Erfordernis eines Änderungsantrags zur Vermeidung widerstreitender Steuerfestsetzung bei Organschaft auch bei Anfechtung des Steuerbescheids durch die Organgesellschaft
Kurzbesprechung
BFH v. 5.9.2024 - V R 5/23
UStG § 2 Abs 2 Nr. 2
AO § 33 Abs 1, § 73 S 1, § 176 Abs 1 S 1 Nr 3
ZPO § 240 S 2
EURL 2019/1023
EGRL 112/2006 Art 11
StaRUG § 49 Abs 1 Nr. 1, § 31
Ist eine KG entsprechend aufgrund geänderter BFH-Rechtsprechung als Organgesellschaft anzusehen, setzt die Aufhebung einer gegenüber der KG ergangenen Steuerfestsetzung voraus, dass der Organträger zur Vermeidung eines widersprüchlichen Verhaltens in Bezug auf § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO einen Antrag auf Änderung der für ihn vorliegenden Steuerfestsetzung stellt. Der BFH hat dies mit dem im jeweiligen "Steuerrechtsverhältnis" zu beachtenden Grundsatz von Treu und Glauben begründet, wobei dieses bei Bejahung von § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG zum Organträger als Steuerschuldner und Steuerpflichtigen besteht und sich auf die Organgesellschaft als Bestandteil dieses Steuerrechtsverhältnisses erstreckt. Hieran hält der BFH weiterhin fest.
Bestätigt wird das Antragserfordernis durch die in § 73 Satz 1 AO angeordnete Haftung, die bei Verzicht auf ein Antragserfordernis leerliefe, da sie zwar - wie sich aus § 191 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 AO ergibt - keine Steuerfestsetzung gegenüber dem Organträger, aber eine diesem gegenüber zumindest festsetzbare Steuerschuld voraussetzt, an der es grundsätzlich fehlen würde, wenn dieser sich auf Vertrauensschutz in Bezug auf eine aufgegebene höchstrichterliche Rechtsprechung berufen könnte. Da der Haftungsschuldner höchstens die Steuer schuldet, die gegen den Steuerschuldner festgesetzt worden ist oder werden kann, sind dem in dieser Vorschrift ausdrücklich geregelten Fall, dass eine Steuer wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist nicht mehr festgesetzt werden kann, andersartige Hindernisse gleichzusetzen, die - wie im Streitfall eine Berufung auf Vertrauensschutz - einer Festsetzung gegen den Organträger als Steuerschuldner dauerhaft entgegenstehen. Denn könnte der Organträger - ohne Antragserfordernis - bei seiner Besteuerung eine Beurteilung entsprechend der alten, aufgegebenen Rechtsprechung verlangen, würde die auf die Umsätze der Organgesellschaft geschuldete Steuer bei ihm nicht festgesetzt, so dass es bei einer zu bejahenden Anwendung von § 191 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 AO nicht zum Erlass eines Haftungsbescheids gegen die Organgesellschaft - in Bezug auf deren Umsätze - kommen könnte.
Dies gilt nicht nur für den Fall, dass die KG einen Änderungsantrag nach § 164 Abs. 2 AO stellt, sondern auch für die im Streitfall vorliegende Anfechtung einer Steuerfestsetzung. Dass Organträger und Organgesellschaft nicht beanspruchen können, im selben Besteuerungszeitraum für den einen Unternehmensteil (hier: Organträger) auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung und für den anderen Unternehmensteil (hier: Organgesellschaft) nach der geänderten Rechtsprechung besteuert zu werden, folgt aus der materiell-rechtlichen Auslegung des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG und der dabei erforderlichen Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben, so dass es auf die verfahrensrechtliche Unterscheidung, ob der Steuerbescheid aufgrund eines Einspruchs oder aufgrund eines Änderungsantrags zu überprüfen ist, unerheblich ist.
Im Streitfall kam es für die Aufhebung der gegenüber der Steuerpflichtigen ergangenen Steuerfestsetzung, die mit einer geänderten BFH-Rechtsprechung begründet wird, nach der ein Mehrheitsgesellschafter geltend machen kann, dass er Organträger auch in Bezug auf eine Tochter-KG als Organgesellschaft ist, ohne dass dabei die Verhältnisse in Bezug auf die Mitgesellschafter bei der KG zu betrachten sind auf einen Antrag auf Änderung an. Hierzu hatte das FG keine Feststellungen getroffen, die nun im zweiten Rechtsgang nachzuholen sind.
Verlag Dr. Otto Schmidt
UStG § 2 Abs 2 Nr. 2
AO § 33 Abs 1, § 73 S 1, § 176 Abs 1 S 1 Nr 3
ZPO § 240 S 2
EURL 2019/1023
EGRL 112/2006 Art 11
StaRUG § 49 Abs 1 Nr. 1, § 31
Ist eine KG entsprechend aufgrund geänderter BFH-Rechtsprechung als Organgesellschaft anzusehen, setzt die Aufhebung einer gegenüber der KG ergangenen Steuerfestsetzung voraus, dass der Organträger zur Vermeidung eines widersprüchlichen Verhaltens in Bezug auf § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO einen Antrag auf Änderung der für ihn vorliegenden Steuerfestsetzung stellt. Der BFH hat dies mit dem im jeweiligen "Steuerrechtsverhältnis" zu beachtenden Grundsatz von Treu und Glauben begründet, wobei dieses bei Bejahung von § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG zum Organträger als Steuerschuldner und Steuerpflichtigen besteht und sich auf die Organgesellschaft als Bestandteil dieses Steuerrechtsverhältnisses erstreckt. Hieran hält der BFH weiterhin fest.
Bestätigt wird das Antragserfordernis durch die in § 73 Satz 1 AO angeordnete Haftung, die bei Verzicht auf ein Antragserfordernis leerliefe, da sie zwar - wie sich aus § 191 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 AO ergibt - keine Steuerfestsetzung gegenüber dem Organträger, aber eine diesem gegenüber zumindest festsetzbare Steuerschuld voraussetzt, an der es grundsätzlich fehlen würde, wenn dieser sich auf Vertrauensschutz in Bezug auf eine aufgegebene höchstrichterliche Rechtsprechung berufen könnte. Da der Haftungsschuldner höchstens die Steuer schuldet, die gegen den Steuerschuldner festgesetzt worden ist oder werden kann, sind dem in dieser Vorschrift ausdrücklich geregelten Fall, dass eine Steuer wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist nicht mehr festgesetzt werden kann, andersartige Hindernisse gleichzusetzen, die - wie im Streitfall eine Berufung auf Vertrauensschutz - einer Festsetzung gegen den Organträger als Steuerschuldner dauerhaft entgegenstehen. Denn könnte der Organträger - ohne Antragserfordernis - bei seiner Besteuerung eine Beurteilung entsprechend der alten, aufgegebenen Rechtsprechung verlangen, würde die auf die Umsätze der Organgesellschaft geschuldete Steuer bei ihm nicht festgesetzt, so dass es bei einer zu bejahenden Anwendung von § 191 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 AO nicht zum Erlass eines Haftungsbescheids gegen die Organgesellschaft - in Bezug auf deren Umsätze - kommen könnte.
Dies gilt nicht nur für den Fall, dass die KG einen Änderungsantrag nach § 164 Abs. 2 AO stellt, sondern auch für die im Streitfall vorliegende Anfechtung einer Steuerfestsetzung. Dass Organträger und Organgesellschaft nicht beanspruchen können, im selben Besteuerungszeitraum für den einen Unternehmensteil (hier: Organträger) auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung und für den anderen Unternehmensteil (hier: Organgesellschaft) nach der geänderten Rechtsprechung besteuert zu werden, folgt aus der materiell-rechtlichen Auslegung des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG und der dabei erforderlichen Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben, so dass es auf die verfahrensrechtliche Unterscheidung, ob der Steuerbescheid aufgrund eines Einspruchs oder aufgrund eines Änderungsantrags zu überprüfen ist, unerheblich ist.
Im Streitfall kam es für die Aufhebung der gegenüber der Steuerpflichtigen ergangenen Steuerfestsetzung, die mit einer geänderten BFH-Rechtsprechung begründet wird, nach der ein Mehrheitsgesellschafter geltend machen kann, dass er Organträger auch in Bezug auf eine Tochter-KG als Organgesellschaft ist, ohne dass dabei die Verhältnisse in Bezug auf die Mitgesellschafter bei der KG zu betrachten sind auf einen Antrag auf Änderung an. Hierzu hatte das FG keine Feststellungen getroffen, die nun im zweiten Rechtsgang nachzuholen sind.