20.11.2014

Zum Vorsteuerabzug bei Kaufverträgen im Rahmen eines betrügerischen Schneeballsystems

Für einen unberechtigten Steuerausweis i.S.d. § 14c Abs. 2 S. 2 Alt. 2 UStG muss hinzukommen, dass der Unternehmer nicht willens und in der Lage ist, die in der ausgestellten Rechnung (Anzahlungs- oder Vorausrechnung) beschriebene Leistung zu erbringen, er aber mit der Rechnung gleichwohl den Schein einer (erbrachten oder nach Rechnung zu erbringenden) Lieferung oder sonstigen Leistung erwecken will, d.h. dass der Unternehmer von vornherein nicht beabsichtigt hat, die Leistung zu erbringen.

FG Münster 16.10.2014, 5 K 3875/12 U
Der Sachverhalt:
Streitig war der Vorsteuerabzug aus dem Kauf von Blockheizkraftwerken infolge eines betrügerischen Schneeballsystems im Rahmen dessen die Kaufpreise vollständig bezahlt wurden, Lieferungen aber ausblieben. Das betrügerische Unternehmen hatte von mehr als 1.400 Käufern mehr als 62 Mio. € eingenommen. Die Entwicklung und der Betrieb von Blockheizkraftwerken waren von den Verantwortlichen nie beabsichtigt gewesen. Sie wurden letztlich zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt.

Auch der Kläger hatte im Streitjahr 2010 drei Kaufverträge über Blockheizkraftwerke abgeschlossen. Aus den Rechnungen war erkennbar, dass die Rechnungsbeträge vor Lieferausführung angefordert worden waren.Die vom Kläger später erklärten Umsätze bestanden aus Pachtabrechnungen und Eigenprovisionen des Klägers für die Vermittlung des 2. und 3. Blockheizkraftwerks. Nach einer Umsatzsteuersonderprüfung für die Zeiträume 6/2010-12/2010 änderte das Finanzamt die Umsatzsteuer - Voranmeldungsbescheide des Klägers, indem die Vorsteuern aus den Vorausrechnungen des betrügerischen Geschäftspartners nicht mehr anerkannt wurden. Geringe Vorsteuern anderer Unternehmer und die vom Kläger selbst erklärten Umsätze ließ die Steuerbehörde indes unberührt.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Allerdings wurde die Revision zum BFH zugelassen.

Die Gründe:
Das Finanzamt hatte den vom Kläger aus den Vorausrechnungen des betrügerischen Geschäftspartners geltend gemachten Vorsteuerabzug  zu Recht versagt, weil die dort ausgewiesene Steuer keine "gesetzlich geschuldete Steuer" i.S.d. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 1 UStG darstellte. Es handelte sich vielmehr um einen unberechtigten Steuerausweis i.S.d. § 14c Abs. 2 S. 2 UStG.

Bei richtlinienkonformer Auslegung darf als Vorsteuer nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG nur eine für den berechneten Umsatz vom Leistenden geschuldete Steuer abgezogen werden. Demnach erstreckt sich das Recht auf Vorsteuerabzug nicht auf eine Steuer, die ausschließlich deshalb geschuldet wird, weil sie in einer Rechnung ausgewiesen ist. Dies betrifft insbesondere i.S.v. § 14c Abs. 1 u. 2 UStG ausgewiesene Steuern. Gem. § 14c Abs. 2 S. 2 Alt. 2 UStG ist eine Steuer unberechtigt ausgewiesen, wenn jemand wie ein leistender Unternehmer abrechnet und einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt. Eine Abrechnung ohne Leistung i.S.d. § 14c Abs. 2 S. 2 Alt. 2 UStG liegt hierbei nach Sinn und Zweck der Regelung - der Verhinderung von Missbräuchen - noch nicht vor, wenn der liefernde Unternehmer die Rechnung begibt, bevor er die Leistung ausführt (Anzahlungs- und Vorausrechnungen).

Der Fall einer Zahlung vor Ausführung der Umsätze ist in § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Satz 3 UStG ausdrücklich vorgesehen. Für einen unberechtigten Steuerausweis i.S.d. § 14c Abs. 2 S. 2 Alt. 2 UStG muss deshalb hinzukommen, dass der Unternehmer nicht willens und in der Lage ist, die in der ausgestellten Rechnung (Anzahlungs- oder Vorausrechnung) beschriebene Leistung zu erbringen, er aber mit der Rechnung gleichwohl den Schein einer (erbrachten oder nach Rechnung zu erbringenden) Lieferung oder sonstigen Leistung erwecken will, d.h. dass der Unternehmer von vornherein nicht beabsichtigt hat, die Leistung zu erbringen.

Im vorliegenden Fall war klar, dass die betrügerische Gesellschaft bereits zum Zeitpunkt der Rechnungsstellung und der Vorauszahlung des Kaufpreises tatsächlich keine Blockheizkraftwerke an den Kläger zu liefern beabsichtigte. Die Blockheizkraftwerke sollten nur auf dem Papier, nie aber tatsächlich existieren. Da der Vorsteuerabzug damit bereits zu versagen war, konnte dahinstehen, ob eine Rechnung i.S.d. § 14 UStG mit allen gem. § 14 Abs. 4 UStG erforderlichen Rechnungsangaben vorlag und ob dem Kläger nach den Verträgen die Verfügungsmacht an den von ihm gekauften Blockheizkraftwerken i.S.d. § 3 Abs. 1 UStG überhaupt verschafft werden sollte.

Allerdings war zur Fortbildung des Rechts und im Hinblick auf die über das Bundesgebiet verstreut anhängigen Verfahren der Geschädigten zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Revision zuzulassen.

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