18.11.2011

Umsatzsteuererstattungen begründen keinen Anspruch auf Tarifbegünstigung

Werden Umsatzsteuererstattungen für mehrere Veranlagungszeiträume in einem Betrag ausgezahlt, begründet dies keinen Anspruch auf Tarifermäßigung nach § 34 EStG, da es sich dabei nicht um Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten i.S.d. Vorschrift handelt. Eine Steuererstattung stellt ebenso wie eine Steuerzahlung kein Entgelt für eine Tätigkeit dar.

FG Münster 20.10.2011, 6 K 2201/09 F
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine KG, die Geldspielautomaten betreibt und ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt. Das Finanzamt hatte den Betrieb der Klägerin und ihrer Gesamtrechtsvorgänger bis zur EuGH-Entscheidung vom 17.2.2005 (RSt-453/02 und C-462/02) i.V.m. dem BFH-Urteil vom 12.5.2005 als umsatzsteuerpflichtig behandelt. Letzteres hatte entschieden, dass sich ein Aufsteller von Geldspielautomaten i.d.S. auf die Steuerfreiheit seiner Umsätze nach Art. 13 Teil B Buchst. F der Richtlinie 77/388/EWG berufen kann, dass § 4 Nr. 9 b UStG keine Anwendung findet.

Entsprechend dem BMF-Schreiben vom 5.7.2006 (IV B 2-S 2141-7/06) aktivierte die Klägerin im Jahr 2005 die aufgrund der Rechtsprechungsänderung zu erwartenden USt-Erstattungen für die Jahre 1996 bis 2002 i.H.v. insgesamt 512.015 € zzgl. Zinsen i.H.v. insgesamt 183.408 €. Im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte des Jahres 2005 beantragte die Klägerin für den Gesamtbetrag i.H.v. 695.423 € die Tarifermäßigung für außerordentliche Einkünfte i.S.v. § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG zu gewähren.

Zunächst gewährte das Finanzamt die beantragte Tarifbegünstigung. Im Rahmen einer Betriebsprüfung vertrat es dann die Auffassung, dass diese zu Unrecht gewährt worden sei. Die Behörde war der Ansicht, dass eine Tarifermäßigung nach § 34 EStG bei Steuerpflichtigen, welche ihren Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG ermitteln würden, nicht in Betracht käme.

Das FG wies die Klage ab. Allerdings wurde die Revision zum BFH zugelassen, da die Entscheidung in Bezug auf die Auslegung des Tatbestandsmerkmals "Vergütung" im Rahmen der Vorschrift des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG Bedeutung über den Einzelfall hinaus besitzt.

Die Gründe:
Bei den Umsatzsteuererstattungen für die Jahre 1996 bis einschließlich 2002 handelte es sich nicht um Vergütungen für eine mehrjährige Tätigkeit i.S.d. § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG.

Zwar ist bereits zweifelhaft, ob § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG bei bilanzierenden Steuerpflichtigen überhaupt Anwendung findet. Letztlich ist eine Steuererstattung aber ebenso wie eine Steuerzahlung kein Entgelt für eine Tätigkeit. Ein Entgelt setzt eine Leistung und eine Gegenleistung voraus. Dies ist bei Steuern und Steuererstattungen gem. § 3 AO gerade nicht der Fall, denn Steuern sind Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einnahmen allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft.

Zwar war der Klägerin zuzugestehen, dass die fehlerhaften Umsatzsteuerzahlungen wirtschaftlich ein Anteil der Spielerumsätze waren. Dennoch sind die erzielten Spielerumsätze und die anteilige Weiterleitung an das Finanzamt als Umsatzsteuer nicht identisch. Durch die Abführung der anteiligen Umsätze als Umsatzsteuer ändert sich der Charakter der Gelder von einer entgeltlichen Vergütung aus der Leistungsbeziehung zwischen den Spielern und der Klägerin in eine Steuer in der Leistungsbeziehung zwischen der Klägerin und der Steuerbehörde.

Schließlich fehlte es auch an dem Tatbestandswerkmal der Mehrjährigkeit. Denn gem. § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG ist eine Tätigkeit mehrjährig, soweit sie sich über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstreckt und einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfasst. Abgesehen davon, dass die Umsatzsteuerzahlungen mit den Spielerumsätzen nicht gleichzusetzen sind, ist die zu jedem einzelnen Spielerumsatz durchgeführte Tätigkeit nicht mehrjährig. Das Entgelt, welches der Spieler für die Automatennutzung in den Spielautomaten einwirft, berechtigt jeweils zum Spiel am Automaten über einen Zeitraum von einigen Minuten oder allenfalls Stunden und nicht über einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten.

Linkhinweis:

FG Münster online
Zurück