01.09.2022

Inländische Anschlusstransporte bei einem Schifffahrtsunternehmen

Einkünfte aus der Beteiligung eines Schifffahrtsunternehmens an einer inländischen Mitunternehmerschaft, die nationale Anschlusstransporte insbesondere per Bahn organisiert und abwickelt, sind nach dem Schifffahrts-DBA mit der Sonderverwaltungsregion Hongkong nicht von der inländischen Besteuerung freigestellt.

Kurzbesprechung
BFH v. 13. 4. 2022 - I R 1/19

AO § 12 S 2 Nr. 2
KStG § 2 Nr. 1
EStG § 15 Abs 1 S 1 Nr. 2, § 49 Abs 1 Nr. 2 Buchst a
DBA HKG-S Art 3 Abs 1, Art 3 Abs 4, Art 3 Abs 5
OECDMustAbk Art 8
OECD-MA Art 8


Die Steuerpflichtige, eine Kapitalgesellschaft nach dem Recht der Sonderverwaltungsregion Hongkong der Volksrepublik China, betreibt eine Reederei. Für ihre Kunden erbringt sie regelmäßig ein Gesamtleistungspaket, das aus dem Container-Seetransport und dem sich daran anschließenden Anschlusstransport zum Empfänger des Containers besteht. Im Streitjahr 2011 unterhielt sie eine im Handelsregister eingetragene Zweigniederlassung im Inland.

Die Steuerpflichtige beteiligte sich im Streitjahr als Kommanditistin an einer im Inland ansässigen GmbH & Co. KG. Die Höhe der Beteiligung lag unter 1 %. Eine Vielzahl weiterer Kommanditisten hielt Beteiligungen in ähnlicher Höhe. Sie machte hierbei geltend, dass die ihr zuzurechnenden Einkünfte aus der Beteiligung an der Beigeladenen 0 € betrügen. Zur Begründung berief sie sich auf Art. 3 des DBA-Hongkong, wonach Gewinne eines Unternehmens einer Vertragspartei (hier: Sonderverwaltungsregion Hongkong) aus dem Betrieb von Seeschiffen im internationalen Verkehr nur im Gebiet dieser Vertragspartei (hier: Sonderverwaltungsregion Hongkong) besteuert werden können. Der ‑‑häufig per Bahn durchgeführte‑‑ inländische Anschlusstransport sei Teil dieses internationalen Seetransports.

Das FA und nachfolgend auch das FG folgten dieser Rechtsauffassung nicht. Dies bestätigte auch der BFH im Revisionsverfahren.

Die Steuerpflichtige hat aus ihrer mitunternehmerischen Beteiligung an der gewerblich tätigen GmbH & Co KG einen Gewinnanteil i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbsatz 1 EStG bezogen. Dieser unterliegt bei der gemäß § 2 Nr. 1 KStG beschränkt körperschaftsteuerpflichtigen Steuerpflichtigen der Besteuerung, weil für den Gewerbebetrieb der GmbH & Co KG unter deren Geschäftsadresse im Inland eine Betriebsstätte unterhalten wurde (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG). Denn dort befand sich das Büro, das Personal und die Geschäftsleitung.

Die Betriebsstätte der GmbH & Co KG wird der Steuerpflichtigen als Mitunternehmerin des Gewerbebetriebs als eigene zugerechnet. Auf der Grundlage des nationalen Rechts hatte das FA daher die der beschränkten Körperschaftsteuerpflicht unterliegenden gewerblichen Einkünfte der Steuerpflichtigen zutreffend in die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO einbezogen, weil an den Einkünften der Beigeladenen noch weitere Personen beteiligt waren.

Das FA hatte im angegriffenen Bescheid im Ergebnis nur eine Regelung für den der Steuerpflichtigen als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zuzurechnenden Gewinnanteil i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbsatz 1 EStG getroffen und deren sachliche Körperschaftsteuerpflicht bejaht, weil abkommensrechtliche Regelungen dem seines Erachtens nicht entgegenstehen. Das FA hatte dagegen keine Regelung zu der Frage getroffen, ob der von der Steuerpflichtigen unter der Geschäftsadresse im Inland unterhaltenen Zweigniederlassung (einer Betriebsstätte i.S. des § 12 Satz 2 Nr. 2 AO) ein Teil des von ihr weltweit erzielten Gewinns aus Gewerbebetrieb mit der Folge zuzurechnen ist, dass dieser "Gewinn-Anteil", bei dem es sich nicht um einen solchen gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbsatz 1 EStG handelt, der beschränkten Körperschaftsteuerpflicht gemäß § 2 Nr. 1 KStG i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG wegen der bestehenden inländischen Zweigniederlassungs-Betriebsstätte unterliegt. Einen solchen inländischen Besteuerungsanspruch, der nicht in einer gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, sondern unmittelbar in einem Körperschaftsteuerbescheid zu erfassen wäre, hatte das FA im Streitfall nicht geltend gemacht.

Die Anwendung des § 49 Abs. 3 EStG scheiterte im Streitfall an dessen Satz 3. Die von der Norm vorgesehene pauschalierte Ermittlung der Einkünfte der Schifffahrtsunternehmen aus bestimmten Beförderungsleistungen gilt nach Satz 3 nicht, soweit das deutsche Besteuerungsrecht nach einem DBA ohne Begrenzung des Steuersatzes aufrechterhalten bleibt.

Aus dem DBA-Hongkong ergibt sich keine Steuerbefreiung für die im Feststellungsbescheid erfassten Einkünfte der Steuerpflichtigen, da sie nicht in den sachlichen Anwendungsbereich des Art. 3 DBA-Hongkong fallen. Die streitgegenständlichen Einkünfte unterfallen Art. 3 Abs. 1 und 5 DBA-Hongkong nicht, da sie nicht solche sind, die aus dem Betrieb von Seeschiffen im internationalen Verkehr resultieren.

Eine Steuerbefreiung ergibt sich auch nicht aus Art. 3 Abs. 4 DBA-Hongkong. Nach dieser Vorschrift gilt Absatz 1 auch für Gewinne aus der Beteiligung an einem Pool, einer Betriebsgemeinschaft oder einer internationalen Betriebsstelle. Die Vorinstanz hatte die Anwendbarkeit des Art. 3 Abs. 4 DBA-Hongkong im Streitfall zu Recht mit der Begründung verneint, auch insoweit sei es erforderlich, dass durch den Pool oder einen anderen Zusammenschluss Seeschifffahrt betrieben werde und hierzu auch der Inlandstransport zu zählen wäre.
Verlag Dr. Otto Schmidt
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