12.09.2011

Keine Modernisierungsmaßnahmen "an" einem Gebäude bei Erstellung neuer Wirtschaftsgüter

Nach dem auch für das Fördergebietsgesetz geltenden Begriff der Herstellung in § 255 Abs. 2 S. 1 HGB bedeutet Herstellen eines Wirtschaftsguts das Schaffen eines neuen, bisher nicht vorhandenen Wirtschaftsguts. Darunter ist - neben der Neu- oder Erst-Herstellung eines Wirtschaftsguts - auch die Zweitherstellung und die Funktions-/Wesensänderung jeweils vorhandener Wirtschaftsgüter zu verstehen.

BFH 29.6.2011, IX R 35/10
Der Sachverhalt:
Die klagende GbR hatte 1994 ein Grundstück auf dem Gebiet der ehemaligen DDR erworben und sich gegenüber der Treuhandanstalt verpflichtet, die aufstehenden Gebäude zu sanieren und zu modernisieren. Das in Volkseigentum überführte Grundstück wurde in der DDR vollständig für eigenbetriebliche Zwecke genutzt. Ab 1993 wurden die mittlerweile leer und unter Denkmalschutz stehenden Gebäude von einer Tochtergesellschaft der Treuhand verwaltet. Die Klägerin führte ab 1998 geförderte Baumaßnahmen durch, die 2002 abgeschlossen wurden. In dem erhalten gebliebenen Gebäudekomplex entstanden zwei abgeschlossene Wohnungen und vier abgeschlossene Gewerbeeinheiten zur fremdgewerblichen Nutzung. Bereits ab dem Jahr 2001 begann die Klägerin mit der Vermietung.

Das Finanzamt berücksichtigte bei den Einkünften der Klägerin aus Vermietung und Verpachtung zunächst nach dem FördG Sonderabschreibungen auf die Teilherstellungskosten von 40 %. Später war es allerdings der Ansicht, dass es sich bei der Gesamtbaumaßnahme nicht um nachträgliche Herstellungskosten, sondern um geringer begünstigte Kosten der Herstellung anderer Wirtschaftsgüter handele. Dementsprechend änderte die Behörde die Feststellungsbescheide.

Die Klägerin war der Auffassung, nachträgliche Herstellungskosten seien auch dann anzunehmen, wenn die Baumaßnahmen so umfassend seien, dass dadurch ein anderes Wirtschaftsgut, jedoch kein bautechnisch neues Gebäude entstehe. Das FG wies die Klage ab. Die Revision der Klägerin vor dem BFH blieb erfolglos.

Die Gründe:
FG und Finanzamt waren zutreffend von einer Förderbarkeit der Baumaßnahmen lediglich gem. § 3 S. 1, § 4 Abs. 2 S. 2 i.V.m. S. 3 FördG und nicht als Modernisierungsmaßnahme oder andere nachträgliche Herstellungsarbeiten ausgegangen (§ 3 S. 1, § 4 Abs. 2 S. 1 Nr. 3b FördG). Denn es waren erstmals abnutzbare unbewegliche Wirtschaftsgüter erstellt worden.

Nach dem auch für das Fördergebietsgesetz geltenden Begriff der Herstellung in § 255 Abs. 2 S. 1 HGB bedeutet Herstellen eines Wirtschaftsguts das Schaffen eines neuen, bisher nicht vorhandenen Wirtschaftsguts. Darunter ist - neben der Neu- oder Erst-Herstellung eines Wirtschaftsguts - auch die Zweitherstellung und die Funktions-/Wesensänderung jeweils vorhandener Wirtschaftsgüter zu verstehen. So verhält es sich etwa, wenn der Steuerpflichtige die Umbau-, Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen nicht an einem unbeweglichen Wirtschaftsgut vornimmt, sondern - auch unter Verwendung vorhandener Bausubstanz - solche Wirtschaftsgüter (z.B. zur Fremdvermietung vorgesehene Wohnungen oder fremdgewerblich genutzte Einheiten) erstmals erstellt. Insofern kommt es nicht darauf an, ob die Baumaßnahmen bautechnisch zu einem Neubau geführt haben.

Die Klägerin hatte mit den Baumaßnahmen unter Verwendung der vorhandenen Bausubstanz der ehemaligen Betriebsgebäude zwei bisher nicht vorhandene, baulich getrennte und in sich abgeschlossene Wohneinheiten sowie vier fremdgewerblich genutzte Einheiten hergestellt und damit Wirtschaftsgüter neu geschaffen. Unerheblich war, dass die Gebäude früher schon einmal zu Wohnzwecken genutzt worden waren. Schließlich kam es nur darauf an, in welchem Nutzungs- und Funktionszusammenhang die Gebäude standen, als sie erworben wurden. Und spätestens seit 1970 waren die Gebäude durchgehend für eigenbetriebliche Zwecke genutzt worden.

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