07.03.2012

Zum Vorsteuerabzug bei Holdinggesellschaften

Eine Holdinggesellschaft, deren Hauptzweck das Halten von Beteiligungen ist und die entgeltliche Leistungen nur als Nebenzweck erbringt, ist analog § 15 Abs. 4 UStG nur insoweit zum Vorsteuerabzug berechtigt, als die Eingangsleistungen ihren entgeltlichen Ausgangsleistungen wirtschaftlich zuzurechnen sind. Sie kann höchstens zum hälftigen Vorsteuerabzug aus den Gemeinkosten berechtigt sein.

BFH 9.2.2012, V R 40/10
Der Sachverhalt:
Die Klägerin war im Februar 2010 zur Insolvenzverwalterin über das Vermögen einer Holdinggesellschaft bestellt. Satzungsgemäßer Gegenstand des Unternehmens der AG waren der Erwerb, die Verwaltung und Veräußerung von Beteiligungen sowie die Erbringung von Dienstleistungen gegenüber ihren Tochtergesellschaften. Das Finanzamt billigte der Holding für das Streitjahr 2004 einen Vorsteuerabzug von 75% aus den Gemeinkosten zu. Es war der Ansicht, dass der AG kein Vorsteuerabzug aus der Veräußerung der Beteiligung an einer Enkelgesellschaft zustehe.

Das FG wies die Klage, mit der die Holding den vollen Vorsteuerabzug begehrte, ab. Die hiergegen gerichtete Revision der Klägerin blieb vor dem BFH erfolglos.

Die Gründe:
Das FG hatte im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Klägerin über den vom Finanzamt anerkannten Vorsteuerabzug hinaus kein weiter gehender Anspruch auf Vorsteuerabzug zustand.

Die Holdinggesellschaft war sowohl wirtschaftlich (unternehmerisch) als auch nichtwirtschaftlich (nichtunternehmerisch) tätig. Nach EuGH-Rechtsprechung sind der bloße Erwerb, das bloße Halten und der bloße Verkauf von Aktien an sich keine wirtschaftlichen Tätigkeiten, da diese Vorgänge nicht die Nutzung eines Gegenstands zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen beinhalten und das einzige Entgelt in einem etwaigen Gewinn beim Verkauf dieser Aktien liegt. Demgegenüber fallen nur Zahlungen, die die Gegenleistung für einen Umsatz oder eine wirtschaftliche Tätigkeit darstellen, in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer, was aber auf Zahlungen nicht zutrifft, die auf dem bloßen Eigentum an einem Gegenstand beruhen, wie dies bei Dividenden oder anderen Erträgen von Aktien der Fall ist.

Anders ist es dann, wenn die finanzielle Beteiligung an einem anderen Unternehmen mit unmittelbaren oder mittelbaren Eingriffen in die Verwaltung der Gesellschaft einhergeht, an der die Beteiligung besteht. Dies gilt, soweit diese Eingriffe zu entgeltlichen Leistungen führen, die gem. Art. 2 der Richtlinie 77/388/EWG der Mehrwertsteuer unterliegen oder wenn sich auf Aktien oder Anteile an einer Gesellschaft beziehende Umsätze in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer fallen, da sie im Rahmen des gewerbsmäßigen Wertpapierhandels oder zum Zweck des unmittelbaren oder mittelbaren Eingreifens in die Verwaltung der Gesellschaften erfolgen, an denen die Beteiligung besteht, oder wenn sie eine unmittelbare, dauerhafte und notwendige Erweiterung einer steuerbaren Tätigkeit darstellen.

Danach beschränkte sich die wirtschaftliche Tätigkeit der Holding im vorliegenden Fall auf die Erbringung entgeltlicher "Beratungsleistungen" an zwei Tochtergesellschaften. Bei der somit erforderlichen Vorsteueraufteilung für Leistungsbezüge, die einer wirtschaftlichen und einer nichtwirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmers dienen, war hier § 15 Abs. 4 UStG analog anzuwenden. Im Rahmen der danach maßgeblichen wirtschaftlichen Zurechnung aufgrund sachgerechter Schätzung stand der Holding somit kein weiter gehender Anspruch auf Vorsteuerabzug als vom Finanzamt anerkannt zu.

Zwar kam hier unter Berücksichtigung von Haupt- und Nebentätigkeit der AG allenfalls ein hälftiger - statt 75% - Vorsteuerabzug aus den Gemeinkosten in Betracht. Im Hinblick auf das Verböserungsverbot und die Bindung an die Anträge konnte jedoch offen bleiben, in welcher Höhe im Streitfall ein anteiliger Vorsteuerabzug das Verhältnis zwischen wirtschaftlicher und nichtwirtschaftlicher Tätigkeit objektiv widerspiegelte.

Hintergrund:
Der Anspruch auf Vorsteuerabzug bei Holdinggesellschaften war seit Jahren im Streit. Im Ausgangspunkt ist das Halten von Beteiligungen keine wirtschaftliche Tätigkeit und unterliegt deshalb nicht der Umsatzsteuer. Folglich stellte sich die Frage, in welchem Umfang die Vorsteuer aus den Gemeinkosten auf diese nicht wirtschaftliche Tätigkeit entfällt und deshalb (teilweise) nicht abzugsfähig ist. Holdinggesellschaften, die neben dem Halten von Beteiligungen auch entgeltliche Dienstleistungen erbringen, gingen gleichwohl davon aus, zum uneingeschränkten Vorsteuerabzug berechtigt zu sein.

Linkhinweis:

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BFH PM Nr. 14 vom 7.3.2012
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