03.08.2016

Sammelauskunftsersuchen der Steuerfahndung an Presseunternehmen verfassungsgemäß

Steuerfahnder dürfen von einem Zeitungsverlag die Übermittlung von Personen- und Auftragsdaten zu den Auftraggebern einer bestimmten Anzeigenrubrik verlangen. Dies kann auch unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung des Anzeigenteils für das Presseerzeugnis mit der grundrechtlich geschützten Pressefreiheit vereinbar sein. Dies gilt jedenfalls dann, wenn relativ wenige Anzeigen von dem Auskunftsersuchen betroffen und die Anzeigen nicht bedeutsam für die öffentliche Meinungsbildung sind.

BFH 12.5.2016, II R 17/14
Der Sachverhalt:
Die Klägerin gibt u.a. eine Tageszeitung sowie ein sonntags erscheinendes Anzeigenblatt heraus. Dort findet sich im Anzeigenteil jeweils eine Rubrik "Kontakte". Sie nutzt für die Verwaltung und Verarbeitung der Anzeigen eine Verlagssoftware, die eine Exportfunktion über Excel anbietet. Mit Bescheid vom 21.10.2011 bat das Finanzamt die Klägerin unter Hinweis auf § 208 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AO um die Übersendung von Namen und Adressen sämtlicher Auftraggeber von Anzeigen der Rubrik "Kontakte", in denen sexuelle Dienstleistungen beworben wurden, für einen Zeitraum von insgesamt zwei Jahren. Die Behörde begründete das Auskunftsersuchen u.a. mit einem vom BFH beanstandeten Vollzugsdefizit bei der Besteuerung der im Rotlichtmilieu tätigen Betriebe und Personen.

Das FG sah darin eine ausreichende Begründung für das Auskunftsersuchen und wies die Klage ab. Auch die Revision der Klägerin vor dem BFH blieb erfolglos.

Die Gründe:
Finanzbehörden dürfen unter bestimmten Voraussetzungen Sammelauskunftsersuchen an andere Personen als die am Steuerverfahren Beteiligten richten.

Ein Sammelauskunftsersuchen an ein Presseunternehmen kann ebenfalls rechtmäßig sein. Zwar umfasst der Schutzbereich der Pressefreiheit nach Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG grundsätzlich auch den Anzeigenteil von Presseerzeugnissen. Die konkrete Reichweite des Grundrechtsschutzes ergibt sich jedoch erst unter Berücksichtigung der "allgemeinen Gesetze" i.S.d. Art. 5 Abs. 2 GG.

Von der Pressefreiheit geschützt sind danach nur solche Anzeigen, die für die öffentliche Meinungsbildung bedeutsam sind oder der Kontrollfunktion der Presse dienen. Bei den Anzeigen im vorliegenden Fall waren diese Voraussetzungen allerdings nicht gegeben. Allein die wirtschaftliche Bedeutung der Anzeigen für das Presseerzeugnis führte nicht zur Unvereinbarkeit mit Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG, da nur relativ wenige Anzeigen von dem Auskunftsersuchen betroffen waren.

Einschränkungen bestehen aber ansonsten für Auskunftsersuchen, die eine in die Zukunft gerichtete Verpflichtung enthalten, laufende Auskünfte zu erteilen. Diese bedürfen einer besonderen Begründung der Ermessensentscheidung. Zudem muss zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit ein besonderes Ermittlungsbedürfnis bestehen.

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BFH PM Nr. 53 vom 3.8.2016
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