01.06.2023

Hausreinigung und die Folgen für die erweiterte Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG; Betreuung von Wohnungsbauten

1. Die Reinigung von Gemeinschaftsflächen und Zuwegen zu den bei der Verwaltung eigenen Grundbesitzes genutzten Räumlichkeiten kann unabhängig davon, wem das Gebäude gehört und ob es sich um ein reines Wohngebäude oder um eine Gewerbeimmobilie handelt, unmittelbar zur Verwaltung des eigenen Grundbesitzes i.S. des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG gehören. Erhält der Mieter (Nutzer) ein Entgelt für die Reinigungsleistungen, sind diese jedoch regelmäßig nicht mehr der Verwaltung des eigenen Grundbesitzes zuzuordnen.
2. Betreuung von Wohnungsbauten i.S. des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ist sowohl die Baubetreuung als auch die Bewirtschaftungsbetreuung des bereits fertiggestellten Gebäudes im Sinne der Verwaltung der Immobilie und der praktischen Objektbetreuung vor Ort. Letztere setzt voraus, dass sich der Betreuer um das Gesamtobjekt kümmert und in Abwesenheit der Eigentümer und eines Vertreters der Verwaltung die Hauptverantwortung für das Objekt trägt und als Hauptansprechpartner dient.

Kurzbesprechung
BFH v. 16.2.2023 - III R 49/20

GewStG § 9 Nr. 1, § 9 Nr. 1 S 2

Streitig war die Anwendung der erweiterten Kürzung des Gewerbeertrags der Steuerpflichtigen gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG im Streitjahr 2012.

Die Steuerpflichtige, eine GmbH, kaufte und verkaufte Grundbesitz, bebaute Grundstücke für eigene und fremde Rechnung und war Eigentümerin von fremdvermieteten Wohnimmobilien, die von einer anderen GmbH verwaltet wurden. Ihren Sitz hatte sie im Streitzeitraum im Obergeschoss eines im Eigentum ihrer Gesellschafter-Geschäftsführer (Gesellschafter) stehenden Gebäudes mit vier Wohnungen. Die beiden Wohnungen im Erdgeschoss waren fremdvermietet, die Wohnungen im Obergeschoss nutzten die Gesellschafter ‑ ein Ehepaar ‑ zu Wohn- und Geschäftsführungszwecken.

Zwischen der Steuerpflichtigen und den Gesellschaftern gab es keine schriftliche Vereinbarung zur Raumnutzung; die Steuerpflichtige zahlte die auf sie entfallenden Kosten.

In der Gewerbesteuererklärung für 2012 beantragte sie die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG. Das FA gewährte dagegen nur die einfache Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG. Das FG wies die hiergegen eingelegte Klage ab, im Revisionsverfahren bestätigte der BFH die Vorentscheidung.

Die von § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG geforderte ausschließliche Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes bedeutet, dass grundsätzlich nur die begünstigte Tätigkeit ausgeübt werden darf und es sich ausnahmslos um eigenen Grundbesitz handeln muss. Nebentätigkeiten liegen aber dann noch innerhalb des von dem Ausschließlichkeitsgebot gezogenen Rahmens und sind ausnahmsweise begünstigungsunschädlich, wenn sie der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes im engeren Sinn dienen und als zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung angesehen werden können. Die neben der Vermögensverwaltung des Grundbesitzes erlaubten und somit gleichfalls nicht begünstigungsschädlichen, selbst jedoch nicht begünstigten Tätigkeiten sind in § 9 Nr. 1 Sätze 2 und 3 GewStG abschließend aufgezählt.

Von den neben der Vermögensverwaltung des Grundbesitzes erlaubten Tätigkeiten gemäß § 9 Nr. 1 Sätze 2 und 3 GewStG kommt im Hinblick auf die entgeltlichen Reinigungsleistungen der Steuerpflichtigen allenfalls die Betreuung von Wohnungsbauten in Betracht. Unter Betreuung eines Gebäudes versteht man sowohl die Baubetreuung als auch die Bewirtschaftungsbetreuung des bereits fertiggestellten Gebäudes.

Baubetreuung und Bewirtschaftungsbetreuung werden typischerweise originär gewerblich und mit Gewinnerzielungsabsicht durchgeführt; dies ist für die erweiterte Kürzung des Gewinns aus der Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes unschädlich, sofern der Gewinn aus der Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes gemäß § 9 Nr. 1 Satz 4 GewStG gesondert ermittelt wird.

Die Bewirtschaftungsbetreuung umfasst die Verwaltung der Immobilie und die praktische Betreuung des Gesamtobjekts vor Ort. Beide Arten der Betreuung sind ‑ wenn die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind ‑ gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG erlaubt und somit für die erweiterte Kürzung unschädlich, auch wenn sie nicht in einer Hand liegen.

Allerdings erfüllt nicht jede Tätigkeit vor Ort an oder in der Immobilie den Begriff der Bewirtschaftungsbetreuung i.S. des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG. Eine Immobilie im Sinne dieser Vorschrift betreut nur, wer sie verwaltet oder wer die Hauptverantwortung vor Ort in dem Sinne trägt, dass er sich um das Gesamtobjekt kümmert und in Abwesenheit der Eigentümer und eines Vertreters der Verwaltung die Hauptverantwortung für das Objekt trägt und als Hauptansprechpartner dient.

Die (im Streitfall in Rede stehende) Reinigung der Gemeinschaftsflächen gehört nicht zur Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes. Denn die Steuerpflichtige hatte die Reinigung des Treppenhauses und des Hauseingangspodestes gegen Entgelt übernommen. Zwar kann die Verwaltung eigenen Grundbesitzes auch aus fremden (gemieteten) Räumen heraus erfolgen. Unter Umständen kann dann auch die (anteilige) Reinigung der Gemeinschaftsflächen in dieser fremden Immobilie der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes zuzurechnen sein, insbesondere, wenn die Mieter zu einer ihrem Nutzungsanteil entsprechenden, alternierenden Reinigung aufgrund des Mietvertrags verpflichtet sind oder soweit konkrete, von ihnen oder ihren Geschäftspartnern hervorgerufene Verschmutzungen zu beseitigen sind. Für eine solche Reinigung der Gemeinschaftsflächen aufgrund einer Reinigungspflicht des Mieters oder Nutzers schulden Eigentümer und Vermieter jedoch kein Entgelt.

Angesichts des eindeutigen Wortlauts der Vorschrift des § 9 Nr. 1 Sätze 2 und 3 GewStG und des daraus von der Rechtsprechung abgeleiteten sog. Ausschließlichkeitsgebots kommt es nicht entscheidend darauf an, ob die schädliche Nebentätigkeit ‑ im Streitfall das nicht unter einen Tatbestand der unschädlichen oder erlaubten Nebentätigkeit fallende entgeltliche Reinigen einer fremden Immobilie ‑ mit oder ohne Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt wird. Außerdem Vom sind vom Ausschließlichkeitsgebot auch in Bagatellfällen keine Ausnahmen wegen Geringfügigkeit oder aus Gründen der Verhältnismäßigkeit (Art. 20 Abs. 3 GG) geboten.
Verlag Dr. Otto Schmidt
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