07.08.2013

Grobes Verschulden des Steuerberaters bei Verwendung einer "komprimierten" Elster-Einkommensteuererklärung

Den Steuerberater trifft ein grobes Verschulden, wenn er seinem Mandanten lediglich eine "komprimierte" Einkommensteuererklärung zur Überprüfung aushändigt, ohne vorher den maßgebenden Sachverhalt vollständig zu ermitteln und seinem Mandanten damit die Möglichkeit nimmt, die darin enthaltenen Angaben auf Vollständigkeit und Richtigkeit zu prüfen. Dabei kommt es nicht darauf an, dass der Ausdruck der komprimierten Steuererklärung auf die Verwendung des Programms "Elster" zurückzuführen ist.

BFH 16.5.2013, III R 12/12
Der Sachverhalt:
Der Kläger hatte mit seiner Lebensgefährtin und dem gemeinsamen Kind zunächst in einem Haushalt gelebt. Wegen des Zusammenlebens mit der Kindsmutter stand ihm der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende nach § 24b EStG von 1.308 € nicht zu, so dass in seinen Einkommensteuererklärungen keine entsprechenden Angaben zu machen waren. Nach der Trennung von der Lebensgefährtin hatte er erstmals einen Anspruch auf den Entlastungsbetrag.

Der vom Kläger beauftragte Steuerberater fertigte - wie schon in den Vorjahren - die Steuerklärung für das Streitjahr 2007 anhand der Angaben des Klägers an, ohne allerdings Kenntnis von der Trennung zu haben. Er legte dem Kläger eine mit Hilfe des Programms "Elster" erstellte komprimierte Einkommensteuerklärung zur Prüfung, Unterzeichnung und Weiterleitung an das Finanzamt vor. Diese enthielt keine Rubriken und damit auch keine Eintragungen zum Entlastungsbetrag für Alleinerziehende, wie sie im amtlichen Vordruck in der "Anlage Kind" vorgesehen sind. Das Finanzamt erließ einen entsprechenden Einkommensteuerbescheid.

Der Steuerberater erlangte erst nachträglich Kenntnis von der Trennung. Er beantragte für seinen Mandanten sofort die Änderung des Einkommensteuerbescheids nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO und die Berücksichtigung des Entlastungsbetrags. Das Finanzamt lehnte den Antrag jedoch ab.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Es war der Ansicht, den Kläger treffe insbesondere kein grobes Verschulden an dem nachträglichen Bekanntwerden der Tatsache der Trennung des Klägers von der Mutter seines Kindes. Auf die Revision des Finanzamtes hob der BFH das Urteil auf und wies die Klage ab.

Die Gründe:
Das FG war zu Unrecht der Ansicht, der bestandskräftige Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr könne nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO zugunsten des Klägers geändert werden.

Nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Ein grobes Verschulden des Steuerberaters war im vorliegenden Fall allerdings zu bejahen. Denn indem dieser dem steuerlich unerfahrenen Kläger lediglich eine komprimierte Einkommensteuererklärung zur Prüfung überlassen hatte, ohne den maßgebenden Sachverhalt zu ermitteln, handelte er grob fahrlässig. Der Steuerberater hatte dadurch dem Kläger die Möglichkeit genommen, davon Kenntnis zu nehmen, dass - wie aus den Zeilen 35 ff. der "Anlage Kind" des amtlichen Vordrucks ersichtlich - ein Entlastungsbetrag für Alleinerziehende gewährt werden kann und dass insoweit weitere Angaben erforderlich sind.

Durch sein Handeln übernahm der steuerliche Berater die Verantwortung, dass die in der von ihm erstellten komprimierten Steuererklärung aufgeführten Angaben auch vollständig waren. Würde man ein grobes Verschulden des steuerlichen Beraters in diesen Fällen verneinen, käme es zu einer Besserstellung des vertretenen Steuerpflichtigen gegenüber dem nicht vertretenen, da dem Steuerpflichtigen selbst - insbesondere mangels Erkennbarkeit der Unvollständigkeit der in der komprimierten Steuererklärung enthaltenen Angaben - ein grobes Verschulden nicht vorgeworfen werden kann.

Es kam auch nicht darauf an, dass der Ausdruck der komprimierten Steuererklärung auf die Verwendung des Programms "Elster" zurückzuführen war. Denn insoweit hat der steuerliche Berater selbst sicherzustellen, dass er dem Steuerpflichtigen, von dessen Belehrungsbedürftigkeit er grundsätzlich auszugehen hat, die Möglichkeit belässt, die Angaben in der von ihm gefertigten Steuererklärung auf Vollständigkeit und Richtigkeit prüfen zu können, wenn sich der Berater entscheidet, den für die Abgabe einer vollständigen Steuererklärung maßgebenden Sachverhalt nicht vor Erstellung der Steuererklärung - ggf. durch ausdrückliche Nachfrage beim Steuerpflichtigen - vollständig zu ermitteln.

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BFH PM Nr. 48 vom 7.8.2013
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