04.05.2012

EuGH-Vorlage zur europarechtswidrigen Benachteiligung eines im Drittlandsgebiet ansässigen beschränkt steuerpflichtigen Erben

Das FG Düsseldorf hat den EuGH um eine Vorabentscheidung zu folgender Frage ersucht: Ist die nationale Regelung eines Mitgliedstaats über die Erhebung der Erbschaftsteuer, die bei dem Erwerb durch Erbanfall eines inländischen Grundstücks von einer gebietsfremden Person für den gebietsfremden Erwerber nur einen Freibetrag von 2.000 € vorsieht, während bei Wohnsitz des Erblassers oder des Erwerbers im betreffenden Mitgliedstaat ein Freibetrag von 500.000 € gewährt würde, mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar?

FG Düsseldorf 2.4.2012, 4 K 689/12 Erb
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Schweizer mit Wohnsitz in der Schweiz. Er schloss mit der in Deutschland geborenen Erblasserin A im Juni 1981 in der Schweiz die Ehe. Dadurch erwarb die Erblasserin die Staatsangehörigkeit der Schweiz. Seit der Eheschließung lebten der Kläger und die Erblasserin in der Schweiz. Im März 2009 verstarb die Erblasserin in der Schweiz. Sie wurde vom Kläger allein beerbt.

Die Erblasserin war Eigentümerin eines in Deutschland belegenen Grundstücks. Den Wert des Grundstücks stellte das zuständige Finanzamt auf den Todestag der Erblasserin mit 329.200 € fest. Ferner war die Erblasserin Inhaberin von Konten bei zwei Banken in Deutschland, die Guthaben von insgesamt rd. 33.700 € aufwiesen. Darüber hinaus war sie Inhaberin von Konten bei schweizer Banken, die Guthaben von insgesamt umgerechnet rd. 170.000 € aufwiesen. Von dem Kläger wurde in der Schweiz keine Erbschaftsteuer erhoben.

Das Finanzamt setzte gegen den Kläger Erbschaftsteuer von 41.450 € fest. Dabei unterwarf es nur das in X belegene Grundstück der Erblasserin mit einem Wert von 329.200 € abzgl. einer Pauschale für Erbfallkosten von 10.300 € einer Besteuerung. Von der sich hiernach ergebenden Bemessungsgrundlage von 318.900 € zog es einen Freibetrag von 2.000 € ab. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Klage. Er ist der Ansicht, die Ungleichbehandlung von gebietsansässigen und gebietsfremden Steuerpflichtigen verstoße gegen die durch den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft gewährleistete Kapitalverkehrsfreiheit.

Das FG setzte das Verfahren aus und legte dem EuGH die Frage vor, ob die steuerliche Benachteiligung eines im Drittlandsgebiet ansässigen Erben, der Inlandsvermögen erbt, mit Gemeinschaftsrecht vereinbar ist.

Die Gründe:
Der Senat hat Zweifel, ob der Freibetrag des § 16 Abs. 2 ErbStG mit Art. 56 Abs. 1 und Art. 58 des EG-Vertrags zu vereinbaren ist. Nach § 16 Abs. 2 ErbStG steht dem Kläger als beschränkt Steuerpflichtigem für seinen Erwerb von Todes wegen nur ein Freibetrag von 2.000 € zu. Wenn die Erblasserin oder der Kläger zur Zeit des Erbfalls ihren Wohnsitz in Deutschland gehabt hätten und deshalb kein Fall der beschränkten Steuerpflicht (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG) vorläge, stünde dem Kläger hingegen ein Freibetrag von 500.000 € zu und sein Erwerb wäre steuerfrei.

Der EuGH hat bereits mit Urteil vom 22.4.2010 (C-510/08 - "Mattner") den Freibetrag des § 16 Abs. 2 ErbStG für europarechtswidrig gehalten, sofern Schenker oder Beschenkter ihren Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat haben. Im Streitfall hatten zwar die Erblasserin und der Kläger ihren Wohnsitz nicht in einem Mitgliedstaat der EU, sondern in einem Drittland. Der EuGH hat jedoch ebenfalls entschieden, dass Art. 56 Abs. 1 EGV auch Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten und Drittländern untersagt (EuGH, 18.12.2007, C-101/05 - "Skatteverket").

Die durch das Beitreibungsrichtlinien-Umsetzungsgesetz (BeitrRLUmsG) eingeführte Option zur beschränkten Steuerpflicht (§ 2 Abs. 3 ErbStG) konnte vorliegend i.Ü. nicht angewendet werden, da diese auf Drittstaaten außerhalb des EU-/EWR-Raums keine Anwendung findet.

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