03.07.2025

Übertragung von Pensionsverpflichtungen - erstmalige Anwendung des § 4f EStG

§ 4f des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.d.F. des Art. 11 Nr. 2 des AIFM-Steuer-Anpassungsgesetzes vom 18.12.2013 (BGBl I 2013, 4318) ‑‑AIFM-StAnpG‑‑ findet gemäß § 52 Abs. 12c EStG i.d.F. des Art. 11 Nr. 9 Buchst. a AIFM-StAnpG ‑‑seit dem 31.07.2014: § 52 Abs. 8 Satz 1 EStG‑‑ erstmals Anwendung für Schuldübernahmen, Schuldbeitritte und Erfüllungsübernahmen, die in einem nach dem 28.11.2013 endenden Wirtschaftsjahr erfolgen.

Kurzbesprechung
BFH v. 20.3.2025 - IV R 27/22

AO § 175 Abs 1 S 1 Nr. 2
EStG § 4 Abs 4, EStG § 4f, EStG § 5 Abs 7, EStG § 52 Abs 8 S 1, EStG § 52 Abs 9 S 2, EStG § 52 Abs 12c
GewStG § 35 Abs 1 S 2, GewStG § 35b Abs 2 S 2
FGO § 48 Abs 1 Nr 1 Buchst a, FGO § 48 Abs 1 Nr 3, FGO § 60 Abs 3, FGO § 123 Abs 1 S 2
AIFM-StAnpG Art 11 Nr. 2, AIFM-StAnpG Art 11 Nr. 9 Buchst a


Streitig war, ob eine nachträgliche Erhöhung des Entgelts für einen Schuldbeitritt zu bestehenden Pensionsverpflichtungen betrieblich veranlasst war und ob ‑ im Fall einer betrieblichen Veranlassung ‑ der entstandene Aufwand der Abzugsbeschränkung des § 4f Abs. 1 Satz 1 EStG unterfällt. Der BFH hob auf die Revision des FA hin die Entscheidung der Vorinstanz auf und verwies den Streitfall zur weiteren Sachverhaltsaufklärung und erneuten Entscheidung an das FG zurück.

Zu betrieblich veranlassten Aufwendungen gehören grundsätzlich auch (nachträglich erhöhte) Entgelte, die ein Unternehmen ‑ wie im Streitfall die Steuerpflichtige ‑ aufgrund eines Vertrags über einen entgeltlichen Schuldbeitritt zu bestehenden Pensionsverpflichtungen zu zahlen hat. Grundsätzlich sind bei gegenseitigen Verträgen die zivilrechtlichen Vereinbarungen auch für Zwecke der Besteuerung maßgebend, da der natürliche Interessengegensatz der Vertragspartner im Allgemeinen die Vermutung begründet, dass Ausgaben, die auf einem gegenseitigen Vertrag beruhen, auch im Sinne des § 4 Abs. 4 EStG durch den Betrieb veranlasst sind. Fehlt es allerdings an einem solchen Interessengegensatz, bedarf es einer konkreten Überprüfung aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls, inwieweit Zahlungen wirtschaftlich auf dem schuldrechtlich Vereinbarten beruhen und damit durch den Betrieb veranlasst sind, oder ob sie aus sonstigen und außerbetrieblich veranlassten Rechtsgründen erbracht werden.

Eine derartige Überprüfung hat zu berücksichtigen, ob die Vereinbarungen zivilrechtlich wirksam, klar und eindeutig sind, ihrem Inhalt nach dem zwischen fremden Dritten Üblichen entsprechen und auch tatsächlich durchgeführt werden. Im Rahmen der danach vorzunehmenden Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls kommt den Kriterien des Fremdvergleichs lediglich indizielle Bedeutung zu. An dem natürlichen Interessengegensatz, der eine entsprechende Überprüfung eines zivilrechtlichen Vertrags entbehrlich macht, fehlt es unter anderem regelmäßig auch bei Verträgen zwischen demselben Konzern zugehörigen Unternehmen.

Im Streitfall hatte das FG wesentliche, für die Interessenlage der Steuerpflichtigen und der Pensionsgesellschaft bedeutsame Begleitumstände weder hinreichend erforscht noch berücksichtigt. Denn das FG hatte sich mit der Frage, ob eine entsprechende Verknüpfung von Schuldbeitritt und Darlehensgewährung vorlag und eine solche ‑‑ auch unter Einbeziehung der vereinbarten Konditionen des Darlehensvertrags ‑‑ als fremdüblich anzusehen ist, nicht befasst, sondern die Darlehensabreden und deren Inhalte im Rahmen seiner Gesamtwürdigung gänzlich unberücksichtigt gelassen. Die vom FG vorgenommene Würdigung, nach der die getroffenen Regelungen zur Entgelterhöhung als "fremdüblich" und der für die Steuerpflichtige resultierende Aufwand dem Grunde nach als Betriebsausgaben anzusehen seien, erwies sich daher als lückenhaft. Entsprechend erfolgte die Zurückverweisung an das FG zur weiteren Sachaufklärung.

Die Zurückverweisung war auch nicht etwa deshalb entbehrlich, weil die im Streitjahr erfolgte Entgeltanpassung als rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO anzusehen ist, so dass ein etwaiger Betriebsausgabenabzug im Jahr 2012 ‑‑ und nicht im Streitjahr ‑‑ zu erfolgen hätte und die Klage bereits aus diesem Grunde ‑‑ unabhängig von der Beantwortung der Frage der betrieblichen Veranlassung der Entgelterhöhung‑ ‑ als unbegründet abzuweisen wäre. Denn die im Streitjahr erfolgte Entgelterhöhung stellte kein rückwirkendes Ereignis dar.

Ob sich etwas anderes ergeben würde, wenn § 4f EStG im Streitfall anwendbar wäre, konnte im Streitfall dahinstehen, da dies nicht der Fall war.

Werden Verpflichtungen übertragen, die beim ursprünglich Verpflichteten Ansatzverboten, -beschränkungen oder Bewertungsvorbehalten unterlegen haben, ist nach § 4f Abs. 1 Satz 1 EStG der sich aus diesem Vorgang ergebende Aufwand im Wirtschaftsjahr der Schuldübernahme und den nachfolgenden 14 Jahren gleichmäßig verteilt als Betriebsausgabe abziehbar. Wurde für Verpflichtungen im Sinne des § 4f Abs. 1 EStG ein Schuldbeitritt oder eine Erfüllungsübernahme mit ganzer oder teilweiser Schuldfreistellung vereinbart, gilt § 4f Abs. 1 Satz 1 EStG für die vom Freistellungsberechtigten an den Freistellungsverpflichteten erbrachten Leistungen entsprechend (§ 4f Abs. 2 EStG).

Die Vorschrift des § 4f EStG ist mit dem AIFM-Steuer-Anpassungsgesetz (AIFM-StAnpG) vom 18.12.2013 (BGBl I 2013, 4318) eingeführt worden. Sie ist nach § 52 Abs. 12c EStG i.d.F. des AIFM-StAnpG (seit dem 31.07.2014 und im Folgenden: § 52 Abs. 8 Satz 1 EStG) erstmals für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 28.11.2013 enden.

§ 52 Abs. 8 Satz 1 EStG stellt insoweit auf den Zeitpunkt der Schuldübernahme, des Schuldbeitritts beziehungsweise der Erfüllungsübernahme ab. Erfolgt der Schuldbeitritt in einem Wirtschaftsjahr, das nach dem 28.11.2013 endet, findet § 4f EStG Anwendung. Nicht ausreichend ist es demgegenüber , dass ein Aufwand, wie er im Streitfall aus der nachträglichen Entgelterhöhung resultiert, in einem Wirtschaftsjahr entsteht, das nach dem 28.11.2013 endet. Dies folgt aus der Auslegung des § 52 Abs. 8 Satz 1 EStG.

Die Vorschrift knüpft sprachlich und inhaltlich an die Regelung des § 4f EStG an, wonach der Aufwand aus der Übertragung von Verpflichtungen im Sinne des § 4f Abs. 1 Satz 1 EStG im Wirtschaftsjahr der Schuldübernahme ‑ beziehungsweise nach § 4f Abs. 2 EStG des Schuldbeitritts oder der Erfüllungsübernahme ‑‑ und den nachfolgenden 14 Jahren gleichmäßig verteilt als Betriebsausgabe abziehbar ist.

Dass danach die Anwendung des § 4f EStG auf Schuldübernahmen, Schuldbeitritte oder Erfüllungsübernahmen, die in einem am 28.11.2013 bereits abgeschlossenen Wirtschaftsjahr erfolgt sind, ausgeschlossen ist, steht auch im Einklang mit dem erkennbaren gesetzgeberischen Willen. Denn wie sich aus den Gesetzesmaterialien zu § 52 Abs. 12c EStG i.d.F. des AIFM-StAnpG ergibt, sollte die Regelung des § 4f EStG erstmals auf Schuldübertragungen, Schuldbeitritte und Erfüllungsübernahmen anzuwenden sein, die nach dem Tag der Verabschiedung im Bundestag vereinbart werden (BTDrucks 18/68, S. 76).
Verlag Dr. Otto Schmidt