07.12.2017

Einkommensteuer: Steuerbarkeit einer Verdienstausfall-Entschädigung

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage zuzulassen, ob Ersatzleistungen für entgangene oder entgehende Einnahmen i.S. des § 24 Nr. 1a EStG von der Besteuerung ausgenommen werden müssen, wenn im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses bereits seit drei Jahren kein Erwerbsverhältnis mehr besteht, und die Ersatzleistung daher nur potentiell erzielbare Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit ausgleicht.

FG Köln 1.6.2017, 10 K 3444/15
Der Sachverhalt:
Der im Streitjahr 45-jährige Kläger war von 1986 bis Anfang 2000 bei der Firma B GmbH beschäftigt. Im Rahmen einer Restrukturierungsphase schied er Anfang 2000 betriebsbedingt gegen Zahlung einer Abfindung aus, die ordnungsgemäß versteuert wurde. Seit Februar 2000 stand der Kläger in keinem Arbeitsverhältnis mehr; auch eine andere berufliche Tätigkeit wurde bzw. wird nicht ausgeübt.

Infolge einer missglückten Operation im Jahr 2003 kam es zu einem erheblichen Einschnitt in die körperliche Leistungsfähigkeit des Klägers. Er leidet heute noch unter den Folgen der Operation, durch die er erwerbsunfähig wurde. Seit Februar 2004 bezog er Hartz-IV-Leistungen und ging keiner Erwerbstätigkeit mehr nach. Nach langwierigen Verhandlungen erklärte sich der Haftpflichtversicherer des Schädigers im Streitjahr 2009 zur Zahlung einer Verdienstausfall-Entschädigung i.H.v. 490.000 € bereit.

Das Finanzamt sah die Verdienstausfall-Entschädigung i.H.v. 213.422 € als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 24 S. 1 Nr. 1a i.V.m. § 19 EStG) und setzte die Einkommensteuer 2009 entsprechend fest. Der Kläger berief sich auf Nichtsteuerbarkeit der Entschädigungsleistung, da er im Jahr 2003 bei Eintritt des schädigenden Ereignisses nicht mehr in einem Arbeitsverhältnis gestanden habe.

Das FG wies die Klage ab. Allerdings wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache die Revision zugelassen. Das Verfahren ist beim BFH unter dem Az.: IX R 25/17 anhängig.

Die Gründe:
Die vom Kläger im Streitjahr erhaltene Versicherungsleistung unterlag der Steuerpflicht nach § 24 Nr. 1a EStG, § 2, § 19 EStG.

Der § 24 Nr. 1a EStG dient der Zuordnung zu den gesetzlichen Einkunftsarten der § 13 bis 22 EStG; er ergänzt die Einkünftetatbestände der §§ 13 bis 23 EStG, schafft jedoch keinen neuen eigenständigen Besteuerungstatbestand. Daher erfordert die Steuerbarkeit nach ständiger Rechtsprechung eine kausale Verknüpfung zwischen Entschädigung und den entgangenen Einnahmen. Entgegen der Auffassung des Klägers hängt die Steuerbarkeit damit anders als beim Tatbestand des § 24 Nr. 2 EStG gerade nicht davon ab, ob die zu prüfende Leistung Bezug zu einem konkreten Dienstverhältnis hat. So stand nach höchstrichterlicher Rechtsprechung auch der Besteuerung von Leistungen an einen unfallverletzten Wehrpflichtigen nach § 24 Nr. 1a EStG nicht entgegen, dass der dortige Kläger im Zeitpunkt des Schadensereignisses nicht in einem Dienstverhältnis stand, sondern dass er zu diesem Zeitpunkt (nach § 3 Nr. 5 EStG steuerfreien) Wehrsold bezog (BFH-Urteil v. 21.1.2004, Az.: XI R 40/02).

Zu Recht hat das Finanzamt angenommen, dass die gewährte Versicherungsleistung mit einem anteiligen Betrag i.H.v. 235.000 € dem Tatbestand des § 24 Nr. 1a EStG unterfiel und nach dieser Regelung steuerbar war. Zwar weist der Streitfall die Besonderheit auf, dass der Kläger ab Februar 2000 nicht mehr in einem Arbeitsverhältnis stand, allerdings hat der Kläger dem Arbeitsmarkt unstreitig zu Vermittlungszwecken zur Verfügung gestanden, was sich auch aus dem Bezug von Arbeitslosengeld I in der Zeit von Februar bis 2000 bis März 2003 ergibt. Dem entnimmt das erkennende Gericht, dass zumindest bis zur OP im Jahr 2003 die Absicht zur Wiederaufnahme eines Arbeitsverhältnisses bestand.

Auch die letztlich zwischen Kläger und Versicherung übereinstimmend angenommene Schadensberechnung zeigt, dass durch den Teilbetrag von 235.000 € (resultierend aus einem für die Vergangenheit mit 60.000 € unterstellten und einem für die Zukunft mit 175.000 € geschätzten Verdienstausfallschaden) der Verlust der Erwerbsfähigkeit des Klägers ersetzt werden sollte, so dass entgegen der Auffassung des Klägers von einer fiktiven Zuordnung seitens des Beklagten keine Rede sein kann. Hätte der Kläger die Einnahmen, deren Ausfall durch den Teilbetrag von 235.000 € entschädigt werden sollte und die auf der Basis einer konkreten Tätigkeit veranschlagt worden waren, bei einem potentiellen Arbeitgeber erzielt, hätten diese Einnahmen als solche aus nichtselbstständiger Arbeit der Besteuerung unterlegen, so dass die enthaltene Entschädigungsleistung den erforderlichen hinreichenden Bezug zu Einkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit hat.

Allerdings war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage, ob Ersatzleistungen für entgangene oder entgehende Einnahmen i.S.d. § 24 Nr. 1a EStG von der Besteuerung ausgenommen werden müssen, wenn im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses bereits seit drei Jahren kein Erwerbsverhältnis mehr besteht, und die Ersatzleistung daher nur potentiell erzielbare Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit ausgleicht, die Revision zuzulassen.

Linkhinweis:

Rechtsprechungsdatenbank des Landes NRW
Zurück