27.11.2014

Besteuerung Alleinerziehender nach Grundtarif rechtmäßig

Die Besteuerung Alleinerziehender nach dem Grundtarif ist nicht verfassungswidrig. Die Anwendung des Splittingverfahrens (§ 32a Abs. 5 EStG) auf Alleinstehende ist im Gesetz nicht vorgesehen und verfassungsrechtlich nicht geboten.

Niedersächsisches FG 14.10.2014, 4 K 81/14
Der Sachverhalt:
Streitig ist die Besteuerung eines alleinerziehenden Elternteils. Die alleinstehende Klägerin ist Mutter zweier Kinder, die in ihrem Haushalt leben. Der Kindesvater leistet keinen Unterhalt. Sie erzielt aus einer beratenden Tätigkeit Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Durch Einkommensteuerbescheid von November 2013 wurde sie vom Finanzamt für das Streitjahr 2011 zur Einkommensteuer veranlagt. Die Steuer wurde unter Anwendung des Grundtarifs und unter Gewährung des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende festgesetzt.

Die Klägerin wendet sich gegen die Anwendung des Grundtarifs. Sie macht geltend, dass sie durch die Vorenthaltung des Splittingtarifs in verfassungswidriger Weise gegenüber Verheiraten bzw. Lebenspartnern ohne Kinder sowie gegenüber anderen Alleinerziehenden, deren Kinder Barunterhalt von dem anderen Elternteil erhielten, benachteiligt werde. Sie erhalte für ihre Kinder nur einen Unterhaltsvorschuss i.H.v. 180 € pro Kind, während der Mindestunterhalt 272 € betrage.

Das FG wies die Klage ab. Die Revision zum BFH wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Die Gründe:
Das Finanzamt hat die Einkommensteuer gegenüber der Klägerin zu Recht nach dem Grundtarif (§ 32a Abs. 1 EStG) unter Berücksichtigung des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende gem. § 24b EStG festgesetzt. Die Anwendung des Splittingverfahrens (§ 32a Abs. 5 EStG) auf Alleinstehende ist im Gesetz nicht vorgesehen und verfassungsrechtlich nicht geboten.

Laut BVerfG ist der Gesetzgeber lediglich verpflichtet, Unterhaltsaufwendungen mindestens in Höhe des Existenzminimums der Kinder von der Besteuerung auszunehmen. Dieser Verpflichtung ist er mit der Gewährung eines Freibetrags für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) sowie eines Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes (§ 32 Abs. 6 S. 1 EStG) nachgekommen. Dass die Höhe dieser Freibeträge bereits im Streitjahr 2011 unzureichend gewesen sei, ist nicht ersichtlich. Auch der Umstand, dass diese Freibeträge bei der Festsetzung der Einkommensteuer gegenüber der Klägerin tatsächlich nicht vom Einkommen abgezogen worden sind, ist ohne Bedeutung. Dies beruht allein darauf, dass die steuerliche Freistellung des Existenzminimums der Kinder bereits durch das der Klägerin gewährte Kindergeld nach Abschnitt X des EStG bewirkt wurde, weil dieses höher als die mit dem Abzug der Kinderfreibeträge verbundene Steuerminderung war (vgl. § 31 S. 1 EStG).

Aus der Tatsache, dass der Kindesvater seiner Verpflichtung zur Zahlung des Mindestunterhalts gem. § 1612a BGB im Streitjahr 2011 nicht nachgekommen ist, ergibt sich für die Klägerin auch kein Anspruch auf Gewährung eines zusätzlichen Freibetrags in Höhe des nicht gezahlten Mindestunterhalts. Deren Ansicht, in der Nichtgewährung eines solchen Freibetrags liege eine gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßende Ungleichbehandlung gegenüber solchen alleinerziehenden Elternteilen, deren Kinder von dem anderen Elternteil den Mindestunterhalt erhielten, weil sie den nicht gezahlten Unterhalt aus steuerpflichtigen Einkünften aufbringen müsse, während die Unterhaltsleistung steuerfrei sei, ist nicht zu folgen. Die Klägerin verkennt, dass der ausgefallene Kindesunterhalt zivilrechtlich nicht ihr selbst, sondern ihren Kindern zusteht.

Auch der Umstand, dass die Leistungen, die nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (UhVorschG) für die Kinder der Klägerin gewährt werden, um jeweils 92 € monatlich hinter dem Mindestunterhalt gem. § 1612a BGB zurückbleiben, führt zu keiner anderen Beurteilung. Und schließlich erlaubt auch der Hinweis der Klägerin auf die Höhe der einem alleinerziehenden Elternteil unter sonst gleichen Umständen nach dem SGB II zustehenden Leistungen nicht den Schluss auf die Verfassungswidrigkeit der dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden Gesetzeslage. Es ist weder ersichtlich, dass der in der Vergleichsberechnung der Klägerin angesetzte Betrag von 700 € für die Bedarfe für Unterkunft und Heizung (§ 22 SGB II) dem tatsächlichen durchschnittlichen Leistungsniveau entspricht, noch vermag er zu beurteilen, ob und inwieweit die Klägerin selbst Anspruch auf Leistungen nach dem Wohngeldgesetz hat, die in die Vergleichsberechnung einzubeziehen wären.

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