch die Steuerpflichtige als Arbeitnehmerin, dass im Falle ihres Todes ein Totalausfall (keine Auszahlung der erdienten Altersrente an die Steuerpflichtige, keine Hinterbliebenenversorgung/keine Beitragsrückgewähr an die Erben) eintreten würde, den Steuerpflichtigen in seiner Eigenschaft als Arbeitgeber (vorteilhaft oder nachteilig) berührt. Daher war auch nicht erkennbar, inwieweit die Würdigung vorliegend davon abhängig sein soll, dass die Steuerpflichtigen miteinander verheiratet sind. Vielmehr geht die Steuerpflichtige das Risiko des Totalausfalls ein, unabhängig davon, dass sie mit dem Steuerpflichtigen verheiratet ist.

Da der Arbeitnehmer bei der Entgeltumwandlung wirtschaftlich betrachtet über eigenes Vermögen disponiert, kommt es --die Neutralität dieses Vorgangs für den Arbeitgeber vorausgesetzt-- auf das Verhältnis zwischen Aktivlohn und Passivbezügen nicht an. Es steht im Ermessen des Arbeitnehmers, durch einen während der Aktivphase geübten Verzicht zulasten seines ausgezahlten Barlohns eine entsprechende Erhöhung seiner Rentenbezüge zu erreichen. Auf die Gründe für diesen Verzicht, um etwa auch im Pflegefall über ausreichende finanzielle Mittel zu verfügen und im Alter vom Kläger finanziell unabhängig zu sein, kommt es nicht an.

Entsprechend war auch mit dem Hinweis des FG auf eine erhebliche Überschreitung des in § 1a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG bestimmten Wertes, bis zu dem ein (fremder) Arbeitnehmer nach dem BetrAVG einen Rechtsanspruch auf Entgeltumwandlung habe, kein Ausnahmefall dargetan. Mit dieser Begründung wird auch angesichts der besonderen Stellung der Steuerpflichtigen die regelmäßig anzunehmende betriebliche Veranlassung nicht in Frage gestellt.

Der BFH verwies den Streitfall an die Vorinstanz zurück, damit das FG die für seine Gesamtwürdigung noch erforderlichen Feststellungen nachholen und auch über die --von den Steuerpflichtigen streitig gestellte-- Nichtabziehbarkeit des auf die Hinterbliebenenversorgung bezogenen Prämienanteils befinden kann.
Verlag Dr. Otto Schmidt
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