27.05.2013

Einkommensteuer: Musterverfahren zum Werbungskostenabzug bei Abgeltungssteuer

Es werden generell auch Kosten für die Erstattung einer Selbstanzeige nach § 371 AO als Werbungskosten anerkannt, soweit sie auf die Ermittlung der nachzuerklärenden Einkünfte entfallen. Beratungskosten für die Geltendmachung und die Durchsetzung der strafbefreienden Wirkung der Selbstanzeige stehen dagegen wie Strafverteidigungskosten nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Besteuerungsverfahren und können daher nicht steuermindernd berücksichtigt werden.

FG Köln 17.4.2013, 7 K 244/12
Der Sachverhalt:
Der Kläger und seine Frau hatte im Rahmen der gemeinsamen Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2010 Einkünfte aus Kapitalvermögen erklärt. Sie beantragten die Günstigerprüfung gem. § 32d Abs. 6 EStG. Der Kläger beantragte außerdem die Berücksichtigung von Rechtsanwalts- und Steuerberatungskosten als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen. Die Kosten waren ihm im Zusammenhang mit einer strafbefreienden Selbstanzeige für die Veranlagungszeiträume 2002 bis 2008 entstanden, bei der Einnahmen aus Kapitalvermögen nacherklärt wurden. Es war unstreitig, dass die Kosten i.H.v. 12.000 € ausschließlich auf die Ermittlung der nachzuerklärenden Einkünfte aus Kapitalvermögen entfielen. Die entsprechenden Rechnungen wurden im Jahr 2010 in vollem Umfang beglichen.

Das Finanzamt berücksichtigte die Rechtsanwalts- und Steuerberatungskosten nicht. Es berief sich dabei auf § 20 Abs. 9 S. 1 EStG, wonach neben dem Sparer-Pauschbetrag der Abzug tatsächlich entstandener Werbungskosten ausgeschlossen sei. Unerheblich sei insoweit, dass die Kosten Kapitalerträge beträfen, die in den Veranlagungszeiträumen 2002 bis 2008 zugeflossen seien. Werbungskosten seien nämlich in dem Jahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden seien. Würden Ausgaben in 2009 oder später geleistet, fielen diese auch dann unter das Abzugsverbot des § 20 Abs. 9 EStG, wenn sie mit Kapitalerträgen der Vorjahre zusammenhingen.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Allerdings wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Revision zum BFH zugelassen.

Die Gründe:
Das Finanzamt hatte zu Unrecht die vom Kläger in 2010 verausgabten Rechtsanwalts- und Steuerberatungskosten i.H.v. 12.000 € nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen berücksichtigt. Die Kosten waren zusätzlich zu dem Sparer-Pauschbetrag für Ehegatten abzugsfähig.

Gem. § 9 S. 1 EStG setzt ein Abzug von Steuerberatungskosten als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen voraus, dass der Steuerpflichtige die Steuerberatungskosten zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Kapitalerträge aufgewendet hat. Dies ist nach ständiger BFH-Rechtsprechung dann gegeben, wenn die Aufwendungen für Steuerberatung durch die Ermittlung der Kapitaleinkünfte veranlasst sind und nicht Entgelt für die Erstellung einer Einkommensteuererklärung darstellen. Die Ermittlung der Einkünfte umfasst dabei vor allem die Kosten der Buchführungsarbeiten und der Überwachung der Buchführung, die Ermittlung von Ausgaben oder Einnahmen, die Anfertigung von Zusammenstellungen, die Aufstellung von Bilanzen oder von Einnahmeüberschussrechnungen, die Beantwortung der sich dabei ergebenden Steuerfragen und die Kosten der Beratung. Das Übertragen der Ergebnisse aus der jeweiligen Einkunftsermittlung in die entsprechenden Steuerformulare gehört dagegen nicht zur Einkunftsermittlung.

In diesem Rahmen werden generell auch Kosten für die Erstattung einer Selbstanzeige nach § 371 AO als Werbungskosten anerkannt, soweit sie auf die Ermittlung der nachzuerklärenden Einkünfte entfallen. Beratungskosten für die Geltendmachung und die Durchsetzung der strafbefreienden Wirkung der Selbstanzeige stehen dagegen wie Strafverteidigungskosten nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Besteuerungsverfahren und können daher nicht steuermindernd berücksichtigt werden. Unter Anwendung dieser Grundsätze stellten die Rechtsanwalts- und Steuerberatungskosten i.H.v. 12.000 € Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen dar.

Die Abzugsbeschränkung des § 20 Abs. 9 S. 1 EStG kam hinsichtlich der Rechtsanwalts- und Steuerberatungskosten nicht zur Anwendung. § 2 Abs. 2 S. 2 EStG sieht zwar vor, dass bei den Einkünften aus Kapitalvermögen § 20 Abs. 9 EStG an die Stelle der §§ 8 bis 9a EStG tritt. Diese Regelung ging im Streitfall allerdings insoweit ins Leere, als es um die Berücksichtigung von Werbungskosten ging, die Kapitalerträge betrafen, die vor dem 1.1.2009 zugeflossen waren. Dass die geltend gemachten Beratungskosten i.H.v. 12.000 € ausschließlich Kapitalerträge betrafen, die dem Kläger bis zum 31.12.2008 zugeflossen waren und diese Kapitalerträge mittlerweile in den jeweiligen Jahren auch zutreffend der Besteuerung unterworfen wurden, war unstreitig. Eine Anwendung des Abzugsbeschränkung nach § 20 Abs. 9 EStG auf Werbungskosten, die im Zusammenhang mit Kapitaleinkünften stehen, die den Steuerpflichtigen bis zum 1.1.2009 zugeflossen sind, kam nach dem eindeutigen Wortlaut der Regelung in § 52a Abs. 10 S. 10 EStG nicht in Betracht.

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