17.05.2019

Wiederholte befristete Zuordnung zu einer Baustelle begründet keine erste Tätigkeitsstätte

Wird ein Arbeitnehmer wiederholt befristet von seinem Arbeitgeber auf einer Baustelle von dessen Auftraggeber eingesetzt, begründet er dort auch dann keine erste Tätigkeitsstätte, wenn der Einsatz insgesamt ununterbrochen länger als vier Jahren andauert.

FG Münster v. 25.3.2019 - 1 K 447/16 E
Der Sachverhalt:
Der Kläger war als angestellter Elektromonteur seit mindestens 2010 ununterbrochen auf der Baustelle der Auftraggeberin seiner Arbeitgeberin eingesetzt. Die Auftraggeberin hatte dabei jeweils befristete Aufträge an die Arbeitgeberin von längstens 36 Monaten erteilt. Auf dieser Grundlage wurde auch der Kläger auf der Baustelle eingesetzt. Die Arbeitgeberin hatte den Kläger im Arbeitsvertrag keiner ersten Tätigkeitsstätte i.S.v. § 9 Abs. 4 EStG zugeordnet.

Für das Streitjahr 2014 machte der Kläger Fahrtkosten zur Baustelle an 227 Tagen mit einem Kilometersatz von 0,30 € für die Hin- und Rückfahrt sowie Verpflegungsmehraufwendungen geltend. Das Finanzamt berücksichtigte dagegen nur die Entfernungspauschale mit der Begründung, dass die Baustelle nach einem Einsatz von mehr als 48 Monaten zur ersten Tätigkeitsstätte des Klägers geworden sei.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage teilweise statt. Die Revision zum BFH wurde nicht zugelassen.

Die Gründe:
Das Finanzamt hat den Abzug der geltend gemachten Fahrtkosten zu Unrecht verweigert.

Der Kläger hatte im Streitjahr 2014 keine erste Tätigkeitsstätte, so dass er Fahrtkosten und Verpflegungsmehraufwendungen nach Reisekostengrundsätzen abziehen kann. Mangels arbeitsvertraglicher Bestimmung der ersten Tätigkeitsstätte durch die Arbeitgeberin ist nach dem Gesetz maßgeblich, ob der Kläger der Baustelle für die Dauer des Dienstverhältnisses oder für mehr als 48 Monate zugewiesen worden ist. Hierfür ist nicht darauf abzustellen, dass der Kläger rückwirkend betrachtet mehr als 48 Monate auf der Baustelle tätig war. Vielmehr ist im Wege einer Prognosebetrachtung anhand objektiver Umstände zu prüfen, ob der Kläger davon ausgehen konnte, für einen so langen Zeitraum auf der Baustelle eingesetzt zu werden. Dies ist vorliegend aufgrund der stets befristeten Beauftragung seiner Arbeitgeberin durch ihre Auftraggeberin nicht der Fall.

Dementsprechend konnte der Kläger insbesondere seine Wohnsituation nicht danach ausrichten. Eine Reduzierung der Fahrtkosten - etwa durch eine Wohnsitznahme am Arbeitsort - war damit für den Kläger schwieriger zu realisieren und aus der Prognosebetrachtung heraus wirtschaftlich weit weniger sinnvoll als für einen Arbeitnehmer, der mehr oder weniger sicher davon ausgehen kann, über einen Zeitraum von mindestens vier Jahren am selben Ort eingesetzt zu werden. Diese Planbarkeit für den Arbeitnehmer bei der Wohnsitzsuche und Optimierung der Fahrtaufwendungen ist aber gerade ein ganz wesentlicher Grund für das Merkmal der Dauerhaftigkeit und die dieses Merkmal ausfüllende zeitliche Grenze von in der Regel vier Jahren.

Im Ergebnis zu Recht hat das Finanzamt den Abzug der geltend gemachten Verpflegungsmehraufwendungen nicht zugelassen. Denn gem. § 9 Abs. 4a Satz 6 EStG ist der Abzug der Verpflegungspauschalen auf die ersten drei Monate einer längerfristigen beruflichen Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte begrenzt. Da der Kläger zu Beginn des Streitjahres bereits mehrere Jahre ununterbrochen auf dem Betriebsgelände eingesetzt war, entfällt der Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen.

Linkhinweis:
FG Münster NL vom 15.5.2019
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