07.12.2015

Keine Differenzbesteuerung für zerlegte Fahrzeuge

Wer durch Zerlegen von Altfahrzeugen gewonnene Einzelteile veräußert, unterliegt der Regelbesteuerung. Die Veräußerung solcher Gegenständen, die durch das Zerlegen gewonnen wurden, unterliegt mangels Identität von erworbenen und veräußerten Gegenständen nicht der Differenzbesteuerung gem. § 25a UStG.

FG Berlin-Brandenburg 1.10.2015, 7 K 7183/13
Der Sachverhalt:
Die Beteiligten streiten darum, ob die Veräußerung von gebrauchten Fahrzeugteilen, die der Kläger zuvor aus von Privatpersonen erworbenen Altfahrzeugen ausgebaut hatte, der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG unterliegt.

Der Kläger meldete im Juli 2006 gewerberechtlich u.a. den An- und Verkauf von Autos, Motorrädern und Ersatzteilen (Neu- und Gebrauchtwaren) an. Seine Umsätze ermittelte er mit Genehmigung des Finanzamts nach vereinnahmten Entgelten. Seine Gewinne ermittelte er durch Einnahme-Überschuss-Rechnung.

In den Streitjahren erzielte er Umsätze insbesondere dadurch, dass er Gebrauchtfahrzeuge, die in einer Vielzahl von Fällen nicht mehr fahrtüchtig waren, von Privatpersonen im ganzen Bundesgebiet ankaufte, in ihre Einzelteile zerlegte und diese Einzelteile insbesondere über eine Auktionsplattform per Versand verkaufte. Dieses Verfahren praktizierte er insbesondere mit Motorrädern.

Der Kläger ist der Ansicht, dass es sich bei den Einkaufspreisen für die Gebrauchtwaren um nicht steuerbare Umsätze handele, auf die die Grundsätze der Differenzbesteuerung § 25a UStG anzuwenden seien. Das Finanzamt unterwarf die streitigen Umsätze demgegenüber der Regelbesteuerung.

Das FG wies die Klage ab. Die Revision zum BFH wurde wegen grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Die Gründe:
Die Veräußerung von Gegenständen, die durch das Zerlegen komplexerer Gebrauchtgegenstände gewonnen wurden, unterliegt mangels Identität von erworbenen und veräußerten Gegenständen nicht der Differenzbesteuerung gem. § 25a UStG.

Der Wortlaut des § 25a UStG spricht dafür, dass nur solche Umsätze in den Anwendungsbereich des § 25a UStG fallen, bei denen - neben weiteren Voraussetzungen - ein und derselbe Gegenstand vom Unternehmer erworben und unter Beibehaltung der Identität des Gegenstands weiterveräußert wird. Dies ergibt sich aus folgenden Formulierungen des § 25a UStG. Diese Sichtweise steht auch im Einklang mit dem Unionsrecht. Die Ansicht des Klägers, er erwerbe mit einem gebrauchten, nicht mehr funktionstüchtigen Motorrad eine Gesamtheit von einzelveräußerbaren Ersatzteilen, steht nicht im Einklang mit der im Geschäftsverkehr üblichen Betrachtung eines solchen Vorgangs, wonach ein Motorrad (auch wenn es nicht mehr fahrtüchtig ist) ein aliud gegenüber der Summe der Einzelteile darstellt.

Für die hier vertretene Auffassung spricht die systematische Auslegung. Denn § 25a UStG bzw. Art. 313 ff. MwStSystRL sind Ausnahmeregelungen, die eng auszulegen sind. Zudem steht die Auffassung im Einklang mit dem Sinn und Zweck der Regelung. Nach dem 51. Erwägungsgrund der MwStSystRL besteht der Zweck der Regelungen über die Differenzbesteuerung darin, Doppelbesteuerungen und Wettbewerbsverzerrungen zwischen Steuerpflichtigen im Bereich der Gebrauchtgegenstände zu vermeiden.

Vorliegend ist nicht ersichtlich, dass es zu Wettbewerbsverzerrungen im Vergleich zu anderen Steuerpflichtigen käme. Selbst wenn man davon abweichend auf Wettbewerbsverzerrungen zu Privatpersonen abstellen würde, wären diese hinzunehmen. Denn der Kläger ist aufgrund seiner intensiven Branchenkenntnisse und der Breite seines Angebots in einem erheblichen Wettbewerbsvorteil, gegenüber dem der Wettbewerbsnachteil der Umsatzsteuerpflicht zurücktritt.

Im Übrigen ist auch zu berücksichtigen, dass die Beschränkung der Differenzbesteuerung auf den Verkauf von Gegenständen, die mit den erworbenen Gegenständen identisch sind, auf der Erwartung beruhen dürfte, dass typischerweise die durch einen solchen Handel erzielbare Wertschöpfung geringer ist als die, die sich erzielen lässt, wenn erworbene und verkaufte Gegenstände nicht mehr identisch sind. Im Streitfall wurde durch die Tätigkeit des Klägers eine erhebliche Wertschöpfung erzielt.

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