14.06.2011

Zum Erwerbsvorgang auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage bei Vollbeendigung einer GbR

Wird eine GbR aufgelöst und das Gesamthandsvermögen ohne Auseinandersetzung unter den Gesellschaftern auf eine andere GbR übertragen, beruht der Erwerb der anderen GbR auch dann nicht auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage i.S.d. § 8 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Alt. 3 GrEStG, wenn an beiden GbR dieselben Gesellschafter beteiligt sind. Unter einen solchen Erwerbsvorgang fallen nur solche Grundstücksübergänge zwischen einer Gesellschaft und ihren Gesellschaftern, durch die die Gesellschafterstellung des beteiligten Gesellschafters in rechtlicher Hinsicht berührt oder verändert wird.

BFH 16.2.2011, II R 48/08
Der Sachverhalt:
An der Klägerin, einem Immobilienfonds in der Rechtsform einer GbR, sowie an der Immobilienfonds M-GbR waren die M-AG, die M-GmbH und der K. beteiligt. Die Gesellschafter der M-GbR traten im August 1998 an die Gesellschafter der Klägerin sämtliche Ansprüche aus einem Grundstückskaufvertrag der M-GbR mit der M-AG ab. Im Gegenzug verpflichteten sich die Gesellschafter der Klägerin, in sämtliche im Kaufvertrag übernommenen Verpflichtungen einzutreten. Zugleich beschlossen die Gesellschafter der M-GbR die Auflösung der Gesellschaft unter Übertragung des gesamten Vermögens auf die Gründungsgesellschafter der Klägerin. Die Gesellschafter der Klägerin nahmen die Übertragungen an und verpflichteten sich, die Gesellschafter der aufgelösten Gesellschaft von allen Verbindlichkeiten freizustellen.

Gegenstand des Kaufvertrages war ein Baugrundstück, das die M-GbR zuvor von der M-AG erworben hatte. Die M-AG war die Initiatorin des gesamten Bauprojekts und hatte sich zunächst gegenüber dem Kunden als Generalunternehmerin zur Bebauung verpflichtet. Sie initiierte auch die Gründung der Klägerin und der M-GbR und setzte ihre Bebauungsabsicht noch vor dem Erwerb des streitigen Grundstücks durch die Klägerin konkret um, indem sie eine baugenehmigungsreife Bebauung entwickelte. Die Klägerin schloss später mit der M-AG einen Generalübernehmervertrag und griff auf die von der M-AG erwirkte Baugenehmigung und deren Konzept zurück.

Das Finanzamt bemaß die Grunderwerbsteuer nach dem Wert der Gegenleistung setzte sie unter Berücksichtigung des der M-AG verbliebenen Anteils an der Klägerin i.H.v. fünf Prozent nach § 6 Abs. 3 GrEStG fest. Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt, da der Grundstückskaufvertrag aus August 1998 einen Erwerbsvorgang auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage darstelle. Auf die Revision des Finanzamtes hob der BFH das Urteil auf und wies die Klage ab.

Die Gründe:
Die Grunderwerbsteuer war gem. § 8 Abs. 1 GrEStG nach dem Wert der Gegenleistung zu bemessen. Diese war in Höhe des Gesamtaufwands für das Grundstück einschließlich der Bebauung anzusetzen. Der Klage war lediglich insoweit stattzugeben, als das Finanzamt im Rahmen der Anwendung des § 6 Abs. 3 GrEStG die der M-GmbH und dem K. verbliebenen Anteile an der Klägerin nicht berücksichtigt hatte.

Wird im Zusammenhang mit der Auflösung einer GbR - wie hier - das Gesamthandsvermögen ohne Auseinandersetzung unter den Gesellschaftern auf eine andere GbR übertragen, beruht der Erwerb der anderen GbR auch dann nicht auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage i.S.d. § 8 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Alt. 3 GrEStG, wenn an beiden GbR dieselben Gesellschafter beteiligt sind. Die Voraussetzungen, unter denen abweichend von der Grundregel in § 8 Abs. 1 GrEStG die Bedarfswerte nach § 138 Abs. 2 oder 3 BewG als Bemessungsgrundlage anzusehen sind, lagen hier nicht vor.

Unter einen Erwerbsvorgang auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage nach § 8 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Alt. 3 GrEStG fallen nur solche Grundstücksübergänge zwischen einer Gesellschaft und ihren Gesellschaftern, durch die die Gesellschafterstellung des beteiligten Gesellschafters in rechtlicher Hinsicht berührt oder verändert wird. Das ist etwa der Fall, wenn dem Gesellschafter für die Übertragung des Grundstücks auf die Gesellschaft eine höhere Beteiligung eingeräumt wird oder wenn sich wegen der Übertragung des Grundstücks durch die Gesellschaft auf den Gesellschafter dessen Beteiligung an der Gesellschaft vermindert. Hieran fehlte es allerdings im Streitfall, da die Gesellschafter, deren Stellung bei der Klägerin oder der M-GbR berührt worden sein könnte, an dem steuerbaren Rechtsgeschäft nicht beteiligt waren. Denn der Eigentumsverschaffungsanspruch der M-GbR wurde nicht an ihre Gesellschafter, sondern unmittelbar an die Klägerin abgetreten.

Als Gegenleistung gilt in den Fällen der Abtretung eines Übereignungsanspruchs nach § 9 Abs. 1 Nr. 6 S. 1 GrEStG die Übernahme der Verpflichtung aus dem Rechtsgeschäft, das den Übereignungsanspruch begründet hat, einschließlich der besonderen Leistungen, zu denen sich der Übernehmer dem Abtretenden gegenüber verpflichtet hat. Denn Ebenso wie bei einem Kaufvertrag, durch den ein Anspruch auf Übereignung eines Grundstücks begründet wird, ist auch beim Erwerb eines Übereignungsanspruchs mittels Abtretung für die Höhe der Gegenleistung entscheidend, in welchem tatsächlichen, möglicherweise auch erst zukünftig herzustellenden Zustand der Erwerber das Grundstück erhalten soll, d.h. in welchem tatsächlichen Zustand das Grundstück Gegenstand des Erwerbsvorgangs ist.

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