17.04.2013

Zum Begriff der "Vermietung von Grundstücken"

Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12c UStG betrifft nur solche Nutzungsrechte, die auch von dem Begriff "Vermietung und Verpachtung" umfasst werden. Die entgeltliche unwiderrufliche Zurverfügungstellung eines Grundstücks für Ausgleichsmaßnahmen nach dem BNatSchG fällt nicht unter diesen Begriff.

BFH 8.11.2012, V R 15/12
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist im Hauptberuf Angestellter und bewirtschaftet nebenberuflich einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb. Dieser umfasst u.a. eine Pferdezucht; außerdem bietet der Kläger Reitunterricht an. Er erzielte in den Streitjahren 2002 und 2003 darüber hinaus Einnahmen aufgrund eines Vertrages, mit dem er der Gemeinde ein Grundstück zur Durchführung von Ausgleichsmaßnahmen nach dem BNatSchG entgeltlich zur Verfügung stellte.

Nach Anlegung der Ausgleichsmaßnahme nutzte der Kläger das Grundstück, indem er die Wiesenflächen düngte und regelmäßig mähte. Im Anschluss an eine Außenprüfung unterwarf das Finanzamt u.a. auch die Einnahmen des Klägers aus der Grundstücksüberlassung der Umsatzsteuer.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Revision des Klägers blieb vor dem BFH erfolglos.

Die Gründe:
Die Überlassung der Grundstücke an die Gemeinde zwecks Verwendung für eine Ausgleichsmaßnahme unterlag der Regelbesteuerung und wurde weder von der Steuerbefreiung gem. § 4 Nr. 12a UStG noch von der gem. § 4 Nr. 12b UStG erfasst.

Ob eine Vermietungs- oder Verpachtungstätigkeit vorliegt, richtet sich umsatzsteuerrechtlich nicht nach den Vorschriften des nationalen Zivilrechts. Das grundlegende Merkmal des Begriffs der "Vermietung von Grundstücken" i.S.v. Art. 13 Teil B Buchst. b Richtlinie 77/388/EWG besteht darin, dass dem Vertragspartner auf bestimmte Zeit gegen eine Vergütung das Recht eingeräumt wird, ein Grundstück so in Besitz zu nehmen, als wäre er dessen Eigentümer, und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen. Für die Beurteilung, ob eine bestimmte Vereinbarung dieser Definition entspricht, sind alle Merkmale des Vorgangs sowie die Umstände zu berücksichtigen, unter denen er erfolgt. Maßgebend ist insoweit der objektive Inhalt des Vorgangs, unabhängig von der Bezeichnung, die die Parteien ihm gegeben haben.

Infolgedessen lag hier keine Vermietung vor. Zwar hatte der Kläger der Gemeinde das Recht zur Inbesitznahme eingeräumt, um die Ausgleichsmaßnahme auf dem Grundstück vornehmen zu können. Dabei war es den Vertragsparteien aber nicht um eine Inbesitznahme der Grundstücke durch die Gemeinde gegangen, um ihr die Möglichkeit zu verschaffen, Dritte wie ein Eigentümer von der Nutzung ausschließen zu können. Entscheidend war für die Gemeinde, die Grundstücke durch Umgestaltung in einen bestimmten Zustand ("extensiv genutztes Grünland und Anlage eines Teiches") zu versetzen, um damit ihren naturschutzrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen. Das wurde durch die tatsächliche spätere Nutzung bestätigt, in deren Rahmen der Kläger die Grünflächen gemäht und gedüngt hatte. Außerdem schied eine Vermietung, weil der Kläger der Gemeinde das Nutzungsrecht nicht für eine bestimmte Zeit überlassen hatte.

Die Grundstücksüberlassung war auch nicht von der Steuerbefreiung gem. § 4 Nr. 12c UStG umfasst. Danach ist u.a. die Bestellung von dinglichen Nutzungsrechten, zu denen auch die entgeltliche Einräumung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit gehört, steuerfrei. Die Vorschrift beruht wiederum auf Art. 13 Teil B Buchst. b S. 1 der Richtlinie 77/388/EWG, nach der die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken steuerfrei ist. Aus der richtlinienkonformen Auslegung folgte jedoch, dass nur die Bestellung solcher dinglicher Nutzungsrechte unter § 4 Nr. 12c UStG fallen kann, die auch von dem Begriff "Vermietung und Verpachtung" (s.o.) umfasst werden. Mit der Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit sollte aber vorliegend das Recht zur Durchführung einer Ausgleichsmaßnahme gesichert werden, das aus den oben genannten Gründen gerade nicht das Merkmal "Vermietung und Verpachtung" erfüllte.

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