17.12.2019

Endgültige Einnahmelosigkeit einer Kapitalbeteiligung als rückwirkendes Ereignis

Endgültig einnahmelos ist eine Kapitalbeteiligung erst, wenn feststeht, dass Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen aus der nämlichen Beteiligung niemals als Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen i.S.d. § 3 Nr. 40 EStG einer bestandskräftigen Veranlagung des Steuerpflichtigen oder einer bestandskräftigen gesonderten und ggf. einheitlichen Feststellung seiner Einkünfte zugrunde gelegen haben. Die endgültige Einnahmelosigkeit ist ein rückwirkendes Ereignis i.S.d. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO.

BFH v. 25.7.2019, IV R 51/16
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG, an der neben der R-GmbH als Komplementärin nur natürliche Personen als Kommanditisten beteiligt sind. Sie war seit der Gründung im Jahr 2006 mit jeweils rund 21 % (106.000 €) am Stammkapital der B1-GmbH und der B2-GmbH beteiligt. Zur Abdeckung zwischenzeitlich entstandener Verluste mussten die Gesellschafter der B1-GmbH Einzahlungen i.H.v. rund 25 Mio. € leisten; der Anteil der Klägerin betrug rund 5,3 Mio. €.

In der Handels- und Steuerbilanz der Klägerin zum 31.12.2008 war die Beteiligung an der B2-GmbH mit 106.000 € aktiviert, die Beteiligung an der B1-GmbH mit rund 5,45 Mio. €. Nach einer durchgehenden Verlustphase von mehr als drei Jahren fassten die Gesellschafter beider Gesellschaften im November 2009 den Beschluss, diese zu liquidieren. Der Erlös sollte entsprechend der Beteiligungsquote aufgeteilt werden. In ihrem Jahresabschluss auf den 31.12.2009 schrieb die Klägerin die Beteiligungen wegen voraussichtlich dauernder Wertminderungen außerplanmäßig auf 0 € ab. Im Hinblick auf den (zu diesem Zeitpunkt noch) erwarteten Liquidationserlös aktivierte sie eine Forderung gegen die B1-GmbH i.H.v. rund 200.000 €. In der diese Forderung übersteigenden Höhe wies sie in der Gewinn- und Verlustrechnung somit einen Aufwand i.H.v. 5,35 Mio. € aus.

Mit Bestellung des Liquidators wurde vereinbart, dass die Klägerin aus der Liquidation der beiden Gesellschaften jeweils einen Festbetrag i.H.v. 60.000 € erhält. In ihrer Feststellungserklärung für das Streitjahr 2009 rechnete die Klägerin die auf die Komplementärin entfallenden Teilwertabschreibungen (nach § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG) dem Gewinn wieder hinzu. Bezüglich der Anteile der Kommanditisten nahm sie die Teilwertabschreibungen jedoch in voller Höhe (rd. 2,6 Mio. €) erfolgswirksam vor.

Nach einer Außenprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, auf die auf die Kommanditisten entfallende Teilwertabschreibung sei das Teilabzugsverbot (nach § 3c EStG) anzuwenden. Leistungen im Rahmen der Auflösung einer Gesellschaft, Veräußerungserlöse, Ausschüttungen u.a. führten zu dessen Anwendung, auch wenn sie noch so gering seien. Da die Klägerin aus der Liquidation der Gesellschaften nach eigenen Angaben noch Ansprüche erhalte, sei die Teilwertabschreibung nur zu 60 % abziehbar. Daraufhin rechnete das Finanzamt die auf die Kommanditisten entfallenden Teilwertabschreibungen (i.H.v. 40 %) über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Klägerin wieder hinzu.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Auf die Revision des Finanzamtes hat der BFH das Urteil auf gehoben und die Sache an des FG zurückverwiesen.

Gründe:
Zu Unrecht ist das FG (stillschweigend) davon ausgegangen, dass die Frage, ob Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen, die die Klägerin in einem anderen Jahr als dem Streitjahr aus den Beteiligungen an der B1-GmbH und der B2-GmbH erzielt hatte, dem § 3 Nr. 40 EStG unterfallen, im Streitjahr 2009 zu prüfen ist. Nach § 3c Abs. 2 EStG in der auf den Streitfall noch anzuwendenden Fassung des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom 14.8.2007 dürfen (u.a.) Betriebsvermögensminderungen oder Betriebsausgaben, die mit den dem § 3 Nr. 40 EStG zugrunde liegenden Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, unabhängig davon, in welchem Veranlagungszeitraum die Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen anfallen, bei der Ermittlung der Einkünfte nur zu 60 % abgezogen werden.

Fallen keine Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen an, kommt eine anteilige Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 40 EStG nicht in Betracht. Es tritt die nach § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG maßgebende Bedingung dafür, entsprechende Aufwendungen nur anteilig zu berücksichtigen, nicht ein. Werden daher aus einer Kapitalbeteiligung endgültig keine Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen erzielt, ist für Veranlagungszeiträume bis 2010 das Teilabzugsverbot - vor Geltung des heutigen § 3c Abs. 2 Satz 7 EStG - nicht anzuwenden und der Erwerbsaufwand in vollem Umfang abziehbar. Dies gilt auch, wenn die Kapitalbeteiligung, wie im Streitfall, in einem Betriebsvermögen gehalten wird.

Endgültig einnahmelos ist eine Kapitalbeteiligung erst, wenn feststeht, dass Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen aus der nämlichen Beteiligung niemals als Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen i.S.d. § 3 Nr. 40 EStG einer bestandskräftigen Veranlagung des Steuerpflichtigen oder einer bestandskräftigen gesonderten und ggf. einheitlichen Feststellung seiner Einkünfte zugrunde gelegen haben. Die endgültige Einnahmelosigkeit ist ein rückwirkendes Ereignis i.S.d. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO. Ausgehend von den dargestellten Grundsätzen durfte das FG die Frage, ob die streitigen Beträge i.H.v. jeweils 60.000 € dem § 3 Nr. 40 EStG unterfallen, nicht im Rahmen des gegen den Feststellungsbescheid 2009 gerichteten Klageverfahrens entscheiden. Insofern war das Urteil aufzuheben.

Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen kann der Senat allerdings nicht entscheiden, ob die im Streitjahr 2009 geltend gemachten Teilwertabschreibungen auf die Beteiligungen der Klägerin an der B1-GmbH und an der B2-GmbH dem Teilabzugsverbot des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG unterfallen.
 
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