29.09.2022

Fahrzeugüberlassung an Arbeitnehmer zu privaten Zwecken als tauschähnlicher Umsatz

Der für einen steuerbaren Umsatz erforderliche unmittelbare Zusammenhang zwischen der Fahrzeugüberlassung an einen Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen zu privaten Zwecken und der (teilweisen) Arbeitsleistung liegt jedenfalls dann vor, wenn die Fahrzeugüberlassung individuell arbeitsvertraglich vereinbart ist und tatsächlich in Anspruch genommen wird (Folgeentscheidung zum EuGH-Urteil Finanzamt Saarbrücken vom 20.01.2021 - C-288/19, EU:C:2021:32).

Kurzbesprechung
BFH v. 30. 6. 2022 - V R 25/21

EGRL 112/2006 Art 2 Abs 1 Buchst c, 112/2006 Art 56 Abs 2 UAbs 1, 112/2006 Art 398
UStG § 1 Abs 1 Nr. 1 S 1, § 3 Abs 12 S 2, § 3a Abs 3 Nr. 2 S 3, § 10 Abs 2 S 2, § 10 Abs 5 AEUV Art 267
FGO § 96 Abs 1 S 1


Streitig war die Steuerbarkeit der Überlassung von Fahrzeugen zur privaten Nutzung in den Streitjahren 2013 und 2014.

Sonstige Leistungen werden nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG gegen Entgelt ausgeführt. Dienstleistungen, die gemäß Art. 2 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL gegen Entgelt erbracht werden, unterliegen der Mehrwertsteuer, wenn zwischen einer Leistung und einem erhaltenen Gegenwert ein unmittelbarer Zusammenhang besteht und sich dieser Zusammenhang aus einem Rechtsverhältnis zwischen Leistendem und Leistungsempfänger ergibt, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die Vergütung den Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte bestimmbare Leistung bildet.

Nach § 3 Abs. 12 Satz 2 UStG handelt es sich auf dieser Grundlage um einen tauschähnlichen Umsatz, wenn das Entgelt für eine sonstige Leistung in einer Lieferung oder sonstigen Leistung besteht, die als tauschähnlicher Umsatz mit Baraufgabe auch mit einer Barzahlung verbunden werden können. Die Gegenleistung für eine Lieferung kann in einer Dienstleistung bestehen und Besteuerungsgrundlage der Lieferung sein, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Lieferung und der Dienstleistung besteht und wenn der Wert der Dienstleistung in Geld ausgedrückt werden kann.

Gleiches gilt, wenn eine Dienstleistung gegen eine andere Dienstleistung getauscht wird, sofern genau diese Voraussetzungen erfüllt sind. Daher folgt der BFH nicht der im Schrifttum vertretenen Auffassung, dass ein tauschähnlicher Umsatz ausgeschlossen sei, wenn nur die Arbeitsleistung als Entgelt für die Fahrzeugüberlassung in Frage komme.

Im Streitfall bestand der für einen Umsatz i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, § 3 Abs. 12 Satz 2 UStG erforderliche unmittelbare Zusammenhang zwischen der an einen Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen zu privaten Zwecken erfolgten Fahrzeugüberlassung und der (teilweisen) Arbeitsleistung. Der unmittelbare Zusammenhang ergibt sich regelmäßig daraus, dass die Nutzungsüberlassung im Rahmen eines Anstellungsvertrags individuell vereinbart wird. Demgegenüber genügt der bloße Zusammenhang mit einem Dienstverhältnis nicht. Ebenso ist die einkommensteuerrechtliche Beurteilung ohne Bedeutung.

Im Streitfall war der erforderliche unmittelbare Zusammenhang zwischen der Fahrzeugüberlassung und der (teilweisen) Arbeitsleistung zu bejahen, da die Steuerpflichtige und der jeweilige Angestellte das Recht zur Privatnutzung des Dienstfahrzeugs individuell arbeitsvertraglich vereinbart hatten und unter Beachtung der wirtschaftlichen Realität davon auszugehen war, dass von der Zusage dieser Nutzungsmöglichkeit die Entscheidung des jeweiligen Angestellten abhing, ob er das Beschäftigungsverhältnis zu den angebotenen oder nur zu anderen Bedingungen einging.

Damit besteht kein "bloßer", sondern ein das Dienstverhältnis mitprägender Zusammenhang, der sich auch nicht lediglich aus einer einkommensteuerrechtlichen Betrachtung ableitet.

Für die Frage, ob die Arbeitsleistung im Rahmen eines tauschähnlichen Umsatzes Entgelt für die Fahrzeugüberlassung zu privaten Zwecken ist, kommt es ‑ anders als bei der Wertabgabebesteuerung nach § 3 Abs. 1b UStG und § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG ‑ nicht darauf an, ob der Steuerpflichtigen der Vorsteuerabzug aus dem Bezug der Fahrzeuge zustand.

Die Zahlung eines Mietzinses ergibt sich in Form einer Sachvergütung aus der im unmittelbaren Zusammenhang mit der Fahrzeugüberlassung zu erbringenden Arbeitsleistung. Die Bemessungsgrundlage richtet sich bei der entgeltlichen Fahrzeugüberlassung nach § 10 Abs. 2 Satz 2 UStG. Danach gilt bei tauschähnlichen Umsätzen (§ 3 Abs. 12 Satz 2 UStG) der Wert jedes Umsatzes als Entgelt für den anderen Umsatz.
Verlag Dr. Otto Schmidt
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