13.12.2012

Zur Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen

Bei der einheitlichen und gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen können die Einkünfte, die dem Halbeinkünfteverfahren oder Teileinkünfteverfahren unterliegen, in voller Höhe ("brutto") festgestellt werden. Voraussetzung ist allerdings, dass aus den weiteren Feststellungen des Bescheids für einen verständigen Empfänger zweifelsfrei erkennbar ist, dass zur Ermittlung der steuerpflichtigen Einkünfte unter Anwendung der §§ 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG ein zusätzlicher Rechenschritt notwendig ist.

BFH 18.7.2012, X R 28/10
Der Sachverhalt:
Der Kläger hatte für die Streitjahre 2004 und 2005 u.a. Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus seiner Beteiligung an der S-KG erklärt. Infolgedessen wurde er zunächst erklärungsgemäß veranlagt. Bei einer bei der KG durchgeführten Außenprüfung wurde festgestellt, dass die KG Geschäftsanteile an der S-GmbH erworben und die Finanzierungskosten zu 100 % als Betriebsausgaben geltend gemacht hatte. Das Betriebs-Finanzamt änderte daraufhin die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2004 und 2005 für die KG und deren Beteiligte.

Die Feststellungsbescheide enthielten - vor der Angabe der Einkünfte aus Gewerbebetrieb und deren Aufteilung auf die Gesellschafter - jeweils den Hinweis "Die Besteuerungsgrundlagen für ... werden für die an der vorbenannten Gesellschaft/Gemeinschaft Beteiligten wie folgt festgestellt:". Entsprechend fand sich am Ende der Feststellungsbescheide 2004 und 2005 - vor dem Erläuterungsteil und der Rechtsbehelfsbelehrung-- jeweils der weitere Hinweis "Die festgestellten Besteuerungsgrundlagen werden den Veranlagungen der Beteiligten zur Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer zugrunde gelegt".

Der Kläger war der Ansicht, die im Feststellungsbescheid festgestellten Einkünfte aus Gewerbebetrieb seien bindend und somit ohne Änderung in die Einkommensteuerbescheide zu übernehmen. Außerdem werde in den Feststellungsbescheiden der Begriff "Einkünfte aus Gewerbebetrieb" verwendet, ohne dass erkennbar werde, dass bestimmte nicht abziehbare Beträge noch nicht hinzugerechnet worden seien.

Die Klage blieb in allen Instanzen erfolglos.

Die Gründe:
Die Voraussetzungen des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO zur Änderung der Einkommensteuerfestsetzung 2004 und 2005 waren dem Grunde und der Höhe nach gegeben.

Zutreffend hatte das FG ausgeführt, dass von den "getroffenen Feststellungen" i.S.d. § 182 Abs. 1 S. 1 AO in den Feststellungsbescheiden 2004 und 2005 neben dem ("Brutto"-)Betrag der Einkünfte aus Gewerbebetrieb u.a. auch die in diesen Einkünften "enthaltene(n) laufende(n) Einkünfte, die unter §§ 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG, § 4 Abs. 7 UmwStG fallen (100 %)", umfasst waren. Für die Auffassung der Kläger, es sei nicht erkennbar gewesen, dass in den Einkünften aus Gewerbebetrieb bestimmte nicht abziehbare Beträge noch nicht hinzugerechnet worden seien, bot die Fassung der Feststellungsbescheide keinen Anhaltspunkt.

Die in den Einkünften aus Gewerbebetrieb "enthaltene(n) laufende(n) Einkünfte mussten aus Sicht eines verständigen Empfängers unter Berücksichtigung von Treu und Glauben als Teil der bindenden Feststellungen aufgefasst werden. Dies ergab sich aus dem insoweit eindeutigen Wortlaut der Bescheide. So wurde der Zahlenblock, der sowohl die "Einkünfte aus Gewerbebetrieb" als auch die unter das Halbeinkünfteverfahren fallenden Beträge enthielt, mit der Formulierung eingeleitet: "Die Besteuerungsgrundlagen ... werden für die an der vorbenannten Gesellschaft/Gemeinschaft Beteiligten wie folgt festgestellt." Am Ende der Bescheide - vor den Erläuterungen und der Rechtsbehelfsbelehrung - fand sich der Hinweis, dass "die festgestellten Besteuerungsgrundlagen" den Veranlagungen der Beteiligten zugrunde gelegt werden.

Ob die in den Einkünften aus Gewerbebetrieb "enthaltene(n) laufende(n) Einkünfte vom Betriebs-Finanzamt im Rahmen der Feststellungsbescheide bindend festgestellt werden durften, war unerheblich, da auch ein unter Verletzung der in der Abgrenzung von Grundlagen- und Folgebescheid liegenden Kompetenzverteilung ergangener Feststellungsbescheid nicht nichtig, sondern wirksam und damit bindend ist. Im Übrigen bestünden gegen die vom Betriebs-Finanzamt gewählte Feststellungsmethode, bei der die in den Einkünften aus Gewerbebetrieb enthaltenen laufenden Einkünfte, die unter §§ 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG, § 4 Abs. 7 UmwStG fallen, ungeachtet der teilweisen Steuerbefreiung in Höhe von 100 % des maßgebenden Betrages in den Feststellungsbescheiden aufgeführt werden, keine rechtlichen Bedenken.

Die Einkünfte, die unter §§ 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG bzw. § 8b KStG fallen, können auch "brutto" als "andere Besteuerungsgrundlage" i.S.d. § 180 Abs. 1 Nr. 2a AO bindend festgestellt werden, wenn dies - wie hier - für den Adressaten des Feststellungsbescheids klar erkennbar ist. Der nach § 180 Abs. 1 Nr. 2a AO erforderliche Zusammenhang anderer Besteuerungsgrundlagen mit den dort genannten Einkünften ist jedenfalls dann gegeben, wenn Besteuerungsgrundlagen betroffen sind, die durch die Gesellschaft verwirklicht werden.

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