18.08.2014

Kein Vorteilsausgleich bei Steuermehreinnahmen durch Mehrbelastung aufgrund von Steuererhöhungen

Durch die auf dem Grundsatz von Treu und Glauben beruhende Vorteilsausgleichung soll ein gerechter Ausgleich zwischen den bei einem Schadensfall widerstreitenden Interessen herbeigeführt werden. In Fällen, in denen Bundesländer gegen Werkunternehmer Schadensersatzansprüche aus Verzug haben, weil sie eine aufgrund einer zwischenzeitlichen Erhöhung der Umsatzsteuer eingetretene Mehrbelastung nach der vertraglichen Vereinbarung zu tragen haben, stellen die damit verbundenen Steuermehreinnahmen keinen im Weg des Vorteilsausgleichs anzurechnenden Vermögensvorteil dar.

BGH 10.7.2014, VII ZR 67/13
Der Sachverhalt:
Das beklagte Land hatte den Kläger im Mai 2006 mit Arbeiten für eine provisorische Verbreiterung einer Bundesautobahn beauftragt. Als Fertigstellungstermin war der 22.12.2006 vereinbart worden. Der Kläger beendete die Arbeiten allerdings erst am 16.2.2007. Die Beklagte nahm die Leistungen eine Woche später ab. Der Kläger rechnete seine Leistungen anschließend insgesamt mit dem ab dem 1.1.2007 geltenden erhöhten Umsatzsteuersatz von 19 % ab. Die Beklagte war hingegen der Ansicht, dass ihr wegen der Nichteinhaltung des vereinbarten Fertigstellungstermins ein Schadensersatzanspruch i.H.v. 14.727 € zustehe, der sich aus der Erhöhung der Umsatzsteuer zum 1.1.2007 von 16 % auf 19 % ergebe. In diesem Umfang nahm sie gegenüber der Schlussrechnung des Klägers einen Abzug vor.

Das LG wies die hiergegen bzw. auf restlichen Werklohn gerichtete Klage ab; das OLG erkannte dem Kläger einen Werklohnanspruch i.H.v. 35.278 € zu und lehnte den auf die Umsatzsteuerdifferenz gestützten Abzug ab. Auf die Revision der Beklagten hob der BGH das Berufungsurteil insoweit auf, als die Beklagte zur Zahlung des Werklohns i.H.d. der zusätzlichen Umsatzsteuer von 14.727 € verurteilt worden war und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.

Gründe:
Die verzögerte Fertigstellung durch den Kläger hatte zur Folge, dass dieser die gesamte Leistung mit dem ab dem 1.1.2007 geltenden Umsatzsteuersatz von 19 % statt mit 16 % versteuern musste und die Beklagte gegenüber dem Kläger vertraglich verpflichtet war, auch diesen Mehrbetrag zu bezahlen. Sie musste sich auf diesen Vermögensnachteil die ihr infolge der Umsatzsteuererhöhung zufließenden Steuermehreinnahmen jedoch nicht im Wege des Vorteilsausgleichs anrechnen lassen.

Durch die auf dem Grundsatz von Treu und Glauben beruhende Vorteilsausgleichung soll ein gerechter Ausgleich zwischen den bei einem Schadensfall widerstreitenden Interessen herbeigeführt werden. Vor- und Nachteile müssen bei wertender Betrachtungsweise gleichsam zu einer Rechnungseinheit verbunden sein. Infolgedessen kann ein Vorteilsausgleich nur stattfinden, wenn der Geschädigte aufgrund des Schadensfalles einen Vorteil erlangt, den er ohne diesen nicht erhalten hätte und der sich so in seinem Vermögen niederschlägt, dass sich die endgültige Schadensbilanz i.H.d. Vorteils verringert. Doch diese Voraussetzungen waren im vorliegenden Fall nicht gegeben.

Der der Beklagten in Gestalt des Umsatzsteueranteils zufließende Vorteil konnte nicht zu einer Anrechnung im Wege des Vorteilsausgleichs führen. Denn nach § 1 Abs. 1 UStG fällt die Umsatzsteuer grundsätzlich an, wenn Leistungen durch einen Unternehmer ausgeführt werden. Diese Besteuerung des Umsatzes als eines wirtschaftlichen Verkehrsvorgangs dient wie andere Steuerarten der Deckung des Finanzbedarfs der öffentlichen Haushalte. Nach ihrem Sinn und Zweck soll sie dem Staat aus jedem umsatzsteuerpflichtigen Vorgang Einnahmen erbringen, um seine Aufgaben erfüllen zu können. Während der Schaden in Form der Verpflichtung zur Zahlung einer auf der Grundlage des erhöhten Umsatzsteuersatzes erhöhten Vergütung im Bereich der Straßenbaulast aufgetreten ist und sich dort vermögensmäßig zum Nachteil des Geschädigten ausgewirkt hat, erfolgt der durch Abführung der Umsatzsteuer verursachte Vermögenszuwachs in einem ganz anderen Bereich, nämlich dem des Steueraufkommens, das dem geschädigten Land nach dem Willen des Gesetzgebers unabhängig davon zusteht, auf welchen Vorgang das umsatzsteuerpflichtige Geschäft zurückzuführen ist.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BGH veröffentlicht.
  • Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.
BGH online
Zurück