02.01.2014

Nichtabzugsfähigkeit der Kosten einer erstmaligen Berufsausbildung als vorweggenommene Werbungskosten verfassungsgemäß

§ 9 Abs. 6 und § 12 Abs. 5 EStG i.d.F. des Gesetzes zur Umsetzung der Beitreibungsrichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz - BeitrRLUmsG - vom 7.12.2011) sind verfassungsgemäß. Danach sind u.a. Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung, die nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet, keine Werbungskosten.

Schleswig-Holsteinisches FG 4.9.2013, 2 K 159/11
Der Sachverhalt:
Der 1981 geborene Kläger begehrt, die Aufwendungen für die erstmalige Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer als vorweggenommene Werbungskosten anzuerkennen. Er schloss mit der Verkehrsfliegerschule X Anfang August 2003 einen Schulungsvertrag. Gegenstand des Vertrags war die fliegerische Grundschulung des Klägers zum Verkehrsflugzeugführer nach den Standards der X-AG durch die X. Es handelt sich um die erstmalige Berufsausbildung.

Laut § 10 des Schulungsvertrages trägt der Kläger von den Gesamtkosten einen Eigenanteil von rd. 41.000 €. Der Kläger begehrt die Anerkennung dieser im Veranlagungszeitraum 2004 angefallenen - hohen - Kosten für seine Pilotenausbildung als vorweggenommene Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit. Das Finanzamt lehnte den Werbungskostenabzug ab.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Revision zum BFH wurde zugelassen. Sie ist dort unter dem Az. VI R 72/13 anhängig.

Die Gründe:
Die Voraussetzungen der § 9 Abs. 6 und § 12 Abs. 5 EStG sind vorliegend gegeben, insbes. hat der Kläger seine Ausbildung angesichts der gegebenen vertraglichen Gestaltungen nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses absolviert. Der Anwendung der Vorschriften stehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken entgegen. Insbes. liegt kein Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot vor. Der Umstand, dass die Vorschriften gem. §§ 52 Abs. 23d und 30a EStG bereits für Veranlagungszeiträume ab 2004 anzuwenden sind, führt zwar zu einer sog. echten Rückwirkung. Diese ist aber ausnahmsweise verfassungsrechtlich zulässig, weil der Kläger kein schützenswertes Vertrauen dahingehend bilden konnte, dass die von ihm getätigten Aufwendungen als Werbungskosten abzugsfähig sein würden.

Dies ergibt sich aus einer Betrachtung der Entstehungsgeschichte der Normen, die letztlich eine Reaktion des Gesetzgebers auf die BFH-Urteile vom 28.7.2011 (VI R 38/10 und VI R 7/10) darstellt. Der BFH hatte entschieden, dass auch angesichts der seinerzeit geltenden §§ 10 Abs. 1 Nr. 7, 12 Nr. 5 EStG a.F. die Kosten einer erstmaligen Berufsausbildung als Werbungskosten berücksichtigt werden können. Damit ist der BFH jedoch nicht nur von der ausdrücklichen Intention des Gesetzgebers, sondern auch von der einhelligen Sichtweise der Instanzgerichte abgewichen. Angesichts des bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Rechtszustandes war kein Raum für die Bildung eines entsprechenden Vertrauenstatbestandes auf Seiten des Klägers.

Auch der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) bzw. das objektive Nettoprinzip werden durch die Regelungen nicht verletzt. Etwaige Ungleichbehandlungen im konkreten Einzelfall sind angesichts des dem Gesetzgeber eingeräumten weiten Gestaltungsspielraums und angesichts des Ermessensspielraums des Gesetzgebers bei der Schaffung typisierender Tatbestände hinzunehmen. Regelmäßig steht eine erstmalige Berufsausbildung, die nicht im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses stattfindet, noch nicht in einem Zusammenhang mit einer konkreten Berufsausübung und damit Einnahmeerzielung, sondern dient eher der allgemeinen Lebensführung des Steuerpflichtigen. Das gilt unabhängig davon, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, später aufgrund der Art der Ausbildung auch einen Arbeitsplatz zu erhalten und auch unabhängig davon, wie hoch die Kosten der Ausbildung im Einzelfall sind.

Linkhinweis:

Schleswig-Holsteinisches FG NL vom 20.12.2013
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