11.12.2012

Zum verjährungsrechtlichen Sekundäranspruch eines Mandanten bei mehrfach wiederholtem - besonders auffälligem - Fehler des Steuerberaters

Der verjährungsrechtliche Sekundäranspruch eines Mandanten entsteht trotz eines mehrfach wiederholten Fehlers bei der Abfassung von Steuererklärungen, auch wenn dieser besonders auffällig ist, grundsätzlich nicht ohne einen neuen Anhaltspunkt, der den Berater veranlassen muss, seine fehlerhaften Annahmen zu überprüfen. Drängt sich die Erkenntnis des Fehlers geradezu auf, welcher den Erstschaden verursacht hat, kann der neue Anhaltspunkt lediglich im Einzelfall schwächer sein als bei weniger leicht erkennbaren Fehlern.

BGH 15.11.2012, IX ZR 109/09
Der Sachverhalt:
Der Beklagte ist Steuerberater. Er hat für sich, den Kläger und einen dritten Beteiligten in einer Grundstücksgesellschaft bürgerlichen Rechts die Steuererklärungen zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Grundlagen für die Einkommensbesteuerung abgegeben.

Das OLG gab der Klage teilweise statt und sprach dem Kläger wegen der für die Veranlagungszeiträume 1999 bis 2003 unterbliebenen Abschreibungen der Gebäudemodernisierungskosten aus der Zeit von 1996 bis 1998 Ersatz seines Steuerschadens und eines Teils der hierfür aufgewendeten Rechtsverfolgungskosten zu. Den für das Jahr 1998 geltend gemachten Schadensbetrag wies es wegen Verjährung ab.

Der Senat ließ die Revision gegen dieses Urteil zu, soweit sich die Verurteilung zum Schadensersatz auf die Veranlagungszeiträume 1999 und 2000 bezieht. Es hob das Berufungsurteil insoweit auf, als i.H.v. mehr als 35.258 € nebst Zinsen zum Nachteil des Beklagten erkannt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wies es die Klage ab.

Die Gründe:
Das OLG hat zwar den Grund einer Schadensersatzpflicht des Klägers gegen den Beklagten rechtsfehlerfrei bejaht. Die hierauf gestützten Ansprüche begegnen jedoch wegen der Steuerschäden in den Veranlagungszeiträumen 1999 und 2000 ebenso wie schon derjenige des Vorjahres einem dauernden Leistungsverweigerungsrecht des Beklagten nach § 214 Abs. 1 BGB wegen Verjährung.

Die neuere BGH-Rechtsprechung zur Entstehung des verjährungsrechtlichen Sekundäranspruchs gegenüber einem Steuerberater betont, dass neben den unterlassenen Hinweis auf begangene Pflichtverletzungen und den Schaden in Gestalt der eingetretenen Primärverjährung der Anlass treten muss, den der steuerliche Berater unbeachtet gelassen hat. Wiederholt er aufgrund fortwirkenden Irrtums über einen steuerrechtlich erheblichen Umstand bei der Anfertigung von Steuererklärungen nur seinen ersten Fehler und hat er dabei keinen neuen Anhaltspunkt, der auf den Fehler und das besondere Haftungsrisiko der zurückliegenden Tätigkeit hindeutet, so fehlt der Anlass, der den verjährungsrechtlichen Sekundäranspruch wegen unterlassener Aufklärung des Mandanten über die mögliche Haftung und ihre Verjährung begründen kann.

Entgegen der Ansicht des OLG bedarf es eines neuen Anhaltspunktes auch dann, wenn dieser Fehler besonders auffällig ist. Drängt sich die Erkenntnis des Fehlers geradezu auf, welcher den Erstschaden verursacht hat, kann der neue Anhaltspunkt lediglich im Einzelfall schwächer sein als bei weniger leicht erkennbaren Fehlern. Gänzlich fehlen - wie im Streitfall - darf ein neuer Anhaltspunkt, nach dem der Steuerberater seinen früheren Fehler hätte erkennen müssen, nicht, weil der verjährungsrechtliche Sekundäranspruch eine neue, eigenständige Pflichtwidrigkeit des Rechtsberaters voraussetzt.

Die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen des verjährungsrechtlichen Sekundäranspruchs liegt bei dem geschädigten Mandanten, der damit die ansonsten begründete Verjährungseinrede des beklagten Steuerberaters entkräften will. Zu dieser Last des Mandanten gehört auch der Vortrag und Nachweis, dass der Anlass, den Mandanten über die Möglichkeit der eigenen Haftung und ihre Verjährung aufzuklären, sich so rechtzeitig ergeben hat, dass bei Erfüllung dieser Pflicht des Beraters der Mandant die Primärverjährung noch hemmen konnte. Hierzu ist jedoch dem Sachvortrag und den Beweisantritten des Klägers nichts Weiteres zu entnehmen.

Der Schadensersatzanspruch des Klägers gegen den Beklagten für die Veranlagungszeiträume 1999 und 2000 ist damit nach dem Zeitpunkt der Bekanntgabe der entsprechenden Feststellungsbescheide gem. § 68 StBerG verjährt gewesen, bevor der Beklagte auf die Erhebung der Einrede am 13.9.2005 für alle nicht schon verjährten Ansprüche verzichtet hat.

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