16.08.2013

Zufluss von Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld als Arbeitslohn bei einvernehmlicher Aufhebung einer entsprechenden Zusage

In Fällen, in denen eine arbeitsvertragliche Zusage von Weihnachts- und Urlaubsgeld vor dem Zeitpunkt der Entstehung dieser Sonderzuwendungen einvernehmlich aufgehoben wird, kann dem Arbeitnehmer kein Arbeitslohn über die Grundsätze des Zuflusses von Einnahmen bei einem beherrschenden Gesellschafter zufließen. Der Arbeitnehmer kann insoweit auch keine zuflussbegründende verdeckte Einlage bewirken.

BFH 15.5.2013, VI R 24/12
Der Sachverhalt:
Die Kläger sind Eheleute und wurden in den Streitjahren 1999 bis 2002 gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Sie waren zu jeweils 50 % an einer GmbH beteiligt. Während der Kläger dort als Geschäftsführer tätig war, war die Klägerin als kaufmännische Angestellte beschäftigt. Im Jahr 1997 vereinbarten die Kläger mit der GmbH die Gewährung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Dieses wurde in den Streitjahren 1999 bis 2002 nicht ausgezahlt. In der Bilanz der GmbH wurden auch keine entsprechenden Passivposten gebildet.

In den Einkommensteuererklärungen gaben die Kläger Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit ohne den Bezug von Urlaubs- oder Weihnachtsgeld an. Das Finanzamt ging im Anschluss an eine Lohnsteuer-Außenprüfung bei der GmbH davon aus, dass den Klägern das Urlaubs- und das Weihnachtsgeld in den Streitjahren 1999 bis 2002 jeweils bereits mit Fälligkeit zugeflossen sei. Es erließ entsprechend geänderte Einkommensteuerbescheide.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Die Revision des Finanzamtes blieb vor dem BFH erfolglos.

Die Gründe:
Zu Recht hatte das FG entschieden, dass den Klägern das streitbefangene, nicht ausgezahlte Urlaubs- und Weihnachtsgeld nicht zugeflossen war.

Der Zufluss i.S.d. § 11 Abs. 1 S. 1 EStG tritt mit der Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht ein; das ist in der Regel der Zeitpunkt des Eintritts des Leistungserfolgs oder der Möglichkeit, den Leistungserfolg herbeizuführen. Geldbeträge fließen dem Steuerpflichtigen dementsprechend dadurch zu, dass sie bar ausgezahlt oder einem Konto des Empfängers bei einem Kreditinstitut gutgeschrieben werden. Jedoch kann auch eine Gutschrift in den Büchern des Verpflichteten einen Zufluss bewirken, wenn in der Gutschrift nicht nur das buchmäßige Festhalten einer Schuldbuchverpflichtung zu sehen ist, sondern darüber hinaus zum Ausdruck kommt, dass der Betrag dem Berechtigten von nun an zur Verfügung steht. Allerdings muss der Gläubiger dann in der Lage sein, den Leistungserfolg ohne weiteres Zutun des im Übrigen leistungsbereiten und leistungsfähigen Schuldners herbeizuführen.

Da sich die Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht nach den tatsächlichen Verhältnissen richtet, kann das Zufließen grundsätzlich nicht fingiert werden. Eine Ausnahme macht die Rechtsprechung hiervon lediglich bei beherrschenden Gesellschaftern einer Kapitalgesellschaft. Allerdings werden von dieser Zuflussfiktion nur Gehaltsbeträge und sonstige Vergütungen erfasst, die die Kapitalgesellschaft den sie beherrschenden Gesellschaftern schuldet und die sich bei der Ermittlung ihres Einkommens ausgewirkt haben. Eine verdeckte Einlage liegt nach ständiger BFH-Rechtsprechung vor, wenn ein Gesellschafter oder eine ihm nahestehende Person der Gesellschaft einen einlagefähigen Vermögensvorteil zuwendet, ohne dass der Gesellschafter hierfür neue Gesellschaftsanteile erhält, und wenn diese Zuwendung ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis hat. Letztere Voraussetzung ist gegeben, wenn ein Nichtgesellschafter der Gesellschaft den Vermögensvorteil bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht eingeräumt hätte.

Nach diesen Maßstäben fehlte es hier an einem Zufluss des streitbefangenen Urlaubs- und Weihnachtsgeldes. Die Kläger waren in den Streitjahren schon keine beherrschenden Gesellschafter der GmbH. Hält ein Gesellschafter - wie hier - nicht mehr als 50 % der Gesellschaftsanteile, kann er nach ständiger Rechtsprechung zwar einem beherrschenden Gesellschafter gleichgestellt werden, wenn er mit anderen gleichgerichtete materielle, d.h. finanzielle Interessen verfolgenden Gesellschaftern zusammenwirkt, um eine ihren Gesellschafterinteressen entsprechende Willensbildung der Kapitalgesellschaft herbeizuführen; allein der Umstand, dass die Gesellschafter Eheleute sind, kann eine entsprechende Vermutung aber nicht begründen. Außerdem fehlte es auf Grundlage der insoweit bindenden Feststellungen des FG an einer Forderung, die hätte fällig werden können.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BFH veröffentlicht.
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