24.09.2012

Korrekturvorschrift des § 32a KStG ist verfassungsgemäß

An der Verfassungsmäßigkeit des § 32a KStG hinsichtlich der Änderung von Einkommensteuerfestsetzungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Regelung zwar bestandskräftig aber noch nicht festsetzungsverjährt waren, bestehen keine ernstlichen Zweifel. Indem der Gesetzgeber mit der Regelung des § 32a KStG der materiellen Richtigkeit der Besteuerung den Vorrang vor der Rechtssicherheit einräumt, überschreitet er unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutzes nicht die Grenze des ihm zukommenden Gestaltungsspielraums.

BFH 29.8.2012, VIII B 45/12
Der Sachverhalt:
Die zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Antragsteller waren Gesellschafter und Geschäftsführer zweier Firmen. Bei einer Außenprüfung für die Jahre 2002 bis 2004 wurde festgestellt, dass aufgrund überhöhter Verrechnungspreise bzw. nicht betrieblich sondern gesellschaftsrechtlich veranlasster Ausgaben verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) vorgelegen hatten. Das Finanzamt setzte daraufhin die vGA als Einnahmen aus Kapitalvermögen gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG an und änderte im Juli 2011 für die Streitjahre 2002 bis 2004 unter Hinweis auf § 32a Abs. 1 S. 1 KStG die bestandskräftigen Einkommensteuerfestsetzungen.

Hiergegen wandten sich die Antragsteller und begehrten die Aussetzung der Vollziehung (AdV). Sie waren der Ansicht, Die Änderung der Einkommensteuerbescheide nach § 32a Abs. 1 S. 1 KStG sei wegen Verstoßes gegen das Rückwirkungsverbot verfassungswidrig und daher unzulässig gewesen. Zum Zeitpunkt des Erlasses der Änderungsbescheide sei die Einkommensteuer für die Jahre 2002 bis 2004 bereits festsetzungsverjährt gewesen. Zwar sei bei Inkrafttreten der Regelung des § 32a KStG noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten, jedoch seien die Bescheide bestandskräftig gewesen.

Das FG lehnte den Antrag auf AdV ab. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Antragsteller blieb vor dem BFH erfolglos.

Die Gründe:
Es bestanden keine ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Korrekturvorschrift des § 32a KStG. Weder kam ein Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG noch ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG in Betracht.

Die Korrekturvorschrift des § 32a KStG i.d.F. des Art. 4 Nr. 7 des Jahressteuergesetzes 2007 führt hinsichtlich der Änderung der Einkommensteuerfestsetzungen für die Jahre 2002 bis 2004 zu einer unechten Rückwirkung. Die Regelung ist gem. § 34 Abs. 13c KStG i.d.F. des Art. 2 Nr. 13k des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 erstmals anzuwenden, wenn nach dem 18.12.2006 ein (Körperschaft-)Steuerbescheid erlassen, aufgehoben oder geändert wurde. Gem. § 32a Abs. 1 S. 2 KStG endet die Festsetzungsfrist für die Einkommensteuer insoweit nicht vor Ablauf eines Jahres nach Unanfechtbarkeit des Steuerbescheides der Körperschaft.

Die Korrekturvorschrift des § 32a KStG trat danach am 19.12.2006 in Kraft. Die Festsetzungsfrist für die Einkommensteuer 2002 bis 2004 war zu diesem Zeitpunkt gem. § 169 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 i.V.m. § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO noch nicht abgelaufen, so dass eine Korrektur der bestandskräftigen Einkommensteuerfestsetzungen nach § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2d AO noch grundsätzlich möglich, da gesetzlich zugelassen war. Die Hemmung der Festsetzungsfrist und Korrektur der Einkommensteuerfestsetzungen nach § 32a KStG hatte somit Auswirkung auf einen hinsichtlich der Festsetzungsverjährung noch nicht abgeschlossenen Tatbestand, so dass ihre verfassungsrechtliche Zulässigkeit am Maßstab einer unechten Rückwirkung zu überprüfen war.

Die unechte Rückwirkung des § 32a i.V.m. § 34 Abs. 13c KStG ist mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen vereinbar. Eine unechte Rückwirkung ist nicht grundsätzlich unzulässig. Indem der Gesetzgeber mit der Regelung des § 32a KStG der materiellen Richtigkeit der Besteuerung den Vorrang vor der Rechtssicherheit einräumt, überschreitet er unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutzes nicht die Grenze des ihm zukommenden Gestaltungsspielraums. Unabhängig von einer konkreten Vertrauensposition der Antragsteller wiegt ein etwaiges Vertrauen Steuerpflichtiger darauf, dass der Gesetzgeber vor Ablauf der Festsetzungsfrist keine Regelung einführt, die zu einer Hemmung der Festsetzungsverjährung und Korrektur der Einkommensteuerfestsetzung führt, nicht so schwer, dass der Gesetzgeber an einer solchen Maßnahme gehindert wäre.

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