09.04.2025

Verfassungsmäßigkeit des Flächen-/Wohnlagenmodells des Hamburger Grundsteuergesetzes

Das Hamburger Grundsteuergesetzes (HmbGrStG) ist jedenfalls im Hinblick auf die Bewertungsebene verfassungsgemäß, weshalb keine Vorlage an das BVerfG erfolgte. Allerdings wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache die Revision zum BFH zugelassen.

FG Hamburg v. 13.11.2024 - 3 K 176/23
Der Sachverhalt:
Der hamburgische Gesetzgeber hat unter Bezugnahme auf die Kompetenzvorschrift in Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 GG durch das Hamburgische Grundsteuergesetz Abweichungen zum Grundsteuergesetz vom 7.8.1973 (BGBl. I 1973, 965 - GrStG -), das zuletzt durch Art. 32 des Gesetzes vom 2.12.2024 (BGBl. I 2024. 387) geändert worden ist, normiert. Das Hamburgische Grundsteuergesetz (HmbGrStG) ist keine grundsteuerrechtliche Vollregelung, sondern knüpft an das Grundsteuergesetz des Bundes an und modifiziert es partiell.

Die Klägerin ist Eigentümerin einer Eigentumswohnung in Hamburg. Das Finanzamt hatte auf Grundlage des HmbGrStG einen erklärungsgemäßen Bescheid über die Grundsteuerwerte, Hauptfeststellung auf den 1.1.2022 erlassen. In dem Bescheid wurde die Eigentumswohnung als wirtschaftliche Einheit der Klägerin zugerechnet. Mit ihrem hiergegen gerichteten Einspruch hat die Klägerin das Ruhen des Verfahrens beantragt. Es könne derzeit nicht ermittelt werden, welche steuerlichen Konsequenzen der angefochtene Bescheid haben werde. Es sei unmöglich zu beurteilen, ob die auf Grundlage des angefochtenen Bescheides zukünftig festzusetzende Grundsteuer erdrosselnd und damit verfassungswidrig sein werde.

Das Finanzamt kam dem Antrag der Klägerin auf Ruhen des Verfahrens nicht nach und wies den Einspruch als unbegründet zurück. Mit ihrer Klage macht die Klägerin - ausschließlich - die Verfassungswidrigkeit des HmbGrStG geltend. Das FG hat die Klage abgewiesen. Allerdings wurde wegen wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache die Revision zugelassen. Das Verfahren ist beim BFH unter dem Az. II R 15/25 anhängig.

Die Gründe:
Der Grundsteuerwertbescheid verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der angefochtene Bescheid ist in einfachrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden.

Das Gericht kam nicht zu der Überzeugung, dass das HmbGrStG zweifelsfrei verfassungswidrig ist, sodass das Verfahren auch nicht im Wege eines konkreten Normenkontrollverfahrens dem BVerfG vorgelegt wurde. Der Senat hält das HmbGrStG sowohl formell als auch materiell für verfassungsgemäß. Die Hamburgische Grundsteuer ist eine Steuer im finanzverfassungsrechtlichen Sinn. Ihre Rechtfertigung mit nicht gedeckten Kosten öffentlicher Infrastrukturaufwendungen begründet kein Gegenleistungsverhältnis zwischen dem steuerpflichtigen Grundbesitzer und der Gebietskörperschaft, die die Infrastruktur zur Verfügung stellt.

Wird eine Steuer als Objektsteuer für Grundbesitz erhoben, handelt es sich auch dann um eine Grundsteuer im kompetenzrechtlichen Sinn der Finanzverfassung, wenn sie wertunabhängig nach Grundbesitzflächen (Flächenmodell) bemessen wird. Unter Berücksichtigung des großen Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers bei der Auswahl des Belastungsgrunds einer Steuer (ständige BVerfG-Rechtsprechung) kann mit der Grundsteuer das (bloße) Innehaben von Grundbesitz belastet werden.

Grundstücks- und Gebäudeflächen sind prinzipiell geeignet, den Belastungsgrund "Innehaben von Grundbesitz" zu erfassen und in der Relation realitäts- und damit gleichheitsgerecht i.S.v. Art. 3 Abs. 1 GG zu bemessen. Es bestehen auch keine Bedenken, Gebäudeflächen gegenüber Grundstücksflächen um den Faktor 12,5 höher zu besteuern. Bei einem etwaigen Belastungsgrund "Möglichkeit zur Nutzung der öffentlichen Infrastruktur" bestehen, jedenfalls bei einem Erhebungsgebiet wie dem Stadtstaat Hamburg, das insgesamt einen städtischen Ballungsraum darstellt, keine durchgreifenden Bedenken dagegen, Grundsteuer nach dem Flächenmodell zu erheben. Das Flächenmodell ist prinzipiell geeignet, auch diesen Belastungsgrund in der Relation realitäts- und damit gleichheitsgerecht zu bemessen.

Dies gilt jedenfalls dann, wenn ein größeres Nutzungspotential von Gebäudeflächen gegenüber Grundstückflächen berücksichtigt wird. Es steht nicht fest, dass der wirtschaftliche Wert von Grundbesitz die Möglichkeit zur Nutzung der öffentlichen Infrastruktur derart widerspiegelt, dass eine an diesem Belastungsgrund ausgerichtete Grundsteuer in der Relation nicht realitäts- und damit gleichheitsgerecht ist, wenn sie unabhängig von diesem Wert (wertunabhängig) erfolgt.

Das HmbGrStG ist letztlich auch nicht deswegen verfassungswidrig, weil es bei der Festsetzung der Grundsteuer zu Übermaßbesteuerungen kommen könnte. Es ist nicht ersichtlich, dass eine Übermaßbesteuerung gegebenenfalls nicht nach Anwendung aller in Betracht kommenden Erlass- und sonstigen Vorschriften, nötigenfalls aufgrund ihrer verfassungskonformen Auslegung vermieden werden kann.

Mehr zum Thema:

Online-Dossier: Die Reform der Grundsteuer

Rechtsprechung
Neuregelung des Hessischen Grundsteuergesetz (HGrStG) ist verfassungsgemäß
FG Hessen v. 23.1.2025 - 3 K 663/24

Aktionsmodul Steuerrecht:
Otto Schmidt Answers optional dazu buchen und die KI 4 Wochen gratis nutzen! Allumfassende Inhalte zum Steuerrecht. 4 Wochen gratis nutzen!
Landesrecht Hamburg