Steuerrechtliche Behandlung eines einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft gewährten Gesellschafterdarlehens
Kurzbesprechung
BFH v. 27.11.2024 - I R 19/21
AO § 39 Abs 2 Nr. 2, AO § 180 Abs 1 Nr. 2 Buchst a, AO § 180 Abs 3 S 1 Nr. 1
EStG § 2 Abs 2 S 1 Nr. 2, EStG § 9, EStG § 15 Abs 1 S 1 Nr. 2, EStG § 20 Abs 1 Nr. 7, EStG § 21 Abs 1 S 1 Nr. 1, EStG § 49 Abs 1 Nr. 6
DBA RUS Art 4, DBA RUS Art 6 Abs 1, DBA RUS Art 11, DBA RUS Art 25
FGO § 48 Abs 1 Nr. 1 Buchst a
Bei der Anerkennung von schuldrechtlichen Beziehungen zwischen der Personengesellschaft und ihren Gesellschaftern differenziert das Steuerrecht zwischen (gewerblichen) Mitunternehmerschaften und rein vermögensverwaltenden Personengesellschaften. Diese Differenzierung ergibt sich daraus, dass der grundsätzlich für alle Personengesellschaften anwendbare § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO durch die ausschließlich für Mitunternehmerschaften geltende Vorschrift des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG verdrängt wird.
Bei Mitunternehmerschaften sind Verträge und Veräußerungsgeschäfte, die sie mit ihren Gesellschaftern schließen und bei denen eine Außenverpflichtung im Sinne des § 249 HGB begründet wird, im Falle ihrer Fremdüblichkeit auf der Grundlage von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ertragsteuerrechtlich anzuerkennen und gegebenenfalls durch einen Ansatz im Sonderbereich zu neutralisieren. Demgegenüber bleibt bei ausschließlich vermögensverwaltenden Personengesellschaften § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO anwendbar, weil § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG auf diese nicht ‑ auch nicht im Wege einer Analogie - anwendbar ist. Der Anwendungsbereich des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO kann bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften allenfalls auf Ebene des Gesellschafters verdrängt werden, wenn dieser dem Anwendungsbereich des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG unterfällt und Vertragspartner der vermögensverwaltenden Personengesellschaft ist.
§ 39 Abs. 2 Nr. 2 AO ordnet für Wirtschaftsgüter, die mehreren zur gesamten Hand zustehen, deren anteilige Zurechnung zu den Beteiligten an, soweit eine getrennte Zurechnung für Zwecke der Besteuerung erforderlich ist. Ein solches Erfordernis besteht im Rahmen der Ertragsbesteuerung dann, wenn die Gesamthand selbst den Besteuerungstatbestand verwirklicht. Dementsprechend wird eine vermögensverwaltende Personengesellschaft steuerrechtlich als Bruchteilsgemeinschaft behandelt.
Für eine durch die vermögensverwaltende Personengesellschaft vorgenommene Vermietung eines Grundstücks folgt daraus, dass Mietverträge zwischen der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern steuerrechtlich nicht anzuerkennen sind, wenn und soweit diesen das Grundstück beziehungsweise das Nutzungsrecht an dem Grundstück nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO anteilig zuzurechnen ist. Denn insoweit ("vollständige Transparenz") fehlt es zur steuerrechtlichen Anerkennung eines entsprechenden Schuldverhältnisses an der erforderlichen Personenverschiedenheit von Gläubiger und Schuldner.
Ebenso führt die Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen einem Gesellschafter und einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft nicht zu einem Erwerb oder einer Veräußerung, soweit der Gesellschafter am Gesamthandsvermögen beteiligt ist, weil es insoweit an einem Rechtsträgerwechsel fehlt.
Gleiches gilt für Darlehensverträge zwischen der vermögensverwaltenden Personengesellschaft und ihrem Gesellschafter. Soweit dem Gesellschafter eine Forderung oder eine Verbindlichkeit aus einem Darlehensvertrag mit seiner Gesellschaft nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO (mit einer Anwendung auch auf "passive Wirtschaftsgüter") steuerrechtlich zuzurechnen ist, fallen Gläubiger und Schuldner des Vertrags zusammen, sodass die Forderung bei Maßgabe der steuerrechtlichen Betrachtung für Besteuerungszwecke erlischt (sogenannte Konfusion). In diesem Umfang ist die schuldrechtlich wirksame Vereinbarung steuerrechtlich nicht anzuerkennen mit der Folge, dass entsprechende Zinsen beim Darlehensnehmer keine abzugsfähigen Werbungskosten darstellen und beim Darlehensgeber nicht zu den Einnahmen aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zählen.
Im Streitfall hatte das FG zu Recht das der Steuerpflichtigen von ihrer zu 100 % am Vermögen beteiligten Gesellschafterin gewährte Finanzierungsdarlehen steuerrechtlich unberücksichtigt gelassen und die geleisteten Darlehenszinsen steuerrechtlich als sogenanntes Ergebnisvorab qualifiziert. Auf die Darlehensverbindlichkeit war § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO anzuwenden, weil dessen Anwendungsbereich nicht durch § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG verdrängt wird.
Verlag Dr. Otto Schmidt
AO § 39 Abs 2 Nr. 2, AO § 180 Abs 1 Nr. 2 Buchst a, AO § 180 Abs 3 S 1 Nr. 1
EStG § 2 Abs 2 S 1 Nr. 2, EStG § 9, EStG § 15 Abs 1 S 1 Nr. 2, EStG § 20 Abs 1 Nr. 7, EStG § 21 Abs 1 S 1 Nr. 1, EStG § 49 Abs 1 Nr. 6
DBA RUS Art 4, DBA RUS Art 6 Abs 1, DBA RUS Art 11, DBA RUS Art 25
FGO § 48 Abs 1 Nr. 1 Buchst a
Bei der Anerkennung von schuldrechtlichen Beziehungen zwischen der Personengesellschaft und ihren Gesellschaftern differenziert das Steuerrecht zwischen (gewerblichen) Mitunternehmerschaften und rein vermögensverwaltenden Personengesellschaften. Diese Differenzierung ergibt sich daraus, dass der grundsätzlich für alle Personengesellschaften anwendbare § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO durch die ausschließlich für Mitunternehmerschaften geltende Vorschrift des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG verdrängt wird.
Bei Mitunternehmerschaften sind Verträge und Veräußerungsgeschäfte, die sie mit ihren Gesellschaftern schließen und bei denen eine Außenverpflichtung im Sinne des § 249 HGB begründet wird, im Falle ihrer Fremdüblichkeit auf der Grundlage von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ertragsteuerrechtlich anzuerkennen und gegebenenfalls durch einen Ansatz im Sonderbereich zu neutralisieren. Demgegenüber bleibt bei ausschließlich vermögensverwaltenden Personengesellschaften § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO anwendbar, weil § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG auf diese nicht ‑ auch nicht im Wege einer Analogie - anwendbar ist. Der Anwendungsbereich des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO kann bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften allenfalls auf Ebene des Gesellschafters verdrängt werden, wenn dieser dem Anwendungsbereich des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG unterfällt und Vertragspartner der vermögensverwaltenden Personengesellschaft ist.
§ 39 Abs. 2 Nr. 2 AO ordnet für Wirtschaftsgüter, die mehreren zur gesamten Hand zustehen, deren anteilige Zurechnung zu den Beteiligten an, soweit eine getrennte Zurechnung für Zwecke der Besteuerung erforderlich ist. Ein solches Erfordernis besteht im Rahmen der Ertragsbesteuerung dann, wenn die Gesamthand selbst den Besteuerungstatbestand verwirklicht. Dementsprechend wird eine vermögensverwaltende Personengesellschaft steuerrechtlich als Bruchteilsgemeinschaft behandelt.
Für eine durch die vermögensverwaltende Personengesellschaft vorgenommene Vermietung eines Grundstücks folgt daraus, dass Mietverträge zwischen der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern steuerrechtlich nicht anzuerkennen sind, wenn und soweit diesen das Grundstück beziehungsweise das Nutzungsrecht an dem Grundstück nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO anteilig zuzurechnen ist. Denn insoweit ("vollständige Transparenz") fehlt es zur steuerrechtlichen Anerkennung eines entsprechenden Schuldverhältnisses an der erforderlichen Personenverschiedenheit von Gläubiger und Schuldner.
Ebenso führt die Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen einem Gesellschafter und einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft nicht zu einem Erwerb oder einer Veräußerung, soweit der Gesellschafter am Gesamthandsvermögen beteiligt ist, weil es insoweit an einem Rechtsträgerwechsel fehlt.
Gleiches gilt für Darlehensverträge zwischen der vermögensverwaltenden Personengesellschaft und ihrem Gesellschafter. Soweit dem Gesellschafter eine Forderung oder eine Verbindlichkeit aus einem Darlehensvertrag mit seiner Gesellschaft nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO (mit einer Anwendung auch auf "passive Wirtschaftsgüter") steuerrechtlich zuzurechnen ist, fallen Gläubiger und Schuldner des Vertrags zusammen, sodass die Forderung bei Maßgabe der steuerrechtlichen Betrachtung für Besteuerungszwecke erlischt (sogenannte Konfusion). In diesem Umfang ist die schuldrechtlich wirksame Vereinbarung steuerrechtlich nicht anzuerkennen mit der Folge, dass entsprechende Zinsen beim Darlehensnehmer keine abzugsfähigen Werbungskosten darstellen und beim Darlehensgeber nicht zu den Einnahmen aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zählen.
Im Streitfall hatte das FG zu Recht das der Steuerpflichtigen von ihrer zu 100 % am Vermögen beteiligten Gesellschafterin gewährte Finanzierungsdarlehen steuerrechtlich unberücksichtigt gelassen und die geleisteten Darlehenszinsen steuerrechtlich als sogenanntes Ergebnisvorab qualifiziert. Auf die Darlehensverbindlichkeit war § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO anzuwenden, weil dessen Anwendungsbereich nicht durch § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG verdrängt wird.