24.08.2012

Zu den Voraussetzungen der Inanspruchnahme für einen Umsatzsteuerrückforderungsanspruch

Der Steuererstattungsanspruch entsteht zwar bereits mit der Zahlung eines nach materiellem Recht nicht geschuldeten Betrages. Für die Durchsetzung (Verwirklichung) des materiell bereits entstandenen Erstattungsanspruchs bedarf es jedoch auch der vorherigen Änderung einer bestehenden, dem materiellen Steuerrecht widersprechenden Steuerfestsetzung.

BFH 14.3.2012, XI R 6/10
Der Sachverhalt:
Der Kläger war seit Juli 2003 Geschäftsführer einer GmbH, deren Sitz zwar im Inland lag, die allerdings Baugerüste in Griechenland vertrieb und vermietete. Die GmbH machte in verschiedenen Umsatzsteuer-Voranmeldungen Vorsteuerbeträge geltend, die ihr durch das Finanzamt erstattet wurden. Aufgrund einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung im Jahr 2004 stellte sich heraus, dass die GmbH ihr operatives Geschäft bereits im Gründungsjahr 2003 nach Griechenland verlegt hatte. Nach Ansicht des Finanzamtes war die GmbH somit kein inländisches Unternehmen mehr, so dass ihr die Vorsteuern zu Unrecht erstattet worden seien.

Nach Angaben des Finanzamtes hob es die Umsatzsteuer-Voranmeldungen im September 2005 auf und erteilte Abrechnungsbescheide über die zuviel erstattete Umsatzsteuer, die dem Bevollmächtigten der GmbH zugesandt wurden. Die angebliche Bekanntgabe der Bescheide erfolgte mit einfachem Brief. Ein Empfangsnachweis lag nicht vor. Der Kläger bestritt den Zugang dieser Bescheide.

Außerdem nahm die Steuerbehörde den Kläger mit Haftungsbescheid im Oktober 2006 gem. § 191 i.V.m. §§ 69, 34 AO für Umsatzsteuerschulden der GmbH in Anspruch, da er als Geschäftsführer deren Steuern nicht abgeführt habe. Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Die Revision des Finanzamtes blieb vor dem BFH erfolglos.

Die Gründe:
Das FG hat zutreffend ausgeführt, dass die Voraussetzungen für einen Erstattungsanspruch des Finanzamtes nach § 37 Abs. 2 AO nicht erfüllt waren. Denn die Vorsteuerbeträge waren nicht ohne rechtlichen Grund an die GmbH gezahlt worden.

Ob eine Steuer oder eine Steuervergütung ohne rechtlichen Grund gezahlt wurde, richtet sich regelmäßig nach den zugrunde liegenden Steuerbescheiden. Grundlage für die Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis sind die Steuerbescheide; die Steueranmeldungen stehen dabei den Steuerbescheiden gleich. Infolgedessen stellten hier die Umsatzsteuer-Voranmeldungen den rechtlichen Grund für die Auszahlung der Umsatzsteuer (Vorsteuerüberschüsse) an die GmbH dar. Da die Steueranmeldungen in den einzelnen streitbefangenen Voranmeldungszeiträumen jeweils zu Steuervergütungen führten, trat diese Folge jeweils mit der Zustimmung des Finanzamtes ein, die spätestens konkludent in der Auszahlung der Erstattungsbeträge zu sehen ist.

Das Finanzamt hat diese Steuerbescheide in der Folgezeit nicht wirksam aufgehoben. Schließlich konnte der Zugang der Aufhebungsbescheide aus September 2005 nicht nachgewiesen werden. Die angebliche Bekanntgabe der Bescheide erfolgte mit einfachem Brief. Ein Empfangsnachweis lag nicht vor. Der Kläger hat den Zugang bestritten. Anhaltspunkte aus dem anderweitigen Schriftverkehr für den Erhalt des Schreibens sind nicht ersichtlich.

Auch soweit der VII. Senat des BFH im Rahmen der Beurteilung, ob i.S.d. § 37 Abs. 2 AO "ohne rechtlichen Grund" gezahlt wurde, auf das materielle Steuerrecht abstellt, rechtfertigt dies im Ergebnis keine abweichende rechtliche Würdigung. Danach ist der Steuererstattungsanspruch zwar bereits mit der Zahlung eines nach materiellem Recht nicht geschuldeten Betrages entstanden. Für die Durchsetzung (Verwirklichung) des materiell bereits entstandenen Erstattungsanspruchs bedarf es jedoch auch nach dieser Auffassung der vorherigen Änderung einer bestehenden, dem materiellen Steuerrecht widersprechenden Steuerfestsetzung.

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