08.05.2025

Umsatzsteuer bei der Verwaltung "unselbständiger Stiftungen"

Für eine steuerbare Verwaltungsleistung reicht es aus, dass diese sich auf ein Sondervermögen bezieht, ohne dass es für die Bejahung eines verbrauchsfähigen Vorteils beim Leistungsempfänger darauf ankommt, ob dieser entgeltlich eigene Vermögensinteressen oder die Vermögensinteressen Dritter ‑‑wie etwa gemeinnützige Interessen‑‑ verfolgt.

Kurzbesprechung
BFH v. 5.12.2024 - V R 13/22

UStG § 1 Abs 1 Nr. 1, UStG § 3 Abs 9a S 1, UStG § 3 Abs 1b, UStG § 12 Abs 2 Nr. 8 Buchst a
EGRL 112/2006 Art 2 Abs 1 Buchst c
BGB § 675


Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Die Steuerbarkeit einer entgeltlichen Leistung setzt einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Leistung und einem Gegenwert voraus. Dazu muss zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis bestehen, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte Dienstleistung bildet.

Eine Leistung gegen Entgelt liegt regelmäßig auch dann vor, wenn der Leistende im Auftrag des Leistungsempfängers für diesen eine Aufgabe übernimmt und insoweit gegen Aufwendungsersatz tätig wird. Als Leistungsempfänger ist grundsätzlich derjenige anzusehen, der aus dem der Leistung zugrunde liegenden Schuldverhältnis als Auftraggeber berechtigt und verpflichtet ist. Der Leistungsempfänger muss identifizierbar sein; er muss einen Vorteil erhalten, der zu einem Verbrauch im Sinne des gemeinsamen Mehrwertsteuerrechts führt. Hierzu ist erforderlich, dass einem identifizierbaren Verbraucher ein Vorteil verschafft wird, der einen Kostenfaktor in der Tätigkeit eines anderen Beteiligten am Wirtschaftsleben bilden könnte.

Vor diesem Hintergrund kann eine steuerbare Verwaltungsleistung in Bezug auf ein Vermögen gegeben sein, das zivilrechtlich im Eigentum des Verwalters steht, wenn es als Sondervermögen besonderen Bindungen unterliegt, im Hinblick hierauf aber vom sonstigen Vermögen des Verwalters getrennt zu halten ist und der Verwalter für seine Leistung ein Entgelt erhält. So liegt zum Beispiel eine entgeltlich gegenüber Anteilsinhabern erbrachte Verwaltungsleistung ‑ nicht aber eine steuerrechtlich unbeachtliche Verwaltung eigenen Vermögens ‑ vor, wenn eine Kapitalanlagegesellschaft mit ihrer auf ein Sondervermögen bezogenen Verwaltungstätigkeit dessen Wert und damit zugleich den Anteilswert an diesem beeinflusst, wobei sich ein Entgelt hierfür auch aus einer Verwaltungsgebühr ergeben kann, die die Kapitalanlagegesellschaft nach den mit den Anlegern getroffenen Vereinbarungen aus dem Sondervermögen und damit zulasten der als Leistungsempfänger anzusehenden Anteilsinhaber entnehmen darf.

Im Streitfall hatte das FG zutreffend die getrennt von dem übrigen Vermögen des Steuerpflichtigen verwalteten "Stiftungsvermögen" nicht als Empfänger der von dem Steuerpflichtigen erbrachten Verwaltungs- und Beratungsleistungen angesehen. Denn zwischen dem Steuerpflichtigen und den gesondert von ihm verwalteten "Stiftungsvermögen" bestanden keine Rechtsverhältnisse. Die "Stiftungsvermögen" waren nur Gegenstand der zu erbringenden Leistungen, nicht aber ‑‑ sowohl im Hinblick auf die bei ihnen als lediglich unselbständige Vermögensmasse fehlende Möglichkeit, Partei eines Rechtsverhältnisses zu sein, als auch in Bezug auf die Unmöglichkeit eines bei ihnen zu erfassenden Verbrauchs ‑‑ Empfänger dieser Leistungen.

Dagegen war das FG rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass der Steuerpflichtige keine entgeltlichen Leistungen an die Stifter erbracht hatte. Insoweit hatte es unberücksichtigt gelassen, dass der Steuerpflichtige und der Stifter neben dem eigentlichen "Stiftungsgeschäft", das aus der nicht steuerbaren, unentgeltlichen Vermögensübertragung an den Steuerpflichtigen als Treuhänder unter der Auflage, dieses Vermögen zu bestimmten gemeinnützigen Zwecken zu verwenden, bestand, vereinbart hatten, dass der Steuerpflichtige die Verwaltung des "Stiftungsvermögens" gegen Zahlung von pauschalen "Stiftungsbeiträgen" übernehmen sollte. Ohne dass der Beurteilung nach dem nationalen Zivilrecht Bindungswirkung für die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung zukommt, ist gleichwohl zu berücksichtigen, dass diese Vereinbarung als eigenständige schuldrechtliche Abrede neben das eigentliche "Stiftungsgeschäft" tritt.

Unter Berücksichtigung dieser, über die Schenkung unter Auflage hinausgehenden Vereinbarung erhielt der Stifter auch einen verbrauchsfähigen Vorteil. Denn der Steuerpflichtige verwaltete das Vermögen ausschließlich im Interesse des Stifters. Der Stifter hatte sowohl den Steuerpflichtigen über den Treuhandvertrag als auch den "Stiftungsvorstand" durch die "Satzung" gebunden, das übertragene Vermögen nach den von ihm vorgegebenen Zwecken zu verwalten.

Da das FG auf der Grundlage seiner rechtsfehlerhaften Auffassung für alle Streitjahre eine steuerpflichtige Leistungserbringung verneint hatte, verwies der BFH den Streitfall zur weiteren Sachaufklärung und erneuten Entscheidung an die Vorinstanz zurück.
Verlag Dr. Otto Schmidt