07.09.2015

Keine Erhöhung des Streitwertes in Kindergeldverfahren für nach der Einspruchsentscheidung liegende Zeiträume

In Kindergeldverfahren errechnet sich der Streitwert grundsätzlich nach den bis zur Einreichung der Klage fälligen Beträgen zzgl. des einfachen Jahresbetrags, allerdings nur dann, wenn nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist. Eine Erhöhung des Streitwertes für nach der Einspruchsentscheidung liegende Zeiträume ohne erforderliche Beschwer ist nicht möglich.

FG Köln 23.7.2015, 10 Ko 890/15
Der Sachverhalt:
Der Erinnerungsgegner hatte gegen einen Ablehnungsbescheid in Form der Einspruchsentscheidung vom 17.6.2014 geklagt, mit welchem die Kindergeldfestsetzung für die Tochter wegen Vollendung des 21. Lebensjahres mit Ablauf des Monats März 2014 aufgehoben worden war. Im anschließenden Klageverfahren beantragte die Erinnerungsführerin Klageabweisung. Soweit der Kindergeldanspruch für die Zeit ab April 2014 im Rahmen der Klage ergänzend erstmalig auf § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 EStG gestützt werde mit der Begründung, es seien hinsichtlich der Suche nach einem Ausbildungsplatz bis dahin keine geeigneten Nachweise vorgelegt worden.

Daraufhin legte der Erinnerungsgegner zahlreiche Bewerbungsunterlagen vor. Die Beweisaufnahme bestätigte, dass die Klägerin sich jedenfalls in den Monaten April bis Juni 2014 ernsthaft um einen Ausbildungsplatz bemüht habe. Mit FG-Urteil vom 9.10.2014 wurde der Aufhebungsbescheid aufgehoben. Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 17.11.2014 begehrte der Bevollmächtigte, die dem Erinnerungsgegner zu erstattenden Kosten ausgehend von einem Gegenstandswert von 2.944 € auf 693,53 € festzusetzen, da in Kindergeld-Verfahren als Streitwert in entsprechender Anwendung des § 42 Abs. 1 GKG der einfache Jahresbetrag des geltend gemachten Anspruchs zzgl. der bis zur Klageerhebung rückständigen Monatsbeträge anzusetzen sei.

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 6.1.2015 wurden die zu erstattenden Kosten ausgehend von einem Streitwert von 552 € auf 290,36 € festgesetzt. Nach dem ersten Satz des Urteils hätten die Beteiligten im Ausgangsverfahren "über die Gewährung von Kindergeld für den Zeitraum von April 2014 bis Juni 2014" gestritten. Mit seiner Erinnerung machte der Bevollmächtigte des Erinnerungsgegners geltend, es sei eine gesetzliche Grundlage für eine Beschränkung des Gegenstandswerts auf Kindergeld lediglich für drei Monate nicht ersichtlich. Vielmehr lägen die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Kindergeld über den entschiedenen Zeitraum hinaus vor, so dass von einem Verfahren wegen Aufhebung einer Kindergeldfestsetzung von unbestimmter Dauer auszugehen sei.

Mit streitgegenständlichen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 26.1.2015 wurde der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 6.1.2015 aufgehoben und die dem Erinnerungsgegner zu erstattenden Kosten ausgehend von einem Streitwert von 2.760 € festgesetzt. Die hiergegen gerichtete Erinnerung war vor dem FG erfolgreich.

Die Gründe:
Der Streitwert war nach der sich für die Monate März bis Juni 2014 ergebenden Summe der Kindergeldbeträge von 552 € zu bemessen.

Nach §§ 2 Abs. 1, § 13 Abs. 1 S. 1 RVG werden die Gebühren des Bevollmächtigten nach dem Gegenstandswert berechnet. Dieser bestimmt sich gem. § 23 Abs. 1 RVG nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften. Betrifft der Antrag des Klägers bzw. der Gegenstand seines Klagebegehrens eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, ist deren Höhe gem. § 52 Abs. 3 GKG für den Streitwert maßgebend. Dies ist in finanzgerichtlichen Verfahren der Regelfall. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus S. 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben.

Ergänzend bestimmt der durch das Gesetz zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften vom 8.7.2014 angefügte § 52 Abs. 3 S. 3 GKG, der ab dem 16.7.2014 - und damit auch im Streitfall - anzuwenden war, dass in Kindergeldverfahren § 42 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden sind, dass an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags der einfache Jahresbetrag tritt. Danach errechnet sich der Streitwert in Kindergeldverfahren grundsätzlich nach den bis zur Einreichung der Klage fälligen Beträgen zzgl. des einfachen Jahresbetrags, allerdings nur dann, wenn nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist.

Danach ergab sich der Streitwert vorliegend aus der Summe der Kindergeldbeträge für die Monate März bis Juni 2014. Der Kläger hat im Ausgangsfall in voller Höhe obsiegt, weil das erkennende Gericht den Antrag des Klägers in seinem vollumfänglich klagestattgebenden Urteil ausdrücklich dahin verstanden hatte, das Kindergeld für die Monate März bis Juni 2014 beantragt gewesen sei, da das für eine zulässige Klage erforderliche Vorverfahren lediglich für die Monate März bis Juni 2014 vorlag. Für weitere Monate hätte die Klage abgewiesen werden müssen; für vorhergehende Monate fehlte wegen der bis dahin erfolgten Kindergeldgewährung eine für eine zulässige Klage erforderliche Beschwer.

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