03.11.2011

Kein Vorsteuerabzug aus Rechnungen eines "Hochpreisers"

Beim Einsatz eines sog. "Hochpreisers" als vermeintlichem Zwischenhändler steht dem Erwerber eines Nutzfahrzeugs mangels Identität von Rechnungsaussteller und tatsächlich leistendem Unternehmer kein Vorsteuerabzug aus der ihm von dem "Hochpreiser" erteilten Rechnung zu. Die rein rechnungsmäßige Einschaltung des "Hochpreisers" in die Lieferkette stellt ein zivil- und umsatzsteuerrechtlich unbeachtliches Scheingeschäft i.S.v. § 41 Abs. 2 AO dar.

FG Düsseldorf 21.5.2011, 1 K 1156/07 U
Der Sachverhalt:
Der Kläger betrieb in den Streitjahren 2003 und 2004 einen Handel mit gebrauchten Nutzfahrzeugen. In seinen Umsatzsteuererklärungen 2003 und 2004 machte er in Rechnungen der Firmen A-GmbH, NN-Nutzfahrzeuge (Inhaber A) und B-GmbH über Fahrzeug- und Ersatzteillieferungen ausgewiesene Umsatzsteuerbeträge i.H.v. insgesamt rd. 344.000 € (2003) und 267.000 € (2004) als Vorsteuer geltend. Mit geänderten Umsatzsteuerbescheiden 2003 und 2004 versagte das Finanzamt den Vorsteuerabzug aus den genannten Rechnungen.

Dabei stützte es sich u.a. auf die Aussage des Geschäftsführers der A-GmbH - B - gegenüber dem Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung, wonach die A-GmbH tatsächlich keine Fahrzeuge an den Kläger geliefert habe. Vielmehr habe er - B - die Rechnungen auf Verlangen des C, eines Sohnes des Klägers, nach dessen Vorgaben geschrieben. Darüber hinaus habe er von C an die A-GmbH adressierte Rechnungen der tatsächlichen Verkäufer erhalten, die erheblich niedrigere Kaufpreise ausgewiesen hätten. Außerdem habe er von C jeweils Schecks über die in den Rechnungen der A-GmbH ausgewiesenen Bruttorechnungsbeträge erhalten und diese auf dem Konto der A-GmbH eingelöst.

Im Gegenzug habe er C jeweils Schecks über die in den Rechnungen der tatsächlichen Verkäufer an die A-GmbH ausgewiesenen Bruttorechnungsbeträge übergeben. Die Differenz der jeweiligen Nettorechnungsbeträge habe er - abzüglich seiner Provision von 11 Prozent dieser Differenzbeträge - in bar an C ausbezahlt. B und A wurden aufgrund ihrer Geständnisse, als sog. "Hochpreiser" tätig geworden zu sein, wegen Steuerhinterziehung verurteilt.

Das FG wies die auf Gewährung des Vorsteuerabzugs gerichtete Klage ab.

Die Gründe:
Das Finanzamt hat den noch streitigen Vorsteuerabzug i.H.v. rd. 248.000 € (2003) und rd. 118.000 € (2004) aus den Rechnungen der Firmen A-GmbH, NN-Nutzfahrzeuge und B-GmbH zu Recht versagt.

Nach den Feststellungen der Urteile in den Strafsachen u.a. gegen B und A waren die betreffenden Firmen als sog. "Hochpreiser" in ein bundesweit praktiziertes Steuerhinterziehungssystem im Handel mit gebrauchten Nutzfahrzeugen eingebunden. Solche "Hochpreiser" werden zum Schein als vermeintliche Zwischenhändler in den Verkauf von gebrauchten NN-Nutzfahrzeugen eingeschaltet, wenn der tatsächliche Veräußerer und der tatsächliche Erwerber übereingekommen sind, dass ein Teil des zwischen ihnen vereinbarten Kaufpreises "schwarz" zu zahlen ist, um dem Veräußerer eine entsprechende Steuerverkürzung zu ermöglichen.

Aufgabe derartiger "Hochpreiser" ist es, als vermeintliche Zwischenhändler zu fungieren und einerseits dem Veräußerer eine Ausgangsrechnung mit dem um die Schwarzgeldzahlung geminderten Verkaufspreis und andererseits dem tatsächlichen Erwerber eine Eingangsrechnung mit dem tatsächlich erheblich höheren Einkaufspreis zu verschaffen. Bei einer derartigen Sachlage steht dem Erwerber des Nutzfahrzeugs mangels Identität von Rechnungsaussteller und tatsächlich leistendem Unternehmer kein Vorsteuerabzug aus der ihm von dem "Hochpreiser" erteilten Rechnung zu. Die rein rechnungsmäßige Einschaltung des "Hochpreisers" in die Lieferkette stellt ein zivil- und umsatzsteuerrechtlich unbeachtliches Scheingeschäft i.S.v. § 41 Abs. 2 AO dar.

Insbes. unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der "Hochpreiser" typischerweise erst in das Geschäft eingebunden wird, nachdem sich der tatsächliche Veräußerer und der tatsächliche Erwerber sowohl über den Kaufgegenstand, den Kaufpreis und den "schwarz" zu zahlenden Kaufpreisanteil einig geworden sind, muss davon ausgegangen werden, dass die drei an der betreffenden Gestaltung beteiligten Personen zumindest stillschweigend darüber einig waren, dass kaufvertragliche Rechtswirkungen des Geschäfts - abweichend von der rechnungsmäßigen Darstellung - nur und unmittelbar zwischen dem tatsächlichen Veräußerer und dem tatsächlichen Erwerber eintreten sollten.

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FG Düsseldorf NL vom 3.11.2011
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