25.10.2012

Kein Schadensersatz wegen Ablehnung eines Vertragsangebots durch Kreditinstitut

Wirbt ein Kreditinstitut mit der Möglichkeit der Inanspruchnahme persönlicher Beratung und dem kostenlosen Angebot durch ihre Experten, so kommt damit weder ein Beratungsvertrag noch ein vorvertragliches Schuldverhältnis zustande. Beim Kunden kann insoweit auch kein schutzwürdiges Vertrauen in das Zustandekommen eines solchen Beratungsvertrags geweckt werden.

OLG Frankfurt a.M. 20.9.2012, 3 U 231/11
Der Sachverhalt:
Der Kläger verlangt von der beklagten Bank Schadensersatz wegen vorvertraglicher Pflichtverletzungen aus eigenem sowie aus abgetretenem Recht seiner Ehefrau und Prozessbevollmächtigten. Die Beklagte hatte mit Werbeschriften dazu aufgefordert, im Hinblick auf steigende Bauzinsen zu handeln und eine persönliche Beratung durch einen Mitarbeiter der Beklagten in Anspruch zu nehmen.

Die insoweit maßgeblichen Passagen, mit denen die Beklagte in mehreren Werbeaktionen die Aufmerksamkeit auch des Klägers und seiner Ehefrau erregt und deren Handlungsbereitschaft in Bezug auf den Abschluss einer Anschlussfinanzierung gefördert hat, lauten u.a.:

"Bauzinsen steigen." - "Handeln Sie rechtzeitig"

"Persönliche Beratung. Ob Anschlussfinanzierung oder Forwarddarlehen. Wir lassen Sie nicht allein. Gemeinsam entwickeln wir eine Finanzierungslösung, die zu Ihnen passt. Unsere Experten machen Ihnen ein kostenloses Angebot und begleiten Sie mit Rat und Tat."

"Als Direktbank ist es für uns selbstverständlich, die uns vorliegenden Unterlagen sowohl im Interesse unserer Kunden als auch des Unternehmens sorgfältig zu prüfen."

Zu einem Beratungsgespräch zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau sowei einem Mitarbeiter der Beklagten kam es nicht. Die Konditionen eines möglichen Darlehensvertrags wurden erstmals in einem Finanzierungsvorschlag der Beklagten vom 9.7.2007 bezeichnet. Diesem Vorschlag waren Darlehensunterlagen beigefügt, die seitens der Eheleute noch zu vervollständigen waren. Mit Schreiben vom 24.7.2007 lehnte die Beklagte den Darlehensantrag der Eheleute ab.

Das LG wies die Klage ab. Die Berufung des Klägers hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Die Revision zum BGH wurde nicht zugelassen.

Die Gründe:
Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch beruht nicht auf einer Verletzung von Beratungspflichten aus einem konkludent geschlossenen Beratungsvertrag (§ 280 Abs. 1 BGB).

Weder die Aufforderung zu rechtzeitigem Handeln noch dazu, hinsichtlich einer möglichen Anschlussfinanzierung bzw. der Gewährung eines Forwarddarlehens eine persönliche Beratung im Hause der Beklagten in Anspruch zu nehmen, stellten einen Vertragsantrag der Beklagten dar, an den diese gem. § 145 BGB gebunden wäre. Mit vorgenannten Aussagen offerierte die Beklagte den angesprochenen Kunden bzw. den angesprochenen potenziellen Kunden nur unverbindlich ihre Bereitschaft zu einer persönlichen Beratung.

Das Zustandekommen eines Beratungsvertrags war jedenfalls davon abhängig, dass der Kläger und/oder seine Ehefrau an eine Mitarbeiterin der Beklagten zum Zwecke der Finanzierungsberatung herantraten und tatsächlich eine persönliche Beratung in Anspruch nahmen. Diese war jedoch nicht der Fall. Ohnehin hätte eine Beratungsleistung der Beklagten allein dazu gedient, den Eheleuten den gewünschten Kenntnisstand zu vermitteln. Eine Verpflichtung der Beklagten, mit den Eheleuten einen Darlehensvertrag abzuschließen, wäre durch einen Beratungsvertrag jedenfalls nicht entstanden.

Die Werbeaussagen der Beklagten waren nicht geeignet, die Vertragsbegründungsfreiheit einzuschränken. Ein allgemeiner gesetzlicher Kontrahierungszwang zum Abschluss von Darlehensverträgen besteht auch für Kreditinstitute nicht. Zwar kommt im Rahmen eines Vorvertrags auch die Begründung eines Abschlusszwangs auf vertraglicher Grundlage in Betracht. Ein Vorvertrag ist aber nur dann gültig, wenn der Inhalt des künftigen Vertrages, welcher auf Grund desselben geschlossen werden soll, hinsichtlich der "essentialia negotii" zur Genüge bestimmt ist. Daran fehlte es jedoch bei den Werbeaussagen der Beklagten, die die Konditionen eines möglichen Darlehensvertrags vollständig unbenannt und damit offen ließen.

Solche Konditionen wurden erstmals in dem Finanzierungsvorschlag der Beklagten vom 9.7.2007 bezeichnet. Dieser Finanzierungsvorschlag stellte aber noch keinen rechtsverbindlichen Darlehensvertragsantrag der Beklagten dar. Ihm fehlte weiterhin der Rechtsbindungswille der Beklagten. Angesichts der beigefügten Darlehensunterlagen, die seitens der Eheleute noch zu vervollständigen waren, hat die Beklagte deutlich gemacht, dass sie sich den Vertragsschluss über eine Baufinanzierung bis zur Prüfung weiterer Angaben, etwa der Bonitätsprüfung, vorbehalten wollte. Eine rechtsverbindliche Willenserklärung ist danach auf Seiten der Beklagten erst in dem Schreiben vom 24. 7.2007 zu sehen, mit dem die Beklagte den Darlehensantrag der Eheleute abgelehnt und damit von ihrer Abschlussfreiheit Gebrauch gemacht hat.

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