30.01.2012

Umsätze aus Schwimm- und Aqua-Fitnesskursen privater Anbieter sind nicht steuerfrei

Die Umsätze aus Schwimm- und Aqua-Fitnesskursen eines privaten Anbieters unterfallen nicht der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 S. 1 UStG, wenn die Kurse nicht in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen aufgenommen sind bzw. die Teilnahme an diesen Kursen für die Teilnehmer ärztlich verordnet ist. Ein Steuerpflichtiger erlangt die Eigenschaft als Einrichtung mit sozialem Charakter nicht schon dadurch, dass er sich auf die Richtlinie beruft.

FG Münster 13.12.2011, 15 K 1041/08 U
Der Sachverhalt:
Der Kläger hatte das erste Staatsexamen für Lehramt in den Fächern Sport und Physik abgelegt. Ab Juni 2000 betrieb er eine Schwimmschule, für die er in den Streitjahren 2005 bis 2007 über keine Krankenkassenzulassung verfügte. Mit überwiegend Physiotherapeuten, führte er u.a. Wassergymnastik wie Aqua-Jogging bzw. Aqua-Fitness in Hallenbädern durch, die er vom jeweiligen kommunalen Betreiber stundenweise angemietet hatte.

Die Kursteilnehmer zahlten für die Teilnahme an den Kursen einen Betrag, der auch das Eintrittsgeld für die Hallenbadbenutzung umfasste. Auf der Grundlage des § 20 SGB V erstatteten die Krankenkassen die für die Aqua-Fitness-Kurse erhobenen Entgelte ganz oder teilweise an die Kursteilnehmer, da sie die Kurse als Leistung zur gesundheitlichen Prävention ansahen. Der Kläger gab für die Streitjahre keine Umsatzsteuer-Erklärungen ab, da er seine Umsätze gem. §§ 4 Nr. 14, Nr. 21, Nr. 22 UStG bzw. nach Art. 13 Teil A Abs. 1c, h, i, j der Richtlinie 77/388/EWG als steuerfrei ansah.

Das Finanzamt nahm an hingegen an, dass der Kläger keine steuerfreien Umsätze ausgeführt habe. Er habe weder Heilbehandlungen i.S.v. § 4 Nr. 14 S. 1 UStG noch dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten i.S.v. § 4 Nr. 22 UStG ausgeführt. Infolgedessen erließ es entsprechende USt-Bescheide.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Revision zum BFH wurde nicht zugelassen.

Die Gründe:
Die im vorliegenden Verfahren streitigen Umsätze unterfielen nicht der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 S. 1 UStG.

Die Steuerfreiheit setzt voraus, dass der Unternehmer eine Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin durch ärztliche oder arztähnliche Leistung erbringt und die dafür erforderliche Qualifikation besitzt. Dies war hier nicht der Fall. Der Kläger konnte nicht nachweisen, dass seine Schwimmkurse bzw. die von ihm durchgeführte Wassergymnastik in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen aufgenommen waren bzw. die Teilnahme an diesen Kursen für die Kursteilnehmer ärztlich verordnet war. Sofern einige Krankenkassen ihren Mitgliedern die Kursgebühren ganz oder teilweise auf der Grundlage des § 20 SGB V erstattet hatten, genügte diese "freiwillige" Kostentragung nicht, um den beruflichen Befähigungsnachweis zu erbringen.

Ohne Erfolg berief sich der Kläger zudem auf Art. 13 Teil A Abs. 1g bzw. h der Richtlinie 77/388/EWG (= 132 Abs. 1g bzw. h der MwStSystRl). Denn ein Steuerpflichtiger erlangt die Eigenschaft als Einrichtung mit sozialem Charakter nicht schon dadurch, dass er sich auf die Richtlinie beruft. Vielmehr ist es die Sache der nationalen Behörden, unter Berücksichtigung der Praxis der zuständigen Verwaltung zu bestimmen, welche Einrichtungen als Einrichtungen mit sozialem Charakter anzuerkennen sind. Die Anerkennung kann nach BFH-Rechtsprechung (Urt. v. 8.6.2011, Az.: XI R 22/09) aus der Übernahme der Kosten für seine Leistungen durch eine für die Gewährleistung der sozialen Sicherheit zuständige Einrichtung, d.h. einen Sozialversicherungsträger, wie auch aus der Anerkennung als soziale Einrichtung in einer entsprechenden Bescheinigung der nationalen Behörden abgeleitet werden. Beide Alternativen waren hier jedoch nicht erfüllt.

Selbst der Umstand, dass die Finanzverwaltung von den Volkshochschulen ausgeführte Schwimmkurse als steuerbefreite Umsätze erachtet, führte nicht zur Rechtswidrigkeit der hier streitgegenständlichen USt-Bescheide wegen Verstoßes gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 GG. Dem Gesetzgeber ist es nicht verwehrt, (Bildungs)-Leistungen, die von einem auf Einnahmeerzielungsabsicht ausgerichteten Unternehmer erbracht werden, anders zu besteuern als Leistungen, die von Bildungsträgern wie den Volkshochschulen erbracht werden, sofern deren originärer Zweck nicht in der Erzielung von Einnahmen, sondern in der Vermittlung von Bildungszielen besteht. Allein der Umstand, dass der Kläger mit seinem Angebot in Konkurrenz zu den Angeboten primär nicht auf die Erzielung von Einnahmen ausgerichteter Bildungsträger tritt, gebietet es nicht, auch seine Umsätze steuerfrei zu belassen.

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