09.03.2015

Keine Umsatzsteuerbefreiung für Umsätze eines Reiterhofs

Eine Kostenübernahme durch staatliche Einrichtungen könnte für eine Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1h MwStSystRL sprechen, wonach eng mit der Kinder- und Jugendbetreuung verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannten Einrichtungen von der Umsatzsteuer befreit sind. Eine solche Steuerbefreiung scheidet insbesondere aus, wenn Auftraggeber des Steuerpflichtigen (hier: Betreiber eines Reiterhofs) die Eltern sind.

BFH 26.11.2014, XI R 25/13
Der Sachverhalt:
Die Klägerin hielt in den Streitjahren 2007 und 2008 auf einem Hofgrundstück etwa 30 Pferde und Ponys, Schafe, Ziegen, Hasen und andere Kleintiere. Das Anwesen umfasste Stallungen, Scheunen, Koppel, Reitplatz etc., aber keine Reithalle. Seit 2001 hat die Klägerin ein Gewerbe für pädagogisch-therapeutisches Reiten sowie An- und Verkauf von Pferdezubehör angemeldet. Aus dem Unternehmen erwirtschaftete sie allerdings bisher nur Verluste.

Für die Umsatzsteuer nahm die Klägerin zunächst die Kleinunternehmerregelung in Anspruch. In den Jahren 2005 und 2006 versteuerte sie die Umsätze mit dem Regelsteuersatz. Für das Jahr 2007 reichte die Klägerin - trotz Aufforderung - zunächst keine Umsatzsteuererklärung ein. Sie war der Ansicht, sämtliche Leistungen seien gem. § 4 Nr. 14 UStG steuerfreie Heilbehandlungen. Im Rahmen einer Außenprüfung für das Jahr 2007 trug die Klägerin vor, sie habe nach § 4 Nr. 23 UStG steuerfreie Umsätze getätigt. Ihre Leistungen seien als Beherbergung, Beköstigung und Naturalleistungen zur Erziehung, Ausbildung und Fortbildung von Jugendlichen anzusehen.

Das Finanzamt sah keinerlei Hinweise für eine steuerfreie hippotherapeutische Tätigkeit und beurteilte die Umsätze der Klägerin als steuerpflichtig. Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auch die Revision der Klägerin vor dem BFH war erfolglos.

Gründe:
Die Umsätze der Klägerin waren nicht nach § 4 Nr. 14 oder 23 UStG umsatzsteuerfrei. Hierfür fehlte sowohl ein beruflicher Befähigungsnachweis der Klägerin als auch eine ärztliche Verordnung der Maßnahmen. Eine Steuerbefreiung der Leistungen der Klägerin nach § 4 Nr. 25 UStG a.F. kam nicht in Betracht, da sie als nicht gemeinnützige Anbieterin keine Trägerin der (öffentlichen oder freien) Jugendhilfe war. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung des § 4 Nr. 25 UStG i.d.F. ab 1.1.2008 lagen in Bezug auf die im Jahr 2008 erbrachten Leistungen ebenfalls nicht vor, da die Klägerin nicht zu den in § 4 Nr. 25 S. 2b UStG genannten Personen gehörte.

Auch konnte die Klägerin die Steuerbefreiung des Art. 132 Abs. 1h MwStSystRL nicht in Anspruch nehmen. Danach befreien die Mitgliedstaaten zwar die eng mit der Kinder- und Jugendbetreuung verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannten Einrichtungen. Doch die Klägerin erfüllte die personellen Voraussetzungen dieser Steuerbefreiung nicht, denn sie ist nicht als vergleichbare Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannt. Eine Kostenübernahme durch staatliche Einrichtungen, aus der die erforderliche Anerkennung hätte abgeleitet werden können, lag nicht vor, und zwar weder unmittelbar noch mittelbar. Auftraggeber der Klägerin waren schließlich die Eltern.

Letztlich stand der Klägerin für ihre Umsätze die von ihr geltend gemachte Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1m MwStSystRL nicht zu. Danach befreien die Mitgliedstaaten bestimmte, in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbringen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben. Das FG hatte zu Recht entschieden, dass die Klägerin mit ihrer unternehmerischen Tätigkeit (auch ohne Einbeziehung ihrer weiteren Einkünfte) keine Einrichtung ohne Gewinnstreben ist. Diese Ansicht war insbesondere aufgrund der vom FG als ungewöhnlich gewürdigten Steigerungsraten bei den Ausgaben für Pferdebetreuung, die an den Ehemann der Klägerin gezahlt worden waren, möglich und verstieß nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BFH veröffentlicht.
  • Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.
BFH online
Zurück