15.09.2011

Strafverteidigerkosten nicht zwingend außergewöhnliche Belastungen

Anwaltskosten für die Strafverteidigung sind nur dann zwangsläufig erwachsen, wenn sich der Steuerpflichtige ihnen nicht entziehen kann und soweit diese Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 S. 1 EStG). Nicht zwangsläufig sind Aufwendungen daher u.a. auch dann, wenn der Steuerpflichtige mit seinem Verteidiger ein Honorar vereinbart hat, das über den durch die Staatskasse erstattungsfähigen Kosten liegt.

FG Münster 19.8.2011, 14 K 2610/10 E
Der Sachverhalt:
Der Kläger - ein pensionierter Schulleiter - wurde vom LG wegen uneidlicher Falschaussage in einem Verfahren gegen einen Lehrerkollegen verurteilt. Im nachfolgenden - lediglich in Bezug auf den Strafausspruch erfolgreichen - Revisionsverfahren beim BGH entstanden ihm Kosten für einen Strafverteidiger. Diese Kosten übernahm die Rechtsschutzversicherung nicht, da sie auf einer Honorarvereinbarung beruhten.

Das Finanzamt berücksichtigte die streitigen Aufwendungen für die Strafverteidigung des Klägers bei der Festsetzung der Einkommensteuer 2007 nicht. Seine hiergegen gerichtete Klage begründet der Kläger im Wesentlichen damit, dass er als pensionierter Beamter weiterhin der Disziplinargewalt seines Dienstherrn, des Landes unterliege. Außerdem habe er die Falschaussage in Ausübung seiner Funktion als ehemaliger Schulleiter und damit in Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit begangen.

Die streitigen Aufwendungen seien jedenfalls als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen, denn sie seien auch zwangsläufig entstanden. Bereits aufgrund des Streitwertes sei es ihm nicht möglich gewesen, einen Anwalt zur Vertretung vor dem BGH zu beauftragen, der lediglich ein Honorar nach dem RVG verlange.

Das FG wies die Klage ab. Die Revision zum BFH wurde mit Blick auf die Rechtsprechungsänderung im Bereich der Berücksichtigung von Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastungen und die höchstrichterlich noch nicht entschiedene Frage der Auswirkungen dieser Rechtsprechung auf die Behandlung von Strafverteidigerkosten zugelassen.

Die Gründe:
Das Finanzamt hat es zu Recht abgelehnt, die streitigen Aufwendungen für die Strafverteidigung vor dem BGH als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen.

In der Rechtsprechung des BFH ist anerkannt, dass Strafverteidigungskosten nur dann als Werbungskosten abzugsfähig sind, wenn der strafrechtliche Vorwurf, gegen den sich der Steuerpflichtige zur Wehr setzt, durch sein berufliches Verhalten veranlasst gewesen ist. Dies ist der Fall, wenn die dem Steuerpflichtigen zur Last gelegte Tat in Ausübung der beruflichen Tätigkeit begangen worden ist. An dieser unmittelbaren Veranlassung der Kosten durch die berufliche Tätigkeit als Schulleiter fehlt es vorliegend. Denn der Kläger war zum Zeitpunkt der Aussage bereits im Ruhestand und hat die Tat nicht als Schulleiter, sondern als Zeuge begangen.

Die Tatsache, dass es bei der Aussage des Klägers um die Frage ging, ob und inwieweit er als Schulleiter Kenntnis von den Vorwürfen erhalten hat, führt nicht zu dem Schluss, dass die Straftat selbst - die Falschaussage - in Ausübung des Berufes begangen wurde. Maßgebend für die Beantwortung der Frage, ob eine Straftat in Ausübung einer beruflichen Tätigkeit erfolgt ist, ist das Bestehen eines unmittelbaren Zusammenhanges zwischen der beruflichen Tätigkeit einerseits und der Tat anderseits. Nicht entscheidend ist, dass der Kläger die Falschaussage nur deshalb begehen konnte, weil es um seine ehemalige Funktion als Schulleiter ging.

Eine Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastungen (§ 33 EStG) kam ebenfalls nicht in Betracht, da die Aufwendungen nicht zwangsläufig entstanden sind. Anwaltskosten für die Strafverteidigung sind nur dann zwangsläufig erwachsen, wenn sich der Steuerpflichtige ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit diese Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 S. 1 EStG). Nicht zwangsläufig sind Aufwendungen z.B. dann, wenn der Steuerpflichtige - wie hier - mit seinem Verteidiger ein Honorar vereinbart hat, das über den durch die Staatskasse erstattungsfähigen Kosten liegt.

Dies gilt auch unter Berücksichtigung des zur Abzugsfähigkeit von Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastungen ergangenen BFH-Urteils vom 12.5.2011 (VI R 42/10), da auch nach dieser geänderten Rechtsprechung die Notwendigkeit der Aufwendungen vorausgesetzt wird.

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