12.04.2011

Wertgrenze des § 2 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. b EF-VO (430 €) kein anteilig vom Zollwert der Ware abziehbarer Freibetrag

Bei der Wertgrenze von 430 € des § 2 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. b EF-VO handelt es sich nicht um einen Freibetrag, der anteilig vom Zollwert der Ware abgezogen werden könnte. Der Wert einer Ware darf bei der Anwendung der Wertgrenzen des § 2 Abs. 1 Nr. 2 EF-VO nicht aufgeteilt werden (§ 2 Abs. 2 EF-VO).

FG Düsseldorf 25.3.2011, 4 K 120/11 Z
Der Sachverhalt:
Der Kläger verbrachte im November 2010 mit seiner Begleiterin einen Urlaub in der Türkei. Dort erwarb er eine Brille, die er sich von einem Optiker vor Ort hatte anfertigen lassen. Der Kläger reiste am 14.11.2010 mit seiner Begleiterin aus der Türkei kommend über das Zollamt X in das Zollgebiet der Gemeinschaft ein. Er benutzte den grünen Ausgang für anmeldefreie Waren. Dabei trug er die von ihm in der Türkei erworbene Brille. Nach dem Durchschreiten des grünen Ausgangs befragte ihn der Zollbeamte M nach mitgebrachten Waren. Der Kläger erklärte, keine Waren aus der Türkei mitgebracht zu haben.

Auf die Frage des M, ob er in der Türkei eine neue Brille gekauft habe, bestätigte er, eine Gleitsichtbrille im Wert von 410 € gekauft zu haben. Nachdem M ihn darauf hingewiesen hatte, dass neue Waren ab einem Wert von 430 € pro Person anmeldepflichtig seien, erklärte der Kläger nochmals, dass seine Brille nur 410 € gekostet habe. M durchsuchte schließlich den Rucksack des Klägers und fand darin die Rechnung für die Brille über 690 €. Der in der Türkei ansässige Optiker hatte auf der Rechnung quittiert, den Betrag von 690 € erhalten zu haben.

Das beklagte Hauptzollamt setzte gegen den Kläger unter Anwendung eines pauschalierten Abgabensatzes von 17,5 Prozent Einfuhrabgaben von 120,75 € und einen Zuschlag nach § 32 Abs. 3 ZollVG von 120,75 € fest. Hiergegen wendet sich der Kläger, der weiterhin behauptet, für die Brille nur 410 € bezahlt zu haben. Er ist zudem der Ansicht, der Warenwert müsse auf ihn und seine Begleiterin aufgeteilt werden; der "Freibetrag" von 430 € stehe ihm mithin zweimal zu.

Das FG wies die Klage ab. Die Revision zum BFH wurde nicht zugelassen.

Die Gründe:
Für die vom Kläger aus der Türkei in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbrachte Brille ist nach Art. 202 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften eine Zollschuld entstanden. Entsprechendes gilt nach § 21 Abs. 2 UStG für die Entstehung der Einfuhrumsatzsteuer. Der Kläger ist als Verbringer der Brille Zoll- und Steuerschuldner geworden (Art. 202 Abs. 3 Anstrich 1 ZK; § 21 Abs. 2 UStG).

Dem Kläger war nicht zu folgen, soweit er in der mündlichen Verhandlung unter Bezugnahme auf die von ihm vorgelegte eidesstattliche Erklärung seiner Begleiterin behauptet hat, nur 410 € für die Brille gezahlt zu haben. Die in seinem Rucksack vorgefundene Rechnung für die Brille weist einen Gesamtbetrag von 690 € aus. Der in der Türkei ansässige Optiker hat auf der Rechnung quittiert, den Betrag von 690 € erhalten zu haben. Der Kläger hat zudem selbst in seinem Einspruch und in seiner Klagebegründung eingeräumt, dass der Bruttowert der Brille 690 € betragen habe. Das Vorbringen des Klägers zum Wert der Brille ist mithin widersprüchlich.

Anders als der Kläger offenbar meint, handelt es sich bei der Wertgrenze von 430 € des § 2 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. b EF-VO nicht um einen Freibetrag, der anteilig vom Zollwert der Brille (Art. 29 Abs. 1 ZK) abgezogen werden könnte. Der Wert einer Ware darf bei der Anwendung der Wertgrenzen des § 2 Abs. 1 Nr. 2 EF-VO nicht aufgeteilt werden (§ 2 Abs. 2 EF-VO). Das hat zur Folge, dass die Brille mit ihrem gesamten Zollwert der Einfuhrabgabenerhebung unterliegt. Die Wertgrenze des § 2 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. b EF-VO kann auch nicht mit der Anzahl der zusammen einreisenden Personen multipliziert werden. Die (unteilbare) Wertgrenze des § 2 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. b EF-VO steht nur jedem Reisenden einzeln zu.

Das Hauptzollamt hat auch zu Recht einen Zollzuschlag nach § 32 Abs. 3 ZollVG festgesetzt. Der Kläger hat im grenzüberschreitenden Reiseverkehr eine Steuerordnungswidrigkeit begangen, die nach § 32 Abs. 1 ZollVG vom Zollamt nicht verfolgt worden ist. Da er verpflichtet war, die Brille ungefragt anzumelden, dies jedoch unterlassen hat, hat er zumindest eine leichtfertige Steuerverkürzung begangen (§§ 378 Abs. 1 S. 1, 370 Abs. 1 Nr. 2 AO).

Linkhinweis:

FG Düsseldorf PM vom 11.4.2011
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