10.11.2014

Großbäckerei steht keine Steuerbegünstigung für rechtlich selbständige Filialen zu

Bei Agenturpartnern einer Großbäckerei, die für diese als selbständige Handelsvertreter in Form von Filialen tätig sind, handelt es sich um Unternehmen i.S.d. § 2 Nr. 4 StromStG, denen die Stromentnahme auch zuzurechnen ist und somit die Steuerentlastung zusteht. Unerheblich ist, ob sich die als Agenturverträge bezeichneten vertraglichen Vereinbarungen rechtlich als reine Pachtverträge qualifizieren lassen.

BFH 21.8.2014, VII R 11/13
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine Großbäckerei, die ihre Produkte über ein Netz von Filialen vertreibt, die sie mit Teigrohlingen beliefert, die dort für den Verkauf an die Endkunden fertig gebacken werden. Der Vertrieb in den Filialen erfolgt auf der Grundlage von Agenturverträgen durch Handelsvertreter. Das Ergebnis einer Außenprüfung für das Jahr 2007, nach dem die Stromentnahmen nicht der Klägerin, sondern den jeweils von selbständigen Handelsvertretern betriebenen Filialen zuzurechnen seien, nahm das Hauptzollamt zum Anlass, die der Klägerin rückwirkend zum 1.4.1999 erteilte Erlaubnis nach § 9 Abs. 4 StromStG a.F., die sich auch auf sämtliche Filialen erstreckte, mit Wirkung zum 1.10.2010 hinsichtlich der Entnahme von Strom durch die Filialen zu widerrufen.

Die Klägerin hielt dagegen, dass eine zutreffende Auslegung des § 2 Nr. 4 StromStG in zwei Stufen erfolgen müssen. In einem ersten Schritt seien die möglichen Zurechnungssubjekte als rechtlich selbständige Einheiten zu identifizieren, um dann in einem zweiten Schritt im Rahmen einer wertenden Gesamtbetrachtung die Stromentnahme zuzurechnen. Auf der zweiten Stufe verbiete sich aber eine rein formale Betrachtungsweise.

Das FG wies die gegen den Widerruf gerichtete Klage ab. Auch die Revision der Klägerin vor dem BFH blieb erfolglos.

Gründe:
Der Klägerin steht in Bezug auf den in den Filialen verwendeten Strom keine Begünstigung zu, weil dieser von ihr nicht zu eigenbetrieblichen Zwecken entnommen wurde. Somit hatte das Hauptzollamt die gem. § 9 Abs. 4 StromStG der Klägerin für die Filialen erteilte Erlaubnis zu Recht widerrufen.

Stromsteuerrechtlich begünstigt ist nach § 2 Nr. 4 StromStG die jeweils kleinste rechtlich selbstständige Einheit und nicht ein Unternehmensverbund. Dabei werden nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes Unternehmen als solche und nicht bestimmte Vorgänge begünstigt, bei denen Strom verbraucht wird. Eine Erlaubnis nach § 9 Abs. 4 StromStG wird personenbezogen natürlichen oder juristischen Personen erteilt. Der Unternehmensbegriff entspricht den Vorgaben des Statistischen Bundesamtes für dessen Erhebungen zum Produzierenden Gewerbe. Entscheidend für die stromsteuerrechtliche Einstufung einer Betriebseinrichtung als begünstigtes Unternehmen ist somit eine rechtlich selbständige Wahrnehmung von Aufgaben, die mit der betriebsbedingten Verwendung von Strom einhergeht.

Dies ist bei der Tätigkeit von Kommissionären, die es gem. § 383 Abs. 1 HGB gewerbsmäßig übernommen haben, in vom Kommittenten zur Verfügung gestellten Filialen bestimmte Produkte für Rechnung des Kommittenten in eigenem Namen zu verkaufen, der Fall. Auch für den Fall der Verpachtung von Verkaufsstellen an Personen, die keine Angestellten des Unternehmens sind, sondern auf Provisionsbasis im Rahmen einer selbstständigen und eigenverantwortlichen Handelsvertretertätigkeit u.a. Produkte des Unternehmens veräußern sowie Eigengeschäfte ausführen, hat der Senat entschieden, dass der verpachtete Geschäftsbetrieb und nicht etwa der Verpächter als steuerbegünstigtes Unternehmen i.S. des § 2 Nr. 4 StromStG anzusehen ist. Eine Steuerentlastung jedoch nicht in den Fällen nicht in Betracht, in denen ein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes auf dem eigenen Betriebsgelände einem anderen Unternehmen Strom zur Verfügung stellt, damit Mitarbeiter dieses Unternehmens im Rahmen eines Werkvertrags einen Teil der Produktion übernehmen.

Infolgedessen handelte es sich bei den hier vorliegenden Agenturpartnern, die für die Klägerin als selbständige Handelsvertreter tätig sind, um Unternehmen i.S.d. § 2 Nr. 4 StromStG, denen die Stromentnahme auch zuzurechnen ist. Schließlich hat die Klägerin ihnen die von ihr eingerichteten Filialen gegen Zahlung einer umsatzabhängigen Vergütung zum eigenverantwortlichen Betrieb überlassen. Unerheblich war, ob sich die als Agenturverträge bezeichneten vertraglichen Vereinbarungen rechtlich als reine Pachtverträge qualifizieren lassen. Entscheidend für die stromsteuerrechtliche Beurteilung des Streitfalls ist vielmehr die rechtliche Selbständigkeit der Agenturpartner i.S.d. § 2 Nr. 4 StromStG und der Umstand, dass der Strom von den Betreibern der Filialen zur Ausführung der vertraglich geschuldeten Tätigkeiten entnommen wird.

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