21.08.2012

Zur Änderung eines Gewinnfeststellungsbescheides nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO

Verändert sich ein Auflösungsverlust nach § 17 EStG nachträglich, sind die steuerlichen Folgen stichtagsbezogen im Jahr der Auflösung zu berücksichtigen und Bescheide nach § 175 AO zu ändern. Soweit der Steuerpflichtige mit den Gläubigern eine neue Zahlungsvereinbarung trifft, die zu einem längeren Zahlungslauf der von ihm übernommenen Zahlungsverpflichtungen führt, tritt hierdurch allerdings keine Änderung des Auflösungsverlustes der Höhe nach ein.

FG Köln 18.1.2012, 3 K 594/09
Der Sachverhalt:
Der Kläger war zu 50 Prozent Gesellschafter sowie Geschäftsführer einer GmbH. Mit Verträgen aus dem Jahr 1995 und 1997 ging der Kläger Bürgschaftsverpflichtungen für diese GmbH ein. Nachdem der Kläger im Jahr 1998 von den Gläubigern aus der Bürgschaftsverpflichtung in Anspruch genommen worden war, wurde im November 1998 ein Schuldanerkenntnis i.H.v. 800.000 DM zugunsten der Gläubigerin beurkundet. Im März 1999 wurde die Auflösung der GmbH dem Handelsregister angezeigt.

Im September 2000 schloss der Kläger mit der Gläubigerin einen Erlassvertrag. Darin wurde vereinbart, dass der Kläger an der Gläubigerin 200.000 (102.258 €) zu zahlen habe. Dieser Betrag sollte zinslos in gleichbleibenden Jahresraten von 20.000 DM beginnend mit dem 31.12.2001 fällig werden. Wie vom Kläger beantragt, berücksichtigte das Finanzamt im ursprünglichen Verlustfeststellungsbescheid auf den 31.12.1999 den Verlust aus der Bürgschaftsverpflichtung abgezinst mit einem Betrag von 154.900 DM. Der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehende Einkommensteuerbescheid wurde vorläufig hinsichtlich der Höhe des Veräußerungsverlustes erlassen.

Der Kläger zahlte bis Ende 2003 60.000 DM an die Gläubigerin. Im Jahre 2005 und 2006 erfolgten keine Zahlungen. Aufgrund einer neuen Teilzahlungsvereinbarung von Januar 2007 zahlte der Kläger beginnend mit dem Jahr 2007 mtl. 700 € auf die ausstehende Forderung, sodass in den Jahren 2007 und 2008 jeweils 8.400 € gezahlt wurden. Das Finanzamt erließ daraufhin einen geänderten Verlustfeststellungsbescheid auf den 31.12.1999, in dem er eine neue Abzinsung der 140.000 DM nun mit einer Aufschubzeit von 7 Jahren (Ende 1999 bis Ende 2006) und einer Laufzeit von 8 Jahren und 6 Monaten berechnete. Soweit erkennbar leistete der Kläger bis heute die vereinbarten Raten.

Das FG gab der gegen den Änderungsbescheid gerichteten Klage statt. Die Revision des Finanzamts wird beim BFH unter dem Az. IX B 53/12 geführt.

Die Gründe:
Die Änderung des Verlustfeststellungs-Bescheides vom 12.6.2007 war rechtswidrig, da dem Beklagten keine Änderungsnorm zur Verfügung stand. Eine Änderung nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO kommt nicht in Betracht.

Verändert sich ein Auflösungsverlust nach § 17 EStG nachträglich, sind die steuerlichen Folgen stichtagsbezogen im Jahr der Auflösung zu berücksichtigen und Bescheide nach § 175 AO zu ändern. Vorliegend hat sich aber der Veräußerungsverlust nicht nachträglich geändert. Soweit der Kläger mit der Gläubigerin eine neue Zahlungsvereinbarung getroffen hat, die zu einem längeren Zahlungslauf der von ihm übernommenen Zahlungsverpflichtungen führt, ist hierdurch keine Änderung des Auflösungsverlustes der Höhe nach eingetreten.

Die Gewinnermittlung nach § 17 EStG hat stichtagsbezogen zu erfolgen. Der Gewinnermittlung sind deshalb im Regelfall auch künftige Einnahmen und Ausgaben in Gestalt von Forderungen und Verbindlichkeiten zugrunde zu legen, soweit sie den Veräußerungsgewinn beeinflussen. Der Veräußerungspreis wird bei der Gewinnermittlung nach § 17 EStG auch dann mit dem vereinbarten Betrag im Jahr der Veräußerung erfasst, wenn er gestundet oder in Raten zu entrichten ist. Grundsätzlich ist deshalb auch die Verpflichtung des Gesellschafters aus einer Bürgschaft bei der Ermittlung des Auflösungsverlustes - unabhängig vom Zeitpunkt der Zahlung des Bürgen - bereits dann zu berücksichtigen, wenn der Gläubiger seinen Anspruch aus der Bürgschaft geltend gemacht hat oder wenn mit einer Inanspruchnahme des Bürgen ernstlich zu rechnen ist.

Vorliegend stand bereits im Jahr 2001 fest, dass der Kläger für eine Bürgschaftssumme i.H.v. 200.000 DM in Anspruch genommen würde. Der Kläger hat auf diese Bürgschaft auch gezahlt. Die Bürgschaftsverpflichtung ist, seinem Antrag folgend im Verlustfeststellungsbescheid für das Jahr 1999 abgezinst i.H.v. 181.037 DM berücksichtigt worden. Der Bescheid ist mit diesem Betrag bestandskräftig geworden. Eine weitere Abzinsung kommt nicht in Betracht, da es sich um Auflösungsverluste handelt, die im Ergebnis nachträgliche Anschaffungskosten auf die Beteiligung darstellen. Dabei ist der Nennbetrag der Forderung auch dann als Anschaffungskosten anzusetzen, wenn die Forderung unverzinslich gestundet ist.

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