21.04.2011

BVerfG-Vorlage: Bemessung der Grunderwerbsteuer nach Grundbesitzwerten verfassungswidrig?

Der BFH hat dem BVerfG die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob § 11 GrEStG in der im Jahre 2001 geltenden Fassung mit Art. 3 Abs. 1 GG insofern unvereinbar ist, als er die Beteiligten an Erwerbsvorgängen i.S.d. § 8 Abs. 2 GrEStG, für die die (Ersatz-)Steuerbemessungsgrundlage nach § 138 Abs. 2 und 3 BewG in der im Jahre 2001 geltenden Fassung zu ermitteln ist, mit einheitlichen Steuersätzen belastet. Der BFH ist von der Verfassungswidrigkeit des Ansatzes der nur noch für die Grunderwerbsteuer maßgeblichen Grundbesitzwerte als Ersatz-Bemessungsgrundlage überzeugt.

BFH 2.3.2011, II R 23/10
Der Sachverhalt:
Die Klägerin, eine US-amerikanische Gesellschaft, erwarb im April 2001 alle Anteile an einer deutschen GmbH, zu deren Vermögen zahlreiche in Deutschland gelegene unbebaute, bebaute sowie dem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen zuzurechnende Grundstücke gehörten. Der Kauf stand unter der aufschiebenden Bedingung, dass die Vereinbarung u.a. durch das Bundeskartellamt freigegeben wird und der vereinbarte Basiskaufpreis gezahlt bzw. sicher gestellt ist. Diese aufschiebenden Bedingungen sind im Mai 2001 eingetreten.

Das Finanzamt sah nach vorangegangener Betriebsprüfung in dem Vertrag von April 2001 einen grunderwerbsteuerbaren Rechtsvorgang und setzte gegen die Klägerin Grunderwerbsteuer i.H.v. 512.554 € fest. Die Bemessungsgrundlage von rd. 14,6 Mio € ergab sich aus der Summe der Grundbesitzwerte für die Grundstücke. Das Finanzamt hatte diese Grundbesitzwerte gem. § 8 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 GrEStG 2001 i.V.m. § 138 Abs. 2 und 3 BewG 2001 gesondert auf den 31.5.2001 festgestellt.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Mit der Revision macht die Klägerin geltend, § 8 Abs. 2 und § 11 GrEStG seien wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG verfassungswidrig. Der BFH setzte das Verfahren aus und legte dem BVerfG die Frage zur Entscheidung vor, ob § 11 GrEStG mit Art. 3 Abs. 1 GG insofern unvereinbar ist, als er die Beteiligten an Erwerbsvorgängen i.S.d. § 8 Abs. 2 GrEStG, für die die (Ersatz-)Steuerbemessungsgrundlage nach § 138 Abs. 2 und 3 BewG zu ermitteln ist, mit einheitlichen Steuersätzen belastet.

Die Gründe:
Die Aussetzung des Verfahrens und die Vorlage an das BVerfG sind gem. Art. 100 Abs. 1 S. 1 GG i.V.m. § 80 Abs. 2 S. 1 BVerfGG geboten, weil der Senat § 11 GrEStG i.V.m. § 8 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 GrEStG und §§ 138 ff. BewG für mit dem GG unvereinbar hält.

Die GrESt wird nach einem einheitlichen Steuersatz für sämtliche Erwerbsvorgänge erhoben. Im Regelfall bestimmt sich die Bemessungsgrundlage gem. § 8 Abs. 1 GrEStG nach dem Wert der Gegenleistung. In den Ausnahmefällen des § 8 Abs. 2 des GrEStG, zu denen u.a. die praktisch bedeutsamen Grundstücksübergänge aufgrund von Umwandlungen sowie Anteilsvereinigungen und -übertragungen gehören, bestimmt sich die Bemessungsgrundlage nach den Grundbesitzwerten. Diese werden nach §§ 138 ff. BewG gesondert ermittelt.

Das BVerfG hatte diese Bewertungsvorschriften im Jahr 2006 für die Erbschaft- und Schenkungsteuer als verfassungswidrig beanstandet, weil sie zu zufälligen und willkürlichen Bewertungsergebnissen führten. Diesen verfassungswidrigen Zustand hat der Gesetzgeber ab 2007 für die Erbschaft- und Schenkungsteuer beseitigt und durch neue Bewertungsregeln ersetzt, hierauf aber für die GrESt verzichtet.

Nach Auffassung des Senats ist die weitere Anwendung der §§ 138 ff. BewG für die GrESt verfassungswidrig, weil sie aufgrund des einheitlichen Steuersatzes der GrESt zu willkürlichen und zufälligen Besteuerungsergebnissen führen und daher mit dem Gleichheitssatz unvereinbar sind.

Linkhinweis:

  • Der Volltext ist auf der Homepage des BFH veröffentlicht.
  • Um direkt zum Volltext der Entscheidung zu kommen, klicken Sie bitte hier.
BFH PM Nr. 34 vom 20.4.2011
Zurück