06.05.2021

Eingangsleistungen einer Kapitalanlagegesellschaft i.S. des InvG

Die für einen Leistungsbezug entrichtete Umsatzsteuer ist insoweit nicht als Vorsteuer abziehbar, als die hierfür getätigten Ausgaben zu den Kostenelementen von steuerfreien Ausgangsumsätzen gehören, weil sie in deren Preis eingehen. Dies ist der Fall, soweit eine Kapitalanlagegesellschaft im Rahmen der umsatzsteuerfreien Verwaltung eines Sondervermögens Eingangsleistungen für Rechnung der (Gesamtheit der) Anleger bei Dritten bezieht, die dafür anfallenden Kosten gemäß den Bedingungen des Investmentvertrags unmittelbar zu Lasten der Anleger aus dem Sondervermögen entnehmen darf und die Kosten zum Entgelt der steuerfreien Verwaltungsleistung an die (Gesamtheit der) Anleger gehören.

Kurzbesprechung
BFH v. 16.12.2020 - XI R 13/19

UStG § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 11, § 4 Nr. 8 Buchst. h, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 15 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, § 15 Abs. 4
InvG § 2, § 20, §§ 20ff, § 36 Abs. 6 S. 2, § 41 Abs. 1 S. 1, § 43, § 44, § 45, § 121
BGB § 670
EWGRL 388/77 Art. 6 Abs. 4, 388/77 Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a, 388/77 Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6, 388/77 Art. 17 Abs. 5 , 388/77 Art. 19 Abs. 1 S. 1


Streitig war, ob der Steuerpflichtigen, einer GmbH und Kapitalanlagegesellschaft i.S. des im Streitjahr (2006) geltenden Investmentgesetzes (InvG), aus Eingangsleistungen der Vorsteuerabzug zusteht.

Der Unternehmer kann nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt. Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen sind nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG die Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet.

Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, ist gemäß § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist.

Im Streitfall lag ein einziges, einheitliches Unternehmen vor, zu dem auch die drei Sondervermögen gehören; Innenumsätze zwischen den Unternehmensteilen (Betrieben) der Steuerpflichtigen werden grundsätzlich nicht besteuert. Selbst wenn zwischen den Unternehmensteilen der Steuerpflichtigen interne Abrechnungspapiere mit Steuerausweis erstellt worden wären, würden diese kein Recht auf Vorsteuerabzug des empfangenden Unternehmensteils begründen können.

Die Steuerpflichtige hatte an die (Gesamtheit der) Anleger der Sondervermögen mit der Verwaltung der Sondervermögen (jeweils) eine nach § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG steuerfreie Leistung erbracht hat. Aufgrund von § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG war im Streitjahr u.a. die Verwaltung von Sondervermögen nach dem InvG steuerfrei. Die Voraussetzungen des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG lagen im Streitfall für die Leistung der Steuerpflichtigen an die (Gesamtheit der) Anleger vor. Es handelte sich bei den von der Steuerpflichtigen als Kapitalanlagegesellschaft verwalteten Sondervermögen um solche i.S. des InvG, so dass bereits die nationale Steuerbefreiung des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG eingreift.

Die Steuerbefreiung gilt auch für Sondervermögen, die --wie im Streitfall-- in Immobilien anlegen. Sachlich befreit ist die Verwaltung der Sondervermögen.

Unter bestimmten Umständen sind mehrere formal eigenständige Leistungen, die getrennt erbracht werden, im Rahmen einer Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung des wirtschaftlichen Zwecks dieses Umsatzes und des Interesses der Leistungsempfänger als einheitlicher Umsatz anzusehen. Ein solcher einheitlicher Umsatz liegt entweder vor, wenn eine oder mehrere Einzelleistungen eine Hauptleistung bilden und die andere Einzelleistung oder die anderen Einzelleistungen eine oder mehrere Nebenleistungen bilden, weil sie für die Kundschaft keinen eigenen Zweck haben, sondern das Mittel darstellen, um die Hauptleistung des Leistungserbringers unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen.

Diese Voraussetzungen waren im Streitfall hinsichtlich der Leistung an die (Gesamtheit der) Anleger erfüllt. Aus Anlegersicht wurde von der Steuerpflichtigen aufgrund des Investmentvertrags nicht eine steuerfreie Verwaltungsleistung und daneben eine (weitergeleitete) steuerpflichtige Depotbankleistung erbracht, sondern eine einzige, rechtlich und tatsächlich untrennbare Verwaltungsleistung.

Diese wirtschaftlich einheitliche Dienstleistung der Steuerpflichtigen darf nicht künstlich aufgespalten werden und zwar auch dann nicht, wenn die Steuerpflichtige Teile ihrer einheitlichen Dienstleistung gemäß dem InvG für Rechnung der Anleger gezwungenermaßen bei Dritten (im Streitfall: der A-Bank als Depotbank) "zukauft". Die Leistungen der A-Bank sind daher im Verhältnis zu den Anlegern Teil ihrer Verwaltungsleistung und kein Kommissionsgeschäft.

Diese einzige, untrennbare Verwaltungsleistung der Steuerpflichtigen an die (Gesamtheit der) Anleger erfüllte auch unter Einbeziehung der weitergeleiteten Leistungen der Subunternehmer bzw. der A-Bank weiterhin die Voraussetzungen der Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG.

Zum Entgelt der (einzigen) steuerfreien Verwaltungsleistung der Steuerpflichtigen an die (Gesamtheit der) Anleger gehören außerdem die Beträge, die sie als Auslagenersatz für die Leistungen der Depotbank zu Lasten (der Gesamtheit) der Anleger aus dem Sondervermögen entnehmen darf. Auch diese Beträge sind Gegenleistung für die von der Steuerpflichtigen an die (Gesamtheit der) Anleger erbrachte Verwaltungsleistung und gehören zum Entgelt für die steuerfreien Umsätze, das für die Vorsteueraufteilung maßgeblich wäre.

Zeigt sich jedoch, dass die vorliegend streitigen Eingangsleistungen, die die Steuerpflichtige von Subunternehmern und der A-Bank bezogen hatte, für die Verwaltung der Sondervermögen im Rahmen des Investmentvertrags an die Anleger weiter berechnet wurden, ist gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG der Vorsteuerabzug für diese Leistungsbezüge ausgeschlossen; denn sie sind Kostenelemente der steuerfreien Ausgangsumsätze, weil sie in deren Preis eingehen.

Auf dieser Grundlage war das FG zutreffend davon ausgegangen, dass der von der Steuerpflichtigen begehrte Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG ausgeschlossen ist; denn die Kosten der vorliegend streitigen Eingangsleistungen gehen in den Preis der steuerfreien Ausgangsleistungen der Steuerpflichtigen ein.
Verlag Dr. Otto Schmidt
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