12.08.2013

BMF-Schreiben: Berechnung der Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten durch die Angehörigen der freien Berufe

Mit Schreiben vom 31.7.2013 (- IV D 2 - S 7368/10/10002 - DOK 2013/0719183) hat das Bundesfinanzministerium (BMF) zur Berechnung der Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten durch die Angehörigen der freien Berufe Stellung bezogen und den Umsatzsteuer-Anwendungserlasses vom 1.10.2010 geändert. Hierbei handelt es sich um Konsequenzen des BFH-Urteils vom 22.7.2010 (Az.: V R 4/09).

Nach § 20 S. 1 Nr. 3 UStG kann das Finanzamt auf Antrag gestatten, dass ein Unternehmer, soweit er Umsätze aus einer Tätigkeit als Angehöriger eines freien Berufs i.S.v. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG ausführt, die Umsatzsteuer nicht nach den vereinbarten Entgelten gem. § 16 Abs. 1 S. 1 UStG, sondern nach den vereinnahmten Entgelten berechnet. Mit Urteil vom 22.7.2010 hat der BFH entschieden, dass § 20 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 UStG a.F. nicht anwendbar ist, wenn der Unternehmer in Bezug auf die in der Vorschrift genannten Umsätze buchführungspflichtig ist. Dies gilt auch, wenn der Unternehmer insoweit freiwillig Bücher führt. Die gegen das Urteil eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde vom BVerfG nicht zur Entscheidung angenommen (Beschl. v. 20.3.2013, 1 BvR 3063/10).

Insoweit gilt nun Folgendes:

Zur Anwendung des BFH-Urteils vom 22.7.2010
Die Genehmigung der Berechnung der Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten nach § 20 S. 1 Nr. 3 UStG für Umsätze aus einer Tätigkeit als Angehöriger eines freien Berufs i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist ab sofort nicht mehr zu erteilen, wenn der Unternehmer für diese Umsätze Bücher führt. Dabei ist es unerheblich, ob die Bücher auf Grund einer gesetzlichen Verpflichtung oder freiwillig geführt werden. Hat der vom Unternehmer im Kalenderjahr 2012 erzielte Gesamtumsatz (§ 19 Abs. 3 UStG) allerdings nicht mehr als 500.000 € betragen, erfüllt der Unternehmer die Voraussetzungen des § 20 S. 1 Nr. 1 UStG; in diesem Fall kann ihm die Berechnung der Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs genehmigt werden.

Sollte im Einzelfall eine bereits auf der Grundlage des § 20 S. 1 Nr. 3 UStG oder dessen Vorgängervorschrift unter dem Vorbehalt des Widerrufs erteilte Genehmigung nach § 130 i.V.m. § 131 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO zurückzunehmen sein (vgl. BFH-Urteil v. 30.11.1982, Az.: VIII R 9/80), ist die Wirkung der Rücknahme auf nach dem 31.12.2013 ausgeführte Umsätze zu beschränken. Zur Behandlung von Umsätzen, die vor dem Wechsel der Berechnungsart ausgeführt wurden, wird auf Abschnitt 13.6 Abs. 3 UStAE hingewiesen.

Von einer Rücknahme der Genehmigung ist jedoch abzusehen, wenn der im Kalenderjahr 2012 erzielte Gesamtumsatz des Unternehmers (§ 19 Abs. 3 UStG) nicht mehr als 500.000 € betragen hat und eine Genehmigung nach § 20 S. 1 Nr. 1 UStG erteilt werden könnte. In diesem Fall ist der Unternehmer darauf hinzuweisen, dass die Umsatzsteuer nach vereinbarten Entgelten zu berechnen ist, wenn der Gesamtumsatz des Kalenderjahres 2013 oder eines späteren Kalenderjahres den jeweils maßgeblichen Betrag übersteigt.

Änderung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses
Abschnitt 20.1 Abs. 1 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses vom 1.10.2010, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 12.7.2013 (- IV D 3 - S 7179/09/10003-05 - 2013/0666997) geändert wurde, wird wie folgt gefasst:

"(1) Der Antrag auf Genehmigung der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten kann bis zum Eintritt der formellen Bestandskraft der jeweiligen Umsatzsteuer-Jahresfestsetzung gestellt werden (vgl. BFH-Urteil v. 10.12.2008, Az.: XI R 1/08).

Dem Antrag kann grundsätzlich entsprochen werden, wenn der Unternehmer eine der Voraussetzungen des § 20 S. 1 Nr. 1 bis 3 UStG erfüllt.

Eine Genehmigung ist unter den Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs zu stellen und erstreckt sich wegen des Prinzips der Abschnittsbesteuerung stets auf das volle Kalenderjahr.

Es handelt sich um einen begünstigenden Verwaltungsakt, der unter den Voraussetzungen der §§ 130, 131 AO zurückgenommen oder widerrufen werden kann.

Die Istversteuerung nach § 20 S. 1 Nr. 2 UStG kommt nur bei besonderen Härten, wie z.B. dem Überschreiten der nach § 20 S. 1 Nr. 1 UStG bestehenden Umsatzgrenze aufgrund außergewöhnlicher und einmaliger Geschäftsvorfälle, nicht aber allgemein auf Grund einer fehlenden Buchführungspflicht in Betracht (vgl. BFH-Urteil vom 11.2.2010, Az.: V R 38/08).

Die Genehmigung der Istversteuerung nach § 20 S. 1 Nr. 3 UStG ist nicht zu erteilen, wenn der Unternehmer für die in der Vorschrift genannten Umsätze Bücher führt.

Dabei ist es unerheblich, ob die Bücher auf Grund einer gesetzlichen Verpflichtung oder freiwillig geführt werden (vgl. BFH-Urteil v. 22. 7. 2010, Az.: V R 4/09)."

Die Regelungen in Abschnitt I dieses Schreibens sind in allen Fällen anzuwenden. Die Änderung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses in Abschnitt II tritt am 1.8.2013 in Kraft.

Linkhinweis:

Auf den Webseiten des BMF finden Sie den Volltext des Schreibens (pdf-Format).

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