14.03.2012

Kein vorläufiger Rechtsschutz gegen Kernbrennstoffsteuer

Ein mit ernstlichen Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit einer der angefochtenen Steuerfestsetzung zugrunde liegenden Gesetzesvorschrift begründeter Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz ist abzulehnen, wenn nach den Umständen des Einzelfalles dem Interesse des Antragstellers an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes kein Vorrang vor dem öffentlichen Interesse am Vollzug des Gesetzes zukommt. Einer Prüfung der Verfassungsmäßigkeit bedarf es in diesen Fällen grundsätzlich nicht.

BFH 9.3.2012, VII B 171/11
Der Sachverhalt:
Die Antragstellerin betreibt ein Kernkraftwerk. Ab Juni 2011 sollte sie Steuern nach § 5 Abs. 1 KernbrStG zahlen, was sie zunächst auch tat. Später erhob die Antragstellerin jedoch Sprungklage und beantragte Aufhebung der Vollziehung. Das Hauptzollamt stimmte der Sprungklage nicht zu, sondern erließ stattdessen eine Einspruchsentscheidung.

Das FG hob daraufhin die Vollziehung der Steueranmeldung ohne Sicherheitsleistung auf. Es hatte ernstliche Zweifel an der Gesetzgebungskompetenz des Bundes für den Erlass des KernbrStG. Die bereits gezahlte Kernbrennstoffsteuer musste erstattet werden.

Auf die Beschwerde des Hauptzollamtes hob der BFH die Entscheidung auf und lehnte den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ab.

Die Gründe:
Das FG hatte zu Unrecht die Aufhebung der Vollziehung der angefochtenen Steueranmeldung angeordnet.

In der praktischen Auswirkung käme die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes einem einstweiligen Außerkraftsetzen des KernbrStG gleich. Wendet der Steuerpflichtige gegen die Steuerfestsetzung ein, das zugrunde liegende Gesetz sei verfassungswidrig, so kann vorläufiger Rechtsschutz nur gewährt werden, wenn bei der gebotenen Abwägung das Interesse des Steuerpflichtigen, bis zur Klärung der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes von der Steuerzahlung verschont zu bleiben, schwerer wiegt als die für die vorläufige Vollziehung sprechenden öffentlichen Belange. Ob das Gesetz verfassungswidrig ist, kann bei einem formell ordnungsgemäß zustande gekommenen Gesetz im Eilverfahren allerdings nicht geklärt werden, denn die sog. Verwerfungskompetenz steht ausschließlich dem BVerfG zu.

Das KernbrStG war - ungeachtet des Streits um die Gesetzgebungskompetenz - formell ordnungsgemäß zustande gekommen. Zwar können die durch die steuerliche Absetzbarkeit der Kernbrennstoffsteuer als Betriebsausgaben zu erwartenden Mindereinnahmen im Bereich der Körperschaft- und Gewerbesteuern nicht völlig außer Acht gelassen werden, jedoch erreichen sie nicht ein solches Ausmaß, dass die verbleibenden Mehreinnahmen ein überwiegendes öffentliches Interesse des Bundes an einer geordneten Haushaltsführung nicht mehr begründen können. Infolgedessen war dem Geltungsanspruch des formell ordnungsgemäß zustande gekommenen Gesetzes der Vorrang vor den Interessen des Kernkraftwerksbetreibers einzuräumen.

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BFH PM Nr. 16 vom 14.3.2012
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