15.06.2012

Wechsel zur Fahrtenbuchmethode während des laufenden Kalenderjahres nicht zulässig

Ein Fahrtenbuch, das nicht während des ganzen Kalenderjahres geführt wird, ist nicht ordnungsgemäß. Für Ausnahmeregelungen im Einzelfall bietet das Gesetz keine hinreichende Grundlage.

FG Münster 27.4.2012, 4 K 3589/09 E
Der Sachverhalt:
Die Beteiligten streiten darüber, ob ein Fahrtenbuch auch dann ordnungsgemäß ist, wenn im laufenden Kalenderjahr mit seiner Führung begonnen wird. Die Kläger sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Kläger war im Streitjahr 2008 als kaufmännischer Angestellter bei der C-GmbH beschäftigt, die ihm ein Fahrzeug zur Verfügung stellte, das er auch für Privatfahrten nutzen durfte. Am 1. Mai des Streitjahres begann der Kläger damit, für dieses Fahrzeug ein (inhaltlich ordnungsgemäßes) Fahrtenbuch zu führen.

Das beklagte Finanzamt ermittelte den Nutzungsvorteil auch für die Monate nach Beginn der Aufzeichnungen nach der 1-Prozent-Methode. Mit seiner Klage machte der Kläger geltend, dass Veränderungen seiner familiären Situation (Geburt eines dritten Kindes) die Privatnutzungsmöglichkeiten des Fahrzeugs stark eingeschränkt hätten und es deshalb zulässig sein müsse, die Ermittlungsmethode auch während des laufenden Jahres zu ändern.

Das FG wies die Klage ab. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Das Revisionsverfahren wird beim BFH unter dem Az. VI R 35/12 geführt.

Die Gründe:
Das Finanzamt hat den Arbeitslohn des Klägers hinsichtlich der privaten Nutzung des Fahrzeugs für die Monate Mai bis Oktober 2008 zutreffend nach der sog. 1-Prozent-Methode berechnet.

Die Frage, für welchen Zeitraum ein Fahrtenbuch geführt werden muss, damit es als ordnungsgemäß angesehen werden kann, ist gesetzlich nicht geregelt. Soweit in der Literatur diese Frage aufgegriffen wird, wird entweder die Auffassung vertreten, nach der das Fahrtenbuch wenigstens über den gesamten Veranlagungszeitraum oder sogar für den gesamten Nutzungszeitraum des Kfz geführt werden müsse, um die Pauschalregelung auszuschließen Die Auffassung der Kläger, dass die Methode zur Ermittlung des Privatnutzungsanteils (unter gewissen Voraussetzungen) auch während des Kalenderjahres gewechselt werden dürfe, wird - soweit ersichtlich - nicht vertreten.

Das FG Köln hat in diesem Zusammenhang die Auffassung vertreten, das Gesetz wolle nicht zum Ausdruck bringen, dass jeden Monat von der 1-Prozent-Regelung zur Fahrtenbuchregelung und umgekehrt gewechselt werden könnte. Dies ergebe sich aus dem mit der Regelung verfolgten Vereinfachungs- und Typisierungsgedanken. Dieser Zweck würde verfehlt, wenn ein Fahrtenbuch nur dann verworfen werden könnte, wenn für jeden Monat seine Nichtordnungsmäßigkeit festgestellt würde. Dies würde auch eine aufwendige Zuordnung der Kosten zu den einzelnen Monaten erfordern.

Der Senat schließt sich der Auffassung an, dass ein Fahrtenbuch für einen Zeitraum von einem ganzen Kalenderjahr geführt werden muss, um als ordnungsmäßiges Fahrtenbuch anerkannt werden zu können. Neben den angeführten Praktikabilitätserwägungen, die für eine solche jahresbezogene Betrachtung sprechen, ist auch zu berücksichtigen, dass ein Fahrtenbuch für einen repräsentativen Zeitraum geführt werden muss. Wird ein Fahrtenbuch nur für einen Teil des Kalenderjahres geführt, besteht insoweit eine Manipulationsgefahr dahingehend, dass bestimmte Zeiträume mit höherem Privatnutzungsanteil - insbes. Urlaubszeiten - nicht erfasst werden und somit ein verzerrtes Ergebnis entsteht.

Ein gesamtes Kalenderjahr stellt vor diesem Hintergrund einen geeigneten Zeitraum dar und entspricht auch dem Veranlagungszeitraum. Wegen der mit der 1-Prozent-Regelung verfolgten Pauschalierung und Vereinfachung sollen die persönlichen Lebensumstände des Steuerpflichtigen gerade nicht in jedem Einzelfall aufgeklärt werden müssen. Daher kann es im Streitfall nicht darauf ankommen, ob der Wagen für die Kläger im streitigen Zeitraum für Familienfahrten geeignet war oder nicht. Für Ausnahmeregelungen im Einzelfall bietet das Gesetz keine hinreichende Grundlage.

Linkhinweis:

FG Münster NL vom 15.6.2012
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