15.03.2011

Verlustabzugsverbot gilt nicht für bereits bis zum Beteiligungserwerb erwirtschaftete Gewinne

Das Verbot des § 8c Abs. 1 S. 1 KStG, in bestimmten Fällen des Erwerbes von Gesellschaftsanteilen nicht genutzte Verluste aus Vorjahren von Gewinnen abzuziehen, gilt nur beschränkt. Es erfasst den Verlustabzug von Gewinnen, die zeitlich nach einem schädlichen Beteiligungserwerb entstanden sind, aber - anders als die Finanzverwaltung meint - nicht auch den Verlustabzug von Gewinnen, die bereits bis zum Beteiligungserwerb erwirtschaftet worden sind.

FG Münster 30.11.2010, 9 K 1842/10 K
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine GmbH, deren Unternehmensgegenstand die Herstellung und der Einbau sowie der Vertrieb und die Wartung von Sportgeräten aller Art ist. Bei ihr fand im Juli 2008 ein Gesellschafterwechsel statt. Da 50% der Anteile übertragen worden waren, lag ein sog. schädlicher Beteiligungserwerb i.S.d. § 8c Abs. 1 KStG vor. Den zum 31.12.2007 festgestellten Verlust brachte die Klägerin im Rahmen ihrer Steuererklärung für das Jahr 2008 gleichwohl in vollem Umfang zum Abzug. Dabei wies sie darauf hin, dass der nicht genutzte Verlust aus dem Jahr 2007 bereits aufgrund des bis zum Anteilserwerb im Juli 2008 angefallenen Gewinnes verbraucht gewesen sei.

Das Finanzamt berücksichtigte - entsprechend der allgemeinen Verwaltungsauffassung - lediglich 50% des Verlustes. Der Abzug eines vor einem schädlichen Beteiligungserwerb festgestellten Verlustes sei auch insoweit ausgeschlossen, als er von einem Gewinn vorgenommen werden solle, der bereits bis zum Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbes erwirtschaftet worden sei.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Allerdings wurde aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Sache die Revision zum BFH zugelassen. Das Verfahren wird dort unter dem Az.: I R 14/11 geführt.

Die Gründe:
Der im Jahr 2007 festgestellte verbleibende Verlustvortrag war gem. § 10d Abs. 2 S. 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG im Veranlagungszeitraum 2008 in voller Höhe vom Gesamtbetrag der Einkünfte abzuziehen.

Der Abzug des verbleibenden Verlustvortrags war nicht gem. § 8c Abs. 1 S. 1 KStG ausgeschlossen. Die Verlustabzugsbeschränkung des § 8c Abs. 1 S. 1 KStG lag zwar ihren tatbestandlichen Voraussetzungen nach vor. Jedoch betraf sie ihren Rechtsfolgen nach nicht den hier in Rede stehenden Verlustabzug. Aufgrund des Erwerbs des 50 %-igen Geschäftsanteils war ein schädlicher Beteiligungserwerb i.S.v. § 8c Abs. 1 S. 1 KStG gegeben. Als Rechtsfolge sieht die Vorschrift zwar vor, dass die bis zum schädlichen Beteiligungserwerb nicht ausgeglichenen oder abgezogenen negativen Einkünfte (sog. nicht genutzte Verluste) anteilig i.H.d. Beteiligungserwerbs von 50 % nicht mehr abziehbar sind. Dies hinderte den Abzug des für die Klägerin zum 31.12.2007 festgestellten verbleibenden Verlustvortrags jedoch nicht.

Weder der Wortlaut noch der Sinn und Zweck der Regelung des § 8c Abs. 1 KStG sprechen für die Auffassung der Finanzverwaltung. Nach dem Gesetzeszweck sollen in früherer Zeit erwirtschaftete Verluste für das "neue wirtschaftliche Engagement" unberücksichtigt bleiben. Und im vorliegenden Fall wurde der vorherige Verlustvortrag gerade nicht für das "neue", sondern noch für das "alte" wirtschaftliche Engagement genutzt.

Ein anderes Ergebnis ergab sich auch nicht aus der gem. § 34 Abs. 6 S. 3 KStG für einen Übergangszeitraum unter bestimmten Voraussetzungen fortgeltenden Verlustabzugsbeschränkung gem. § 8 Abs. 4 KStG. Denn es wurden bereits nicht - wie von der vorgenannten Übergangsregelung gefordert - mehr als die Hälfte der Anteile an der Klägerin innerhalb eines vor dem 1.1.2008 beginnenden Zeitraums von fünf Jahren übertragen.

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FG Münster PM vom 15.3.2011
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